Die natürliche Bevölkerungsentwicklung (Differenz zwischen Lebendgeburten und Sterbefällen) sowie der Saldo aus Zu- und Abwanderung bestimmen den Bevölkerungsstand insgesamt. Der Anteil beider Faktoren hat sich im Zeitverlauf erheblich verändert und unterscheidet sich zudem von Land von zu Land. Bezogen auf die Europäische Union hat die Nettozuwanderung seit 1992 einen größeren Anteil am Bevölkerungswachstum als die natürliche Veränderung des Bevölkerungsstandes. Bei der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten ging eine positive natürliche Veränderung des Bevölkerungsstandes in den Jahren 2000 bis 2016 mit einem positiven Wanderungssaldo einher, in sechs EU-Staaten waren beide Faktoren negativ. In Deutschland stieg der Bevölkerungsstand, weil die Zuwanderung höher war als der natürliche Bevölkerungsrückgang.
Fakten
Die Entwicklung des Bevölkerungsstandes wird von zwei Faktoren bestimmt: Zum einen von der natürlichen Veränderung des Bevölkerungsstandes, also von der Differenz zwischen der Zahl der Lebendgeburten und der Zahl der Todesfälle. Zum anderen vom Wanderungssaldo, also von der Zahl der Menschen, die zu- und abwandern. Bis Ende der 1980er-Jahre war die natürliche Veränderung des Bevölkerungsstandes die mit Abstand wichtigste Komponente des Bevölkerungswachstums in der Europäischen Union (EU). Seit den frühen 1960er-Jahren ist hier jedoch ein nachhaltiger Rückgang zu verzeichnen. Hingegen haben internationale Wanderungsbewegungen an Bedeutung gewonnen. Seit 1992 haben diese durchgehend einen größeren Anteil am Bevölkerungswachstum als die natürliche Veränderung des Bevölkerungsstandes.
Im Jahr 2016 lag der Bevölkerungsstand der 28 EU-Mitgliedstaaten bei 510 Millionen. Zwischen 2000 und 2016 erhöhte sich der Bevölkerungsstand der EU laut Eurostat um 25,8 Millionen. Davon entfielen 4,8 Millionen auf das natürliche Bevölkerungswachstum und 21,1 Millionen auf den positiven Wanderungssaldo dieser Jahre. Damit hatte die Zuwanderung einen Anteil von 81,5 Prozent am gesamten Bevölkerungswachstum im Zeitraum 2000 bis 2016. Der Spitzenwert wurde dabei im Jahr 2015 mit 106,8 Prozent erreicht: Während die natürliche Bevölkerungsentwicklung rückläufig war (minus 117 Tsd.), lag der Wanderungssaldo bei plus 1,85 Millionen Personen – insgesamt erhöhte sich der Bevölkerungsstand im Jahr 2015 entsprechend um 1,74 Millionen.
Bei der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten ging eine positive natürliche Veränderung des Bevölkerungsstandes in den Jahren 2000 bis 2016 mit einem positiven Wanderungssaldo einher. Der Anteil der Zuwanderung am gesamten Bevölkerungswachstum lag dabei zwischen 28,7 Prozent in Frankreich und 95,7 Prozent in Österreich. Laut Eurostat waren in diesem Zeitraum auch in Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Island, Liechtenstein, Norwegen sowie in der Schweiz sowohl die natürliche Bevölkerungsentwicklung als auch der Wanderungssaldo positiv.
In vier EU-Staaten (Deutschland, Italien, Portugal und Tschechien) stieg der Bevölkerungsstand, weil die Zuwanderung höher war als der natürliche Bevölkerungsrückgang. In Griechenland und Ungarn wurde der natürliche Bevölkerungsrückgang durch die Zuwanderung gedämpft aber nicht kompensiert (so auch in Russland und Serbien). In weiteren sechs EU-Staaten (Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Rumänien) haben sich beide Faktoren negativ entwickelt und damit zu einem anhaltenden Bevölkerungsrückgang geführt. Eine Entwicklung die außerhalb der EU auch für Belarus, die Republik Moldau und die Ukraine gilt.
Schließlich sind Polen und die Slowakei die einzigen EU-Mitgliedstaaten, die in den Jahren 2000 bis 2016 einen natürlichen Bevölkerungszuwachs und gleichzeitig einen negativen Wanderungssaldo hatten. In der Slowakei war dabei der natürliche Bevölkerungszuwachs höher als die Nettoabwanderung – der Bevölkerungsstand hat sich entsprechend erhöht. In Polen war hingegen die Nettoabwanderung höher als der natürliche Bevölkerungszuwachs – der Bevölkerungsstand hat sich entsprechend verringert.
Wie in der Slowakei war zwischen 2000 und 2016 auch in Armenien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Montenegro und in der Türkei der natürliche Bevölkerungszuwachs höher als der negative Wanderungssaldo. In Albanien und Georgien verlief die Entwicklung wie in Polen: Der Bevölkerungsstand sank, weil der negative Wanderungssaldo höher war als der natürliche Bevölkerungszuwachs.
Auch in Zukunft werden einzelne Staaten Europas zu den wichtigsten Einwanderungsländern weltweit gehören. Nach Angaben des UN/DESA wird die weltweite Nettozuwanderung in die ökonomisch entwickelten Staaten in den Jahren 2015 bis 2050 bei insgesamt 82 Millionen Personen liegen – das sind durchschnittlich 2,3 Millionen Personen pro Jahr. Von diesen 2,3 Millionen Personen werden laut UN/DESA rund 925.000 auf Europa entfallen – insbesondere auf Deutschland (224 Tsd.), das Vereinigte Königreich (171 Tsd.), Russland (109 Tsd.) Italien (93 Tsd.) und Frankreich (80 Tsd.). Gleichzeitig geht das UN/DESA davon aus, dass die Geburtenziffer in Europa im selben Zeitraum lediglich moderat steigen wird – von gegenwärtig rund 1,6 auf rund 1,8 im Jahr 2050. Entsprechend dieser Berechnungen werden die internationalen Wanderungsbewegungen auch in naher Zukunft den größeren Anteil am Bevölkerungswachstum in Europa haben.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Die natürliche Bevölkerungsentwicklung ist die Differenz zwischen der Zahl der Lebendgeburten und der Zahl der Sterbefälle in einem bestimmten Zeitraum. Dabei ist die natürliche Bevölkerungsentwicklung positiv, wenn die Zahl der Lebendgeburten höher ist als die Zahl der Sterbefälle (Zuwachs der Bevölkerung). Entsprechend ist bei einer negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung die Zahl der Sterbefälle höher als die Zahl der Lebendgeburten (Abnahme der Bevölkerung).
Der Wanderungssaldo ist die Differenz zwischen Zu- und Abwanderung. Der Saldo ist positiv, wenn mehr Personen zuwandern als abwandern und negativ, wenn die Abwanderung überwiegt. Aus dem Wanderungssaldo können jedoch keine abschließenden Aussagen über das Ausmaß der Zu- und Abwanderung abgeleitet werden, da beispielsweise ein niedriger Wanderungssaldo mit sehr hohen Zu- und Abwanderungsströmen, die sich rechnerisch ausgleichen, einhergehen kann.
Weiterführende Informationen zu den Wanderungssalden europäischer Staaten finden Sie
Weiterführende Informationen zu den Wanderungen über die Grenzen Deutschlands finden Sie
Im Gegensatz zur Europäischen Kommission zählt das UN Department of Economic and Social Affairs (UN/DESA) Armenien, Aserbaidschan, Georgien, die Türkei und Zypern nicht zu Europa. Eine Übersicht zu diesem Thema finden Sie
Weiterführende Informationen zur Entwicklung der Geburtenziffer in Europa finden Sie