Längere Ausbildungszeiten und das frühere Ausscheiden aus dem Erwerbsleben führten noch Anfang der 1990er-Jahre zu sinkenden Erwerbsquoten. Dieser Trend hatte sich bereits gegen Ende des vorigen Jahrhunderts umgekehrt und die Erwerbsquote erreichte 2019 ihren Höchststand von 70,4 %. In den Folgejahren sank sie auf ein etwas niedrigeres Niveau und lag 2023 bei 70,1 %. Die Erwerbsquote umfasst den Anteil der Erwerbspersonen, also der Erwerbstätigen und Erwerbslosen, an der Bevölkerung zwischen 15 und 74 Jahren. Der langfristige Anstieg der vergangenen 20 Jahre resultierte vorwiegend aus einer gestiegenen Erwerbsquote der Frauen, die seit 1993 um knapp 13 Prozentpunkte angewachsen ist, auch wenn sie 2023 mit 65,7 % geringfügig unter dem Höchstwert von 2019 (66 %) lag. Trotzdem lag die Erwerbsquote der Frauen zwischen 15 und 74 Jahren noch knapp 9 Prozentpunkte unter derjenigen der Männer. Letztere nahm nach einer Phase des Rückgangs seit 2005 wieder zu, erreichte 75,0 % im Jahr 2019 und stagniert seitdem mit 74,5 % ebenfalls auf einem leicht niedrigeren Niveau.
Ein immer späterer Übergang in den Ruhestand ist in den vergangenen 20 Jahren zu beobachten. Das Jahr 2003 verzeichnete einen deutlichen Rückgang der Erwerbsquoten ab dem Alter von 60 Jahren: Sie ging von 62,2 % bei den 59-Jährigen auf 7,5 % für 65-Jährige zurück und sank dann nur noch langsam mit zunehmendem Alter. Im Jahr 2023 setzte der deutliche Rückgang der Erwerbsquoten erst nach dem Alter von 62 Jahren (71,6 %) ein und erstreckte sich bis zum Alter von 66 Jahren (21,3 %). Abbildung 5 zeigt, dass für jedes einzelne Altersjahr die Erwerbsbeteiligung von 2023 über der von 2013 und diese über der von 2003 lag.
Ein Blick auf die Erwerbsbeteiligung von 5er-Altersgruppen zeigt in den vergangenen 20 Jahren eine deutliche Zunahme der Erwerbsquoten für die 55- bis 59-Jährigen um 15 Prozentpunkte auf 84,8 %, die der 60- bis 64-Jährigen um 41 Prozentpunkte auf 67,2 % sowie die der 65- bis 69-Jährigen um 15 Prozentpunkte auf 20,5 %. Dies spiegelt vermutlich die im Vergleich zu früheren Jahren reduzierten Möglichkeiten einer frühen Verrentung wider, aber auch das Nachrücken von Geburtskohorten, die sich aus unterschiedlichen Gründen grundsätzlich stärker am Erwerbsleben beteiligen. Selbst unter den 70- bis 74-Jährigen waren 9,2 % am Erwerbsleben beteiligt, was mehr als einer Verdreifachung der Quote seit 2003 entspricht. Sowohl Frauen als auch Männer dieser Altersgruppen tragen zu diesem Anstieg bei, wobei die Frauen ihre Erwerbsquoten besonders deutlich bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter steigerten. Die Erwerbsquote der 60- bis 64-jährigen Frauen stieg zwischen 2003 und 2022 um über 45 Prozentpunkte.
Vor dem Hintergrund der Diskussion um Fachkräfte aus dem Ausland lohnt es sich, einen Blick auf diejenigen zu werfen, die sich bereits in Deutschland befinden, inwieweit sie in den hiesigen Arbeitsmarkt integriert sind und welchen Anteil sie an den Erwerbspersonen ausmachen. Betrachtet werden dabei Personen mit Einwanderungsgeschichte. Eine Einwanderungsgeschichte haben Personen, die entweder selbst (Eingewanderte) oder deren beide Elternteile (Nachkommen) seit dem Jahr 1950 nach Deutschland eingewandert sind. Personen, bei denen aber nur eines der Elternteile nach Deutschland eingewandert ist, werden als Personen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte bezeichnet, aber nicht zur Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte gezählt (siehe Interner Link: Kapitel 1.2). Die Erwerbsquoten von Personen zwischen 15 und 74 Jahren unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Einwanderungsgeschichte nur geringfügig: In Deutschland geborene Personen ohne Einwanderungsgeschichte beteiligten sich 2023 in dieser Altersgruppe zu 70,7 % am Erwerbsleben. Bei Menschen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte lag der Wert mit 73,1 % sogar noch höher; bei Eingewanderten und ihren Nachkommen lag die Beteiligung mit 68,0 % etwas niedriger. Dabei können Personen der letztgenannten Gruppe weiter nach dem Herkunftsland differenziert werden. Kamen sie aus einem EU-, EFTA- oder angelsächsisch geprägten Land, lag ihre Erwerbsquote bei 74,3 %, wohingegen für Personen aus anderen Herkunftsländern die Erwerbsbeteiligung bei 64,5 % lag. Dabei entspricht die Erwerbsquote der Männer in dieser zuletzt betrachteten Gruppe (74,3 %) fast genau derjenigen aller Männer in Deutschland. Allerdings hatten Frauen mit einer Einwanderungsgeschichte aus den anderen Herkunftsländern eine deutlich niedrigere Erwerbsquote von 54,7 %. Für sie lag die Erwerbsbeteiligung zudem am deutlichsten unter der der vergleichbaren Gruppe der Männer (– 19,6 Prozentpunkte). Eine höhere Erwerbsquote wiesen Männer im Vergleich zu Frauen aber in allen hier nach Einwanderungsgeschichte unterschiedenen Gruppen auf. Die höchste Erwerbsbeteiligung wiesen Männer mit Einwanderungsgeschichte aus EU- und EFTA- sowie angelsächsisch geprägten Ländern mit 79,6 % auf.
Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen in Abhängigkeit von ihrer Einwanderungsgeschichte zeigen sich auch bei der Erwerbslosigkeit. Die höchste Erwerbslosenquote 2023 mit 6,5 % hatten Personen mit Einwanderungsgeschichte aus einem der Herkunftsländer, die nicht zur EU, EFTA- oder anderen angelsächsisch geprägten Ländern stammen. Männer und Frauen dieser Gruppe unterschieden sich trotz stark unterschiedlicher Erwerbsbeteiligung in ihren Erwerbslosenquoten aber nicht. Personen ohne Einwanderungsgeschichte hatten dagegen mit 2,2 % die niedrigste Erwerbslosenquote (Männer: 2,4 %, Frauen: 2,0 %).
Personen mit Einwanderungsgeschichte oder mit einem eingewanderten Elternteil machten 2023 mit 26,0 beziehungsweise 4,1 % einen bedeutenden Teil der Erwerbspersonen in Deutschland aus. Der Anteil der Frauen mit Einwanderungsgeschichte oder einem eingewanderten Elternteil an den weiblichen Erwerbspersonen war dabei nur etwas kleiner als der entsprechende Anteil Männer (28,3 gegenüber 31,5 %). Insgesamt gab es 13,3 Millionen Erwerbspersonen mit Einwanderungsgeschichte oder mit einem eingewanderten Elternteil. Wie aus Abbildung 6 ersichtlich, machen Menschen mit einer Form von Einwanderungsgeschichte in allen Altersgruppen unter 50 Jahren ein Drittel oder mehr der Erwerbsbevölkerung aus. Im Alter ab 50 Jahren sind die Anteile der Menschen mit Einwanderungsgeschichte an den Erwerbspersonen deutlich niedriger und liegen beispielsweise bei den 60- bis 64-Jährigen bei 17,0 %. Diese Unterschiede spiegeln zu großen Teilen den Anteil von Personen mit Einwanderungsgeschichte an der gesamten Bevölkerung wider.
Neben Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit spielt der Bildungsstand (siehe Interner Link: Kapitel 2.1, Info 2) eine wichtige Rolle bei der Erwerbsbeteiligung. Von den 25- bis 54-jährigen Personen ohne anerkannten beruflichen Abschluss waren 2023 knapp drei Viertel (73,7 %) auf dem Arbeitsmarkt aktiv. Personen mit mittlerem beruflichen Bildungsniveau (zum Beispiel einer abgeschlossenen Lehre) hatten eine Erwerbsquote von 91,6 %. Diejenigen mit einem hohen beruflichen Bildungsniveau (tertiäre Abschlüsse, zum Beispiel Meister-, Fachhochschul- oder Hochschulabschluss) beteiligten sich zu 92,6 % am Erwerbsleben. Immerhin gut jede/jeder fünfte Hochqualifizierte zwischen 65 und 74 Jahren war noch am Arbeitsmarkt aktiv, während es bei Personen mit mittlerer oder geringer Berufsqualifikation dieser Altersgruppe jeweils rund 13 % waren.
Personen im Alter von 25 bis 54 Jahren ohne anerkannten beruflichen Abschluss hatten 2023 mit 6,1 % eine merklich höhere Erwerbslosenquote als Hochqualifizierte dieser Altersgruppe, die bei 2,2 % lag.