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Verlagerungsmotive | Globalisierung | bpb.de

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Verlagerungsmotive

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Die beiden wichtigsten Verlagerungsmotive sind die Senkung der Lohnkosten und der Zugang zu neuen Absatzmärkten.

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Fakten

Die Verlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten deutscher Unternehmen ins Ausland ist ein Aspekt, der häufig im Zusammenhang mit der Globalisierung diskutiert wird. Nach Angaben einer Erhebung, die in Deutschland bei 20.000 Unternehmen mit 100 und mehr Beschäftigten des nichtfinanziellen Sektors der gewerblichen Wirtschaft durchgeführt wurde, verlagerten rund 14 Prozent der Unternehmen zwischen 2001 und 2006 Aktivitäten vom heimischen Standort ins Ausland. Vor allem bei Industrieunternehmen ist dieses Globalisierungsphänomen überdurchschnittlich stark ausgeprägt: 20 Prozent verlagerten Aktivitäten ins Ausland. In der übrigen Wirtschaft waren 7 Prozent der Unternehmen an Verlagerungen ins Ausland beteiligt.

Die beiden wichtigsten Verlagerungsmotive sind die Senkung der Lohnkosten und der Zugang zu neuen Absatzmärkten. Beide Gründe waren für mehr als vier Fünftel aller befragten Unternehmen von Bedeutung (82 Prozent). Neben den Lohnkosten wurden auch "andere Kosten" überdurchschnittlich oft als Verlagerungsmotiv genannt (74 Prozent). Mehr als die Hälfte aller Unternehmen gab an, dass Steueranreize (59 Prozent) und strategische Vorgaben (58 Prozent) eine wichtige/sehr wichtige Rolle bei der Verlagerung spielen. Jeweils knapp die Hälfte aller Unternehmen nannte als Verlagerungsmotiv ein "neues Geschäftsmodell", "geringere Regulierung" sowie die "Produktentwicklung".

Die Ergebnisse der Erhebung zeigen weiter, dass tendenziell größere Unternehmen Verlagerungen ins Ausland vornehmen. So betrug der Anteil der Unternehmen mit 1.000 und mehr Beschäftigten an allen Unternehmen lediglich 5 Prozent, der Anteil an den Auslandsverlagerungen war jedoch mit 9 Prozent beinahe doppelt so hoch. Auf der anderen Seite stammten aus der Gruppe der Unternehmen mit 100 bis unter 250 Beschäftigten, die in Bezug auf die Anzahl 67 Prozent aller Unternehmen ausmachten, lediglich 56 Prozent der auslandsverlagernden Firmen.

Insgesamt erfüllten sich bei mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen die Erwartungen an ein Engagement im Ausland. Das Ziel, einen besseren Zugang zu neuen Märkten zu erhalten, erreichte laut eigenen Angaben mehr als die Hälfte aller Unternehmen. Rund zwei Drittel der Unternehmen verzeichneten positive Auswirkungen auf die Lohnkosten. Und die Hälfte der Unternehmen stellte infolge einer Verlagerung auch eine Senkung der übrigen Kosten fest. Fast drei Viertel aller Unternehmen konnten ihre Position im Wettbewerb durch eine Verlagerung ins Ausland stärken. Wesentliche unternehmerische Nachteile werden hingegen kaum gesehen. Allenfalls war die Neuausrichtung der Logistik mit einem höheren Aufwand verbunden.

In einer vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) in Auftrag gegebenen Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung wird allerdings darauf hingewiesen, dass nicht jede Verlagerung die erhoffte Kostensenkung bringt. Dies auch deshalb, weil viele Unternehmen die Kosten für Anlaufzeiten, Betreuung, Koordination, Qualitätssicherung und betriebliche Kontrolle unterschätzen oder gar nicht erst berücksichtigen. Auch kulturelle Unterschiede können zum Beispiel durch verschiedene Kommunikationsstile oder Arbeitsweisen die Kosten erhöhen.

Neben einer Unterschätzung der Kosten werden teilweise auch die Einsparpotenziale überschätzt: Die Lohnkosten – das Hauptmotiv für die Verlagerung – machen in vielen Betrieben nur noch 10 Prozent der Gesamtkosten aus, die Einsparmöglichkeiten sind hier entsprechend begrenzt. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass bei Berücksichtigung aller Faktoren die alternativen Standorte häufig teurer sind, als von den Unternehmen angenommen. Gerade bei den Unternehmen, bei denen die Markterschließung keine zentrale Rolle spielt, kann es deshalb auch zu einer Rückverlagerung der Produktion kommen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bauten die Unternehmen mit 100 und mehr Beschäftigten in den Jahren 2001 bis 2006 durch Verlagerungen insgesamt 189.000 Stellen in Deutschland ab. Ebenfalls verlagerungsbedingt wurden parallel 105.000 neue Arbeitsplätze am heimischen Standort geschaffen, also rund 56 Prozent der verlagerten Arbeitsplätze. Laut VDI liegt die Zahl der verlagerten Arbeitsplätze sogar bei mehr als 70.000 pro Jahr und damit deutlich höher. Bei der Beurteilung dieser Arbeitsplatzbilanz ist allerdings zu beachten, dass Unternehmen, die ihre Wettbewerbsposition nicht durch Verlagerung verbessern, Marktanteile an die internationale Konkurrenz verlieren können. Auch in diesem Fall kann es zu Arbeitsplatzverlusten kommen.

Datenquelle

Statistisches Bundesamt: Verflechtung deutscher Unternehmen mit dem Ausland 2009, STATmagazin: Engagement deutscher Unternehmen im Ausland; Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI): Externer Link: www.vdi.de

Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen

Zum Bereich der nichtfinanziellen gewerblichen Wirtschaft gehören die Unternehmen der Industrie und des übrigen Produzierenden Gewerbes sowie des Handels- und Dienstleistungsbereichs ohne Kredit- und Versicherungswirtschaft.

Tabelle: Motive für die Verlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten


Nichtfinanzielle gewerbliche Wirtschaft, Angaben in Prozent*, bis 2006 und geplant (Stand: 2008)

Lohnkosten 81,9
Zugang zu neuen Absatzmärkten 81,8
andere Kosten 73,7
Steueranreize 59,0
strategische Vorgaben 57,5
neues Geschäftsmodell 49,0
geringere Regulierung 48,5
Produktentwicklung 47,3

* Mehrfachnennungen möglich

Quelle: Statistisches Bundesamt: Verflechtung deutscher Unternehmen mit dem Ausland 2009