Zuwanderung hat die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in vielfältiger Weise geprägt. Nach Ergebnissen der Wanderungsstatistik sind in den Jahren von 1950 bis 2023 insgesamt über 60 Millionen Personen in die Bundesrepublik eingewandert, während im gleichen Zeitraum gut 43,5 Millionen aus Deutschland fortgezogen sind. Die Zuwanderung vollzog sich in verschiedenen Phasen und betraf unterschiedliche Personengruppen.
Info 1Heimatvertriebene und Wanderungen über die innerdeutsche Grenze
In der deutschen Geschichte kam es immer wieder zu Wanderungen, zum Beispiel am Ende des Zweiten Weltkriegs oder an der innerdeutschen Grenze zwischen der damaligen DDR und der Bundesrepublik. In den Jahren von 1944 bis 1948 sind rund 12 Millionen Personen aus den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches geflüchtet oder waren von dort vertrieben worden. Diese Wanderungen sind jedoch nicht Gegenstand dieses Beitrags. Die Heimatvertriebenen weisen nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) einen gesonderten Status auf und werden daher nicht zu den Eingewanderten gezählt. Als Heimatvertriebene bezeichnet man nach Paragraf 2 BVFG Personen, die am 31. Dezember 1937 oder bereits einmal vorher ihren Wohnsitz in dem gesetzlich bestimmten Vertreibungsgebiet hatten. Auch Personen, die aus der DDR über die innerdeutsche Grenze in die Bundesrepublik gezogen sind, werden nicht als Eingewanderte betrachtet.
Info 2Vom Migrationshintergrund zur Einwanderungsgeschichte
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht seit 2005 aus dem Mikrozensus Ergebnisse nach dem Konzept des Migrationshintergrunds, nachdem zuvor in den Bevölkerungsstatistiken lediglich Deutsche sowie Ausländerinnen und Ausländer anhand der Staatsangehörigkeit unterschieden wurden. Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn entweder sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Das Konzept des Migrationshintergrunds erlaubte eine sehr differenzierte Betrachtung verschiedener Personengruppen mit Migrationsbezug und hat die Forschung zur Integration von Zugewanderten seitdem stark geprägt. Zugleich wurde das Konzept wegen seiner analytischen Komplexität und geringen internationalen Anschlussfähigkeit sowie seiner teilweise stigmatisierenden Verwendung in der öffentlichen Diskussion zunehmend kritisiert. Vor diesem Hintergrund hat die von der Bundesregierung eingesetzte Fachkommission zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit im Jahr 2021 empfohlen, für Fragen der Integration künftig das Konzept der "Eingewanderten und ihrer (direkten) Nachkommen" zu verwenden.
Das Statistische Bundesamt hat das neue Konzept im Jahr 2023 bei den Veröffentlichungen des Mikrozensus umgesetzt. Die Definition umfasst alle Menschen, die entweder selbst (Eingewanderte) oder deren beide Elternteile (Nachkommen von Eingewanderten) seit 1950 in das heutige Gebiet Deutschlands eingewandert sind. Eingewanderte Personen gehören dabei der ersten Generation an; die in Deutschland geborenen Nachkommen von Eingewanderten zählen zur zweiten Generation. Personen, bei denen nur ein Elternteil nach Deutschland eingereist ist, gehören nach der Empfehlung der Fachkommission nicht zu den Nachkommen, werden aber "mit einseitiger Einwanderungsgeschichte" auch in diesem Beitrag separat nachgewiesen.
Insbesondere der separate Nachweis von Personen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte führt dazu, dass die Definition "Einwanderungsgeschichte" enger gefasst ist als der Migrationshintergrund. So lebten nach Erstergebnissen des Mikrozensus 2023 in Deutschland 24,9 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, allerdings lediglich 21,2 Millionen Eingewanderte und ihre direkten Nachkommen – also etwa 3,7 Millionen Personen weniger. Diese Differenz entspricht nahezu der nun separat nachgewiesenen Gruppen der Menschen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte.
Ab 1950 kamen zunächst knapp 4,6 Millionen Aussiedlerinnen und Aussiedler sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler nach Deutschland. Dies sind Angehörige deutscher Minderheiten aus Ländern Mittel- und Osteuropas sowie Zentralasiens, die Nachkommen von Deutschstämmigen sind, die teilweise vor mehreren Jahrhunderten in diese Länder ausgewandert waren und dort ihre Sprache und Kultur beibehalten haben. Der Zuzug von Aussiedlerinnen und Aussiedlern hatte seine Höhepunkte in den 1950er- sowie insbesondere in den späten 1980er- und den 1990er-Jahren, hält aber in geringerem Umfang bis heute an.
Nach dem ersten Anwerbeabkommen der Bundesrepublik mit Italien im Jahr 1955 kamen in den 1950er- und 1960er-Jahren sogenannte Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter vor allem aus Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien und dem damaligen Jugoslawien. Bis 1973 kamen durch die Anwerbeabkommen nach Ergebnissen der Wanderungsstatistik 7,2 Millionen Menschen zum Arbeiten in die Bundesrepublik, etwa 4,3 Millionen von ihnen gingen in diesem Zeitraum wieder in ihre Heimat zurück. Nach dem Anwerbestopp im Jahr 1973 gab es eine Phase, in der verstärkt Familienangehörige der unter den Anwerbeabkommen nach Deutschland Eingewanderten nachgezogen sind. Inzwischen leben als damalige Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter Eingewanderte seit mehreren Generationen in Deutschland und haben Kinder und Enkel bekommen. Auch die DDR warb ab Mitte der 1960er-Jahre ausländische Arbeitskräfte an, die hauptsächlich aus Mosambik und Vietnam gekommen sind.
In Folge der Einführung der Personenfreizügigkeit als eine der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union (EU) im Jahr 1993 und insbesondere der EU-Osterweiterungen ab dem Jahr 2004 stieg die Zahl von Personen an, die aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach Deutschland gekommen sind. Seit 2004 sind 11,5 Millionen Personen aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach Deutschland eingewandert, darunter jeweils 2,8 Millionen Personen aus Polen und Rumänien, gut 1,1 Millionen Personen aus Bulgarien sowie je gut 700.000 Personen aus Ungarn und Italien. Im gleichen Zeitraum sind 8,7 Millionen Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten aus Deutschland weggezogen.
Ende der 1980er-Jahre beantragten zunehmend Personen aus Ost- und Südosteuropa in Deutschland Asyl, hinzu kamen Anfang der 1990er-Jahre Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien. Nachdem durch Einschränkungen des Asylrechts Anfang der 1990er-Jahre die Zahl der Schutzsuchenden zurückging, stieg sie um das Jahr 2010 wieder an, mit Höhenpunkten in den Jahren ab 2015 sowie 2022. Hauptherkunftsländer waren jetzt Syrien, Irak und Afghanistan sowie zuletzt die Ukraine.