Durch die Coronapandemie ist die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik in drei aufeinanderfolgenden Jahren gesunken (2020 bis 2022). Nach den Ergebnissen der aktuellen Sterbetafel 2020/22 des Statistischen Bundesamts betrug die Lebenserwartung bei Geburt für Männer 78,3 Jahre und für Frauen 83,2 Jahre. Vor der Pandemie war die Lebenserwartung im Zeitraum 2017/19 bei den Männern rund vier Monate und bei den Frauen rund zwei Monate höher (78,6 Jahre beziehungsweise 83,4 Jahre).
Info 1Lebenserwartung
Die hier verwendete durchschnittliche Lebenserwartung gibt an, wie viele Jahre ein Mensch bei Geburt oder in einem bestimmten Alter (noch) leben würde, wenn die altersspezifischen Sterbewahrscheinlichkeiten des jeweils betrachteten Jahres für das gesamte weitere Leben gelten würden. Die Berechnung erfolgt über die Sterbetafel, die tabellarisch abbildet, wie sich ein Bestand an Neugeborenen (in der Regel auf 100.000 normiert) mit voranschreitendem Alter durch den Einfluss der Sterblichkeit sukzessive reduziert. Mit zunehmendem Alter steigt die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschen in der Regel an. Hierzu trägt zum einen bei, dass das Sterberisiko der bereits durchlebten Jahre entfällt. Zum anderen sanken – zumindest in den vergangenen Jahrzehnten – die Sterberaten im Zeitverlauf.
Die fernere Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren, die etwa für die Rentenbezugsdauer relevant ist, lag 2020/22 für Männer bei 17,6 und für Frauen bei 20,9 Jahren, wodurch sich eine erwartete durchschnittliche Lebensdauer von 82,6 beziehungsweise 85,9 Jahren ergibt.
Im historischen Rückblick der vergangenen 150 Jahre ist die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt insgesamt beträchtlich gestiegen. So betrug sie im Zeitraum 1871/81 in Deutschland (in den damaligen Grenzen) bei Geburt für Männer lediglich 35,6 Jahre und für Frauen 38,5 Jahre. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts spielten die Verringerung der Säuglings- und Kindersterblichkeit und die Zurückdrängung von Infektionskrankheiten eine entscheidende Rolle für den Anstieg der Lebenserwartung. Dies gelang durch verbesserte Lebensbedingungen, zum Beispiel in den Bereichen Hygiene, Wohnen, Arbeit und Ernährung, sowie medizinische Fortschritte. Ab den 1970er-Jahren waren es vor allem medizintechnische Errungenschaften, die zu einer verbesserten Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und gerade bei Menschen höheren Alters zu einer Reduktion der Sterberaten führten.
Heute üben Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung und körperliche Bewegung einen wesentlichen Einfluss auf Sterblichkeitsunterschiede aus. Weil diese Faktoren durch den sozioökonomischen Status, beispielsweise erfasst anhand der Bildung oder des Einkommens, beeinflusst werden, existieren zwischen sozialen Gruppen zum Teil große Unterschiede in der durchschnittlichen Lebenserwartung wie auch in der Gesundheit allgemein (siehe
Seit etwa 2010 hat sich der Anstieg der Lebenserwartung in Deutschland deutlich verlangsamt. Stieg sie zuvor über Jahrzehnte hinweg noch um etwa 0,3 Jahre pro Jahr bei Männern und 0,2 Jahre pro Jahr bei Frauen, waren es danach durchschnittlich circa 0,1 Jahre bei beiden Geschlechtern, bevor es im Zuge der Coronapandemie dann zu einem leichten Rückgang kam.