Die Niedriglohngrenze lag im April 2023 für Deutschland bei 13,04 Euro brutto pro Stunde. Die Verdiensterhebung 2023 erlaubt repräsentative Aussagen zu den insgesamt gut 37,2 Millionen Beschäftigten im Alter von 15 bis 64 Jahren (ohne Auszubildende). Von diesen erhielten 5,6 Millionen Beschäftigte einen Bruttostundenverdienst unterhalb der Niedriglohngrenze. Das entspricht 15 %. Bei den Normalbeschäftigten lag der Anteil bei rund 6 % und bei den sogenannten atypisch Beschäftigten sogar bei 34 %.
Info 1 Was sind Niedriglöhne?
Der Begriff "Niedriglohn" wird unterschiedlich verwendet. Das Statistische Bundesamt berechnet die Niedriglohngrenze nach einem Ansatz, den unter anderem die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) anwenden.
Dieser Ansatz grenzt den Niedriglohnbereich hinsichtlich der Verteilung der Verdienste aller betrachteten Beschäftigten ab. Dazu berechnet das Statistische Bundesamt zunächst den Medianverdienst. Dieser teilt die betrachteten Verdienste in genau zwei Hälften, das heißt, die eine Hälfte der Beschäftigten verdient weniger und die andere Hälfte mehr als diesen Wert. Nach der Definition wird von Niedriglohn gesprochen, wenn der Verdienst eines Beschäftigten kleiner als zwei Drittel des Medianverdienstes ist.
Die Daten zu Niedriglöhnen basieren auf der Verdiensterhebung, die monatlich Betriebe zu Verdiensten, Arbeitsstunden und lohndeterminierenden Merkmalen der Beschäftigten befragt. Aussagen zu Erwerbseinkommen von Selbstständigen sowie zu privaten Haushalten mit Hauspersonal können mithilfe dieser Erhebung nicht getroffen werden. Aktuell stehen die Ergebnisse der Verdiensterhebung 2023 für Analysen zum Niedriglohnsektor zur Verfügung.
Im Jahr 2023 betrug der Schwellenwert für den Niedriglohn 13,04 Euro pro Stunde und bezog sich auf den Bruttostundenverdienst. Der Bruttostundenverdienst eignet sich am besten, da er unabhängig von Arbeitszeiten und Sozialabgaben ist.
Zu den atypisch Beschäftigten gehören Teilzeitbeschäftigte mit 20 Stunden oder weniger, geringfügig Beschäftigte, befristet Beschäftigte sowie Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter (siehe Interner Link: Kapitel 4.1, Info 4). Die Anteile der Niedrigentlohnten unterscheiden sich je nach Beschäftigungsform deutlich: So arbeiteten mehr als die Hälfte der geringfügig Beschäftigten (59 %) für einen Bruttostundenverdienst unterhalb der Niedriglohngrenze. Für Teilzeitbeschäftigte mit maximal 20 Arbeitsstunden pro Woche (43 %), für befristet Beschäftigte (26 %) und für Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter (10 %) waren die Anteile zwar geringer, aber immer noch deutlich über dem Niveau von Normalarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern. Als Normalarbeitsverhältnisse gelten unbefristete, voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen mit über 20 Wochenstunden, die nicht in Zeitarbeit ausgeübt werden.
Nach Geschlecht unterscheiden sich die Anteile deutlich: Während bei den Männern 12 % betroffen waren, erhielten 19 % der Frauen einen Bruttostundenverdienst unter der Niedriglohnschwelle. Lediglich bei den Teilzeitbeschäftigten lag der Anteil der Männer mit 49 % höher als der der Frauen mit 40 %.
Insbesondere in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Niedriglöhne bezogen werden. Rund 39 % der Beschäftigten in dieser Altersgruppe erzielten einen Bruttostundenverdienst unterhalb der Niedriglohngrenze. Dies sind mehr als doppelt so viele wie in jeder anderen Altersgruppe. Bei den atypisch in Teilzeit beschäftigten 15- bis 24-Jährigen lag der Anteil der Personen unter der Niedriglohngrenze bei 65 %, bei den geringfügig Beschäftigten dieser Altersgruppe sogar bei 71 %. Letztere dürften überwiegend Schülerinnen und Schüler oder Studierende sein.
Auch die berufliche Qualifikation ist ein bedeutender Faktor, der die Verdiensthöhe beeinflusst. Je höher die persönliche berufliche Qualifikation, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit eines Niedriglohns. Insgesamt bezogen rund 37 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne einen beruflichen Bildungsabschluss einen Niedriglohn. Bei Beschäftigten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung waren es 13 % und bei Beschäftigten mit Hochschulabschluss 5 %.
In den einzelnen Wirtschaftsabschnitten sind Niedriglöhne unterschiedlich stark verbreitet. Beschäftigte des Gastgewerbes und der Land- und Forstwirtschaft bekommen häufiger als in allen anderen Wirtschaftsabschnitten Bruttostundenverdienste unterhalb der Niedriglohngrenze. So bezogen in diesen Branchen rund 50 beziehungsweise 41 % aller Beschäftigten einen Niedriglohn. Im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung war der Anteil mit 35 % ebenfalls überdurchschnittlich hoch. In der öffentlichen Verwaltung (3 %), in der Finanz- und Versicherungsbranche sowie im Bereich von Wasser, Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzung (beide 6 %) waren die Anteile hingegen am niedrigsten.
Der Anteil der Jobs im Niedriglohnbereich ist seit Jahren rückläufig. Im April 2018 lag er noch bei 20 %, sank 2022 auf 18 % und 2023 auf 15 %. Eine Erklärung für diese Entwicklung ist die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns.