Der Gender Pay Gap, der Verdienstabstand pro Stunde zwischen Frauen und Männern, gilt als der zentrale Indikator für Verdienstungleichheit. Beim unbereinigten Gender Pay Gap werden die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste von Frauen und Männern ohne jegliche Anpassung miteinander verglichen. Hier spielt es demnach keine Rolle, dass Frauen häufiger in schlechter bezahlten Berufen und häufiger in Teilzeit arbeiten oder seltener Führungskraft sind als Männer. Strukturen wie diese können aber daraus resultieren, dass Frauen und Männer unterschiedliche Zugangschancen auf Jobs und nicht die gleichen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten haben.
Beim bereinigten Gender Pay Gap wird jener Teil des Verdienstunterschieds herausgerechnet, der auf unterschiedliche Ausstattungsmerkmale zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist, wie Unterschiede im Hinblick auf Beruf, Branche, Beschäftigungsumfang, Qualifikation oder Karrierelevel. Beim bereinigten Gender Pay Gap werden damit die Stundenverdienste von Frauen und Männern mit vergleichbaren Eigenschaften gegenübergestellt, um so den Teil der Lohnlücke zu schätzen, der auf Verdienstdiskriminierung durch den Arbeitgeber zurückgeführt werden könnte. Zu berücksichtigen ist hier, dass nicht über alle lohnrelevanten Einflussfaktoren Informationen zur Verfügung stehen. Beispielsweise fehlen Angaben zu Erwerbsunterbrechungen (zum Beispiel durch Elternzeit). Mit diesen Informationen würde der bereinigte Gender Pay Gap geringer ausgefallen. Daher gilt er eher als "Obergrenze" für eine mögliche Verdienstdiskriminierung. Seit 2022 kann sowohl der unbereinigte als auch der bereinigte Gender Pay Gap jährlich anhand der Verdiensterhebung berechnet und veröffentlicht werden.
Im Jahr 2023 lag der unbereinigte Gender Pay Gap bei 18 %. Das heißt, Frauen verdienten pro Stunde 18 % weniger als Männer. Ausgehend vom unbereinigten Gender Pay Gap lassen sich rund 64 % der Verdienstlücke durch die für die Analyse zur Verfügung stehenden Merkmale erklären. Demnach ist ein Großteil der Verdienstlücke darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. Außerdem sind sie häufiger in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt als Männer, was ebenfalls mit geringeren durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten einhergeht.
Die verbliebenen 36 % des Verdienstunterschieds können nicht durch die im Schätzmodell verfügbaren Merkmale erklärt werden. Dieser unerklärte Teil entspricht dem bereinigten Gender Pay Gap von 6 %. Demnach verdienten Arbeitnehmerinnen im Durchschnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie im Berichtsjahr 2023 pro Stunde 6 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfallen würden, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analyse zur Verfügung stünden.
Verdienstungleichheit begrenzt sich jedoch nicht nur auf Bruttostundenverdienste. Eine weitere wesentliche Ursache für die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern ist die hohe Teilzeitquote von Frauen. Während Männer 2023 im Monat 148 Stunden einer bezahlten Arbeit nachgingen, waren es bei Frauen nur 121 Stunden. Damit brachten Frauen 18 % weniger Zeit für bezahlte Arbeit auf als Männer (Gender Hours Gap). Dies führte dazu, dass Frauen im Monat 32 % weniger als Männer verdienten.
Darüber hinaus nehmen Frauen auch seltener am Erwerbsleben teil als Männer. Zahlen zur Erwerbstätigkeit aus dem Mikrozensus 2022 zeigen, dass 73 % aller Frauen einer bezahlten Arbeit nachgingen. Bei den Männern waren es rund 81 %. Damit lag der Gender Employment Gap im Jahr 2022 bei 9 %.
Diese drei Gaps (Gender Pay Gap, Gender Hours Gap und Gender Employment Gap) fließen in den Gender Gap Arbeitsmarkt (unter Externer Link: www.destatis.de > Themen > Arbeit > Verdienste > Gender Pay Gap > Gender Gap Arbeitsmarkt, GGA) ein. Dieser lag im Jahr 2023 bei 39 %. Der Gender Gap Arbeitsmarkt erweitert die Perspektive auf das Thema Verdienstungleichheit zwischen Frauen und Männern, indem er verschiedene Ursachen von Verdienstungleichheit in den Fokus nimmt. Besonders im Zeitverlauf oder im Vergleich zwischen Regionen (zum Beispiel EU-Staaten) lässt der Gender Gap Arbeitsmarkt interessante Einblicke in die verschiedenen Ursachen und Entwicklungen von Verdienstungleichheit zu.
Im langfristigen Vergleich (2014 bis 2023) sank der Gender Gap Arbeitsmarkt in Deutschland um 6 Prozentpunkte. Im Berichtsjahr 2014 lag der Gender Gap Arbeitsmarkt noch bei 45 %. Wie auch 2023 waren die Hauptursachen die geringeren Stundenverdienste (Gender Pay Gap 2014: 22 %) und Arbeitszeiten von Frauen (Gender Hours Gap 2014: 21 %). In den vergangenen neun Jahren näherten sich die Verdienst- und Beschäftigungssituationen von Frauen und Männern einander an.
Vor allem war dies darauf zurückzuführen, dass die Bruttostundenverdienste der Frauen stärker stiegen als die der Männer, was zu einem Rückgang des Gender Pay Gap um 4 Prozentpunkte (von 22 auf 18 %) führte. Zusätzlich verringerte sich der Gender Hours Gap um 3 Prozentpunkte, von 21 auf 18 %. Das lag vor allem an einem Rückgang der Arbeitsstunden bei den Männern. Sie sanken von 154 im Jahr 2014 auf 148 im Jahr 2023. Bei den Frauen blieben die bezahlten Stunden mit 121 nahezu konstant (2014: 122 Stunden).
Die Erwerbsbeteiligung von Frauen stieg dagegen stärker als die der Männer. Im Jahr 2014 waren etwa 69 % aller Frauen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren erwerbstätig, neun Jahre später waren es 73 %. Bei den Männern stieg die Erwerbstätigenquote nur um knapp 3 Prozentpunkte. Der Gender Employment Gap sank damit von 11 auf 9 %.