Die sozioökonomische Integration von Eingewanderten und ihren Nachkommen ist sowohl Voraussetzung für die Partizipation der Menschen mit Einwanderungsgeschichte als auch Gradmesser für die Nutzung des Potenzials der Eingewanderten etwa für den Arbeitsmarkt und die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme. In beiderlei Hinsicht wichtige, sich teilweise gegenseitig bedingende Faktoren sind die schulische und berufliche Qualifikation, die Arbeitsmarktintegration sowie die Quellen zur Sicherung des Lebensunterhalts und die Armutsgefährdung. Zu all diesen Punkten stellt dieses Kapitel ausgewählte Ergebnisse zum Integrationsgeschehen vor.
Schulische und berufliche Qualifikation
Menschen mit und ohne Einwanderungsgeschichte unterscheiden sich deutlich hinsichtlich ihrer schulischen und beruflichen Qualifikation. Dies hat Einfluss auf die Arbeitsmarktchancen und wirkt sich neben der Erwerbsbeteiligung etwa auch auf Berufswahl, Verdienstmöglichkeiten und Armutsgefährdung aus.
Menschen mit Einwanderungsgeschichte haben generell seltener berufliche Bildungsabschlüsse erworben, was sowohl auf akademische als auch auf nicht akademische Berufsabschlüsse zutrifft. Betrachtet man die Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren, so hatte im Jahr 2023 nur jede achte Person ohne Einwanderungsgeschichte (11,8 %) keinen berufsqualifizierenden Abschluss. Demgegenüber hatten 44,1 % der Eingewanderten und immerhin 27,1 % der Nachkommen Eingewanderter keinen Berufsabschluss. Menschen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte wiesen mit 16,3 % einen fast ebenso geringen Anteil von Personen ohne Abschluss auf wie diejenigen ohne Einwanderungsgeschichte.
Während es beim Anteil von Personen mit akademischem Abschluss einer Hochschule oder Universität nur recht geringe Unterschiede zwischen Eingewanderten (25,5 %), deren Nachkommen (21,8 %) und Menschen ohne Einwanderungsgeschichte (25,8 %) gab, so fallen größere Abweichungen beim jeweiligen Anteil nicht akademischer Abschlüsse auf: Nur etwa ein Drittel der Eingewanderten (30,4 %), gut die Hälfte der Nachkommen (51,1 %), aber 62,4 % der Menschen ohne Einwanderungsgeschichte hatten 2023 einen nicht akademischen Abschluss, das heißt etwa eine Berufsausbildung im dualen System oder einen Fachschulabschluss (Personen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte: 52,2 %).
Auch in Abhängigkeit von den Herkunftsländern der Eingewanderten und ihren Nachkommen zeigen sich deutliche Unterschiede. So haben mehr als die Hälfte der Menschen mit nord- oder südamerikanischer Einwanderungsgeschichte (54,3 %) einen akademischen Abschluss, 40,4 % aus dem Fernen Osten, aber jeweils nur ein Fünftel der Personen mit Wurzeln in Europa und dem Nahen und Mittleren Osten. Rund die Hälfte der Menschen mit Einwanderungsgeschichte aus Europa außerhalb der EU, Afrika und Asien haben keine Berufsqualifikation. Bei Zugewanderten aus der EU trifft dies nur auf 35,9 % zu.
Die Qualifikation der Eingewanderten fällt unterschiedlich aus, je nachdem in welchem Jahrzehnt sie zugewandert sind: Je später die Zuwanderung erfolgte, desto höher war der Anteil der Personen mit Abitur oder (Fach-)Hochschulreife. Hatte bei den vor 1980 Eingewanderten nur jeder und jede Vierte Abitur, so stieg der Anteil bis zum Zuzugsjahr 2010 auf rund die Hälfte an. Zugleich ist das Durchschnittsalter der vor 1980 Eingewanderten mit 57,1 Jahren deutlich höher als bei den 2020 bis 2023 nach Deutschland Zugezogenen (37,2 Jahre).
Arbeitsmarktbeteiligung
Die Beteiligung am Arbeitsmarkt ist ein wesentlicher Indikator für die Integration von Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Die Ausübung einer bezahlten Tätigkeit ermöglicht zum einen die wirtschaftliche und soziale Teilhabe der Eingewanderten und ihrer Nachkommen. Zum anderen geben Indikatoren zur Erwerbsbeteiligung wesentliche Hinweise zum Erfolg der Integration.
Die Erwerbsquote misst dabei den Anteil einer Bevölkerungsgruppe, die dem Arbeitsmarkt entweder als Erwerbstätige oder als Erwerbslose zur Verfügung steht. Zugrunde gelegt werden hier die Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO; siehe Interner Link: Kapitel 4.1, Info 1). Bezogen auf die 15- bis 64-Jährigen lag die Erwerbsquote sowohl der Eingewanderten (73,2 %) als auch ihrer Nachkommen (72,6 %) im Jahr 2023 etwa 10 Prozentpunkte unter der Erwerbsquote der Personen ohne Einwanderungsgeschichte (82,8 %). Die Differenz erklärt sich im Fall der Nachkommen teilweise durch die unterschiedliche Altersstruktur. Darüber hinaus ist der Unterschied in den Erwerbsquoten bei den Frauen (Eingewanderte: 64,1 %; ohne Einwanderungsgeschichte: 80,5 %) deutlich größer als bei den Männern (Eingewanderte: 82,1 %; ohne Einwanderungsgeschichte: 85,2 %).
Menschen mit Einwanderungsgeschichte stehen dem Arbeitsmarkt nicht nur in geringerem Maße zur Verfügung, sie sind zugleich häufiger erwerbslos beziehungsweise weniger häufig erwerbstätig als Menschen ohne Einwanderungsgeschichte. Die Erwerbslosenquote, also der Anteil der Erwerbslosen an den Erwerbspersonen einer Bevölkerungsgruppe, betrug bei Personen ohne Einwanderungsgeschichte im Jahr 2023 1,8 % und war damit weniger als halb so hoch als bei den Eingewanderten (4,0 %). Das Konzept der Erwerbslosigkeit der ILO darf nicht mit dem Konzept der registrierten Arbeitslosigkeit verwechselt werden, das von der Bundesagentur für Arbeit auf Grundlage der Regelungen des Sozialgesetzbuchs verwendet wird (siehe Interner Link: Kapitel 4.1, Info 1).
Die Erwerbstätigenquote, der Anteil der Erwerbstätigen an der jeweiligen Bevölkerungsgruppe, lag dagegen bei den Eingewanderten mit 69,2 % deutlich unter dem Wert der Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte, bei der 81 % einer bezahlten Tätigkeit nachgingen. Diese Unterschiede resultieren zum einen aus möglichen Benachteiligungen von Personen mit Einwanderungsgeschichte am Arbeitsmarkt und Zugangsbeschränkungen für bestimmte Personengruppen, sind zum anderen aber auch Ausdruck von Unterschieden hinsichtlich der Sprachkenntnisse und der Qualifikation.
Wichtig ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeitsmarktbeteiligung je nach Herkunftsregion bei Menschen mit Einwanderungsgeschichte sehr unterschiedlich ausfällt, was auch auf die unterschiedlichen Einwanderungsmotive zurückzuführen ist. So dient die Migration aus EU-Mitgliedstaaten häufiger der Arbeitsaufnahme, während die Migration aus Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Afrikas in stärkerem Maße Fluchtmigration ist, was auch mit rechtlichen Einschränkungen zur Beteiligung am Arbeitsmarkt einhergeht. Hinzu kommen weitere Faktoren: So leben Eingewanderte und ihre Nachkommen häufiger in größeren Haushalten und haben im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen einen höheren Zeitaufwand bei der Betreuung von Kindern.
Berufe Erwerbstätiger mit Einwanderungsgeschichte
Erwerbstätige mit und ohne Einwanderungsgeschichte weisen zunächst eine insgesamt recht ähnliche Verteilung nach ihrer Stellung im Beruf auf. So war der Anteil Selbstständiger im Jahr 2023 bei Erwerbstätigen mit Einwanderungsgeschichte mit 7,3 % nur wenig geringer als bei solchen ohne Einwanderungsgeschichte. Entsprechend zählten etwa sieben von zehn Personen in beiden Gruppen zu den Angestellten (mit Einwanderungsgeschichte: 70,8 %; ohne Einwanderungsgeschichte: 72,4 %), während der Anteil der Arbeiterinnen und Arbeiter bei den Erwerbstätigen mit Einwanderungsgeschichte mit 16,3 % knapp doppelt so hoch lag wie bei Erwerbstätigen ohne Einwanderungsgeschichte (8,9 %). Auch waren Erwerbstätige ohne Einwanderungsgeschichte mit einem Anteil von 6,3 % fast viermal so häufig als Beamtinnen und Beamte tätig wie Erwerbstätige mit Einwanderungsgeschichte (1,4 %).
Hinsichtlich der Berufswahl von Personen mit und ohne Einwanderungsgeschichte bestehen dagegen große Unterschiede: Erwerbstätige mit Einwanderungsgeschichte sind deutlich häufiger in gering qualifizierten Berufen tätig als Erwerbstätige ohne Einwanderungsgeschichte. Im Jahr 2023 arbeiteten 15,3 % der Erwerbstätigen mit Einwanderungsgeschichte als Hilfsarbeitskräfte, bei den Erwerbstätigen ohne Einwanderungsgeschichte lag der Anteil bei lediglich 4,5 %. Etwas geringere Differenzen finden sich bei den Bedienenden von Anlagen und Maschinen und Montageberufen, wo der Anteil bei den Personen mit Einwanderungsgeschichte mit 9,8 % doppelt so hoch war wie bei den Personen ohne Einwanderungsgeschichte. Das bedeutet, dass 2023 mehr als die Hälfte der Hilfsarbeitskräfte und immerhin 41 % der Bedienenden von Anlagen und Maschinen eine Einwanderungsgeschichte aufgewiesen haben. Unter den Führungskräften waren Erwerbstätige mit Einwanderungsgeschichte hingegen weniger stark vertreten (3,1 % gegenüber 4,7 % der Erwerbstätigen ohne Einwanderungsgeschichte). Gleiches gilt für akademische Berufe (17,9 % gegenüber 24,7 %) sowie für Techniker und gleichrangige nicht technische Berufe (mit Einwanderungsgeschichte: 15,2 %; ohne Einwanderungsgeschichte: 21,6 %).
Bemerkenswert sind darüber hinaus die Unterschiede in der Berufswahl zwischen Eingewanderten und deren – im Mittel deutlich jüngeren – Nachkommen. Im Vergleich waren die Nachkommen deutlich häufiger in höher qualifizierten Berufen sowie als Führungskräfte tätig und übten im Gegenzug seltener Tätigkeiten als Hilfsarbeitskräfte oder als Bedienende von Anlagen und Maschinen sowie Montageberufe aus.
Überwiegender Lebensunterhalt
Die unterschiedliche Arbeitsmarktbeteiligung von Menschen mit und ohne Einwanderungsgeschichte ist einer der Gründe für die Abweichungen bei der Hauptquelle, aus der der Lebensunterhalt der Personen bestritten wird. Im Jahr 2023 variierte der Anteil der Personen ab 15 Jahren, die ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit bestritten, zwischen 52,6 % in der Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte und 61,1 % in der Bevölkerung mit einseitiger Einwanderungsgeschichte.
Berücksichtigt man allerdings andere Quellen des Lebensunterhalts, so werden größere Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen deutlich. Für etwa ein Drittel (32,4 %) der Menschen ohne Einwanderungsgeschichte waren im Jahr 2023 Renten oder Vermögen die Quellen des überwiegenden Lebensunterhalts, was nur auf 15,1 % der Eingewanderten und 2,5 % der Nachkommen zutraf. Zugleich bestritten 17,3 % der Menschen mit Einwanderungsgeschichte ihren Lebensunterhalt überwiegend aus Sozialleistungen (Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte: 5,6 %). Geringere, zu einem erheblichen Teil auf die Altersstruktur zurückzuführende Unterschiede gab es beim Anteil von Personen, die sich überwiegend durch die Unterstützung Angehöriger finanzieren.
Die deutlichen Abweichungen innerhalb der Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte lassen sich auf die Unterschiede in der Altersstruktur und bei der Erwerbsbeteiligung zurückführen. Insbesondere Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Wurzeln in EU-Staaten oder Nord- und Südamerika bestreiten besonders häufig ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit (60,1 % beziehungsweise 61,6 %). Menschen mit Wurzeln in Asien (ohne den Nahen und Mittleren Osten) sowie aus Nord- und Südamerika finanzieren ihren Lebensunterhalt besonders häufig (21,4 % beziehungsweise 19,9 %) mittels Unterstützung ihrer Angehörigen.
Armutsgefährdung
Die aus der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions; EU-SILC) ermittelte Armutsgefährdungsquote bietet einen Überblick über die sozioökonomische Situation der Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte.
Info 3 Armutsgefährdung
Die Armutsgefährdungsquote gibt an, wie hoch der Anteil der armutsgefährdeten Personen an der Gesamtbevölkerung ist. Entsprechend dem EU-weit harmonisierten Standard ist die Armutsgefährdungsquote definiert als der Anteil der Personen, deren Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60 % des Medians des Nettoäquivalenzeinkommens der Bevölkerung beträgt (siehe Interner Link: Kapitel 5.2.2). Das Einkommens-Referenzjahr ist das Vorjahr der Erhebung.
Als Quelle zur Ermittlung der Armutsgefährdung verwendet die amtliche Statistik die Daten der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC), einer Unterstichprobe des Mikrozensus (siehe auch Interner Link: Kapitel 5.2, Info 1).
Die Armutsgefährdungsquote der Menschen mit Einwanderungsgeschichte lag 2022 mit 24,3 % rund zwei Mal so hoch wie die der Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte (11,5 %). Die höchste Armutsgefährdungsquote gab es bei Eingewanderten. Im Jahr 2022 war hier ein Viertel armutsgefährdet.
Ein ähnliches Bild zeigt sich hinsichtlich der Armutsgefährdung von Kindern (Personen unter 18 Jahren). Das höchste Armutsrisiko bestand bei eingewanderten Kindern unter 18 Jahren mit einer Armutsgefährdungsquote von 38,4 % (Nachkommen: 23,4 %). Werden alle Kinder mit Einwanderungsgeschichte berücksichtigt, war die Armutsgefährdungsquote 3,4-mal höher als bei Kindern ohne Einwanderungsgeschichte (28,5 % gegenüber 8,3 %).
Auch das Risiko für Altersarmut war 2022 bei der Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte deutlich größer als bei derjenigen ohne Einwanderungsgeschichte: 35 % aller ab 65-jährigen Personen mit Einwanderungsgeschichte waren armutsgefährdet; bei der Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte traf dies auf 15,9 % der Älteren zu.
Auch Erwerbstätige mit und ohne Einwanderungsgeschichte weisen eine unterschiedliche Armutsgefährdung auf: Im Jahr 2022 waren 14,7 % der Erwerbstätigen mit Einwanderungsgeschichte trotz Arbeit armutsgefährdet, bei den Erwerbstätigen ohne Einwanderungsgeschichte war die Armutsgefährdungsquote mit 7,1 % nur halb so hoch.
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