Da sich immer mehr Personen beziehungsweise Paare an die Reproduktionsmedizin wenden, steigt die Zahl der jährlich durchgeführten Behandlungen und die Zahl der Geburten von mit medizinischer Unterstützung gezeugten Kindern seit Jahren an. Die in Abbildung 4 gezeigten Daten sind dem aktuellen Jahrbuch des deutschen IVF-Registers entnommen und bilden IVF- und ICSI-Behandlungen ab. Nicht erfasst werden in dem Register beispielsweise Inseminationen. Die Zahl der Geburten und damit der Anteil an allen Geburten wäre etwas höher, wenn Inseminationen einbezogen werden könnten.
Demografische Bedeutung der Nutzung medizinisch assistierter Reproduktion
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Sozialbericht: Kapitel 2.5.4
Der Beitrag, den die medizinisch assistierte Reproduktion zur Gesamtzahl der Geburten leistet, lässt sich im prozentualen Anteil der nach reproduktionsmedizinischer Behandlung erfolgten Geburten an allen Geburten ausdrücken. Dieser Anteil hat sich zwischen 2001 (1,7 %) und 2021 (3 %) annährend verdoppelt. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit im Mittelfeld. In Dänemark und Österreich lag der Anteil der Geburten nach reproduktionsmedizinischer Behandlung an allen Geburten im Jahr 2020 bei 5,7 beziehungsweise 6,3 %. Am unteren Ende des Spektrums finden sich Länder wie Irland und Polen mit einem deutlich geringeren Anteil von 0,9 beziehungsweise 1,6 %.
Die besonders hohen Geburtenzahlen im Jahr 2003 sowie der starke Rückgang 2004 sind auf eine Änderung in den Regelungen zur Kostenübernahme in der gesetzlichen Krankenversicherung zum Jahresbeginn 2004 zurückzuführen. Die Kostenübernahme wurde von maximal vier Behandlungen zu 100 % auf maximal drei Behandlungen zu 50 % reduziert. Kurzfristig hatten die Betroffenen stark auf die Ankündigung dieser Änderung reagiert, indem sie Behandlungen vorzogen und bereits 2003 durchführen ließen. Dadurch wurde der Rückgang im Jahr 2004 noch verstärkt. Es hat dann einige Jahre gedauert, bis das Niveau von vor der Änderung der Übernahme der Kosten wieder erreicht wurde. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Kostenübernahmeregelungen ein wichtiger Faktor für das Verständnis der differierenden Nutzungszahlen im Ländervergleich sind.
Es kann also festgehalten werden, dass die medizinisch assistierte Reproduktion seit ihrer Einführung zunehmend an Bedeutung für die Geburtenentwicklung Deutschlands und vieler anderer Länder gewonnen hat. Die Forschung zeigt, dass gerade bei den späten Geburten ab Mitte 30 der Einfluss der medizinisch assistierten Reproduktion relevant ist. Ein Teil dieser aufgeschobenen Geburten wäre ohne die medizinische Unterstützung möglicherweise nicht zustande gekommen.
Vor dem Hintergrund des Geburtenrückgangs, den viele Länder nach wie vor erleben, sollte der Einfluss der medizinisch assistierten Reproduktion auf die Geburtenentwicklung insgesamt jedoch nicht überschätzt werden. Die Forschungslage spricht dafür, dass die medizinisch assistierte Reproduktion nur einen überschaubaren Beitrag zur Abschwächung des Geburtenrückgangs über alle Altersgruppen hinweg leisten kann. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Nutzung medizinischer Unterstützung für die Betroffenen mit Kosten nicht nur finanzieller Art verbunden ist. Die Behandlungen können sowohl körperlich als auch psychisch belastend sein. Weiterhin sind die Erfolgsaussichten begrenzt. Nach drei IVF-Behandlungen tritt bei etwa einem von drei Paaren keine Schwangerschaft ein, wie die Zahlen im aktuellen Jahrbuch des deutschen IVF-Registers zeigen. Für die Betroffenen selbst ist und bleibt die sich ständig weiterentwickelnde medizinisch assistierte Reproduktion dennoch eine wichtige Handlungsoption.
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