Erwerbsarbeit spielt in Deutschland sowohl in gesellschaftlicher als auch in individueller Hinsicht eine zentrale Rolle. Unbestritten wird Arbeit als Hauptquelle zur Sicherung des Lebensunterhalts gesehen. Nicht minder wichtig ist die Bedeutung, die der ausgeübte Beruf und die berufliche Stellung für das persönliche Selbstverständnis und die gesellschaftliche Position haben. Für viele ist Arbeit ein wichtiger Teil der persönlichen Selbstentfaltung. Indem immer mehr Frauen erwerbstätig sind und die Erwerbsbeteiligung älterer Menschen steigt, ist Erwerbsarbeit für einen noch größeren Teil der Bevölkerung ein wesentlicher Teil des Alltags. Dagegen bringt Erwerbslosigkeit für die Betroffenen nicht nur Probleme bei der Finanzierung des Lebensunterhalts, insbesondere größerer Konsumausgaben mit sich. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist eingeschränkt, da die sozialen Kontakte über den Arbeitskontext entfallen, aber auch weil weniger finanzielle Mittel zur Teilnahme an gesellschaftlichen und kulturellen Aktivitäten zur Verfügung stehen.
Ebenso groß ist die Bedeutung der Erwerbsarbeit auf gesellschaftlicher Ebene. Über sie werden die Sozialversicherungssysteme und in großen Teilen die Steuereinnahmen finanziert. Das heißt, für die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt sind das Schaffen und Erhalten von Arbeitsplätzen wichtige Voraussetzungen. Dementsprechend groß ist auch die öffentliche und politische Diskussion um die Zukunft der Arbeitswelt.
Im Zuge des demografischen Wandels, mit dem in den nächsten zehn Jahren die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in den Ruhestand gehen und nicht ausreichend durch die nachrückenden jüngeren Jahrgänge ersetzt werden, wird ein Rückgang der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Erwerbspersonen erwartet. Der sich jetzt schon in einzelnen Branchen und Regionen abzeichnende Fachkräftemangel wird sich dadurch verschärfen. Diesem Mangel kann auf verschiedenen Ebenen entgegengewirkt werden, indem zum Beispiel nicht erwerbstätige Personen aktiviert werden, Teilzeitbeschäftigte ihre Arbeitsstunden erhöhen oder die Lebensarbeitszeit verlängert beziehungsweise das Renteneintrittsalter erhöht wird. Auch die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland soll Abhilfe schaffen. Eine entscheidende Stellschraube bei einer positiven "Netto-Zuwanderung" ist zudem, hiesige und zugewanderte Fachkräfte besser auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu halten.
Einer Ausweitung der Vollzeitbeschäftigung steht der Trend zur Teilzeitbeschäftigung seit Beginn der 1990er-Jahre gegenüber. Hier spielen veränderte persönliche Ansprüche der Menschen an ihre Arbeit und deren Vereinbarkeit mit dem Privatleben eine Rolle. Teilzeitbeschäftigung ist für Frauen hingegen oft die einzige Möglichkeit, die überproportional von ihnen wahrgenommenen familiären Verpflichtungen besser mit ihrer Erwerbstätigkeit zu vereinbaren. Das Betreuungsangebot von Kindertagesstätten ist oft noch nicht ausreichend, unter anderem auch weil es wegen des Fachkräftemangels in diesem Bereich an qualifiziertem Personal fehlt.
Die Digitalisierung einschließlich der sukzessiven Einführung künstlicher Intelligenz in Arbeitsprozesse wird Berufsfelder und Qualifikationsanforderungen weiter verändern. Welche Rolle dabei durch digitale Plattformen vermittelten Tätigkeiten zukommen wird, ist derzeit noch unklar. Der lange befürchtete Bedeutungsverlust des Normalarbeitsverhältnisses hat bisher nicht stattgefunden und in den vergangenen Jahren hat es sogar wieder mehr an Gewicht gewonnen. Die Reaktionen auf die Coronapandemie haben den technologischen Wandel unserer Arbeitsbeziehungen zweifelsfrei beschleunigt. Durch Homeoffice und Konferenzsoftware sind Formen der Zusammenarbeit über weite Entfernungen fest etabliert.
Der Arbeitsmarkt reagierte auf die Krisen der vergangenen Jahre – anders als noch bis Ende des letzten Jahrhunderts – nicht primär mit einem Abbau der Beschäftigung und nachhaltigen Aufbau der Erwerbslosigkeit. Vielmehr wurde der jeweils verringerte Arbeitskräftebedarf zu großen Teilen durch politische Maßnahmen wie Kurzarbeit, also weniger Arbeitsstunden je Erwerbstätigen, aufgefangen. Ob der Arbeitsmarkt bei einer andauernden wirtschaftlichen Schwächephase weiterhin derart "robust" reagiert, wird sich zeigen. Mit Beginn der 2020er-Jahre müssen jedoch auch längerfristig zwischenstaatliche Spannungen und Konflikte berücksichtigt werden, die eine Auswirkung auf internationale Handelsbeziehungen und auf den deutschen Arbeitsmarkt haben können.
In der lang anhaltenden Phase hoher Beschäftigungszahlen und niedriger Arbeitslosigkeit richtete sich die Aufmerksamkeit stärker auf qualitative Aspekte der Arbeit. Die Qualität der Arbeit wird mit Blick auf die Attraktivität von Arbeitsstellen für immer knappere Fachkräfte aus dem In- und Ausland auch künftig von Bedeutung bleiben.