Die Verteilungsrechnung stellt – neben der Entstehungs- und Verwendungsrechnung – einen dritten Weg dar, um das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und das Bruttonationaleinkommen (BNE) zu ermitteln. Anders als bei den anderen beiden Berechnungsarten knüpft die Verteilungsrechnung nicht an der Güterseite an, sondern an der Entlohnung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Ausgehend von den Einkommensarten wird das BIP beziehungsweise das BNE im Rahmen der Verteilungsrechnung entweder über die im Inland entstandenen (geleisteten beziehungsweise gezahlten) Einkommen oder über die von Inländerinnen und Inländern empfangenen Einkommen aus Produktionstätigkeit berechnet.
Die Verteilungsrechnung des Bruttoinlandsprodukts
/ 2 Minuten zu lesen
In der Bundesrepublik Deutschland ist eine eigenständige und in sich geschlossene Verteilungsrechnung nicht möglich, weil über den Betriebsüberschuss beziehungsweise über die Unternehmenseinkommen nur lückenhafte basisstatistische Informationen vorliegen. Diese Größen werden daher als Saldengrößen aus dem gesamtwirtschaftlichen Kreislauf abgeleitet.
Der umfassendste Einkommensbegriff der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ist das Bruttonationaleinkommen (BNE). Das BNE ist an die Stelle des früher benutzten Begriffs des Bruttosozialprodukts (BSP) getreten und stimmt mit diesem konzeptionell überein. Das BNE errechnet sich, indem vom BIP die Primäreinkommen abgezogen werden, die an die übrige Welt geflossen sind, und umgekehrt die Primäreinkommen hinzugefügt werden, die inländische Wirtschaftseinheiten von der übrigen Welt bezogen haben. Es hat insbesondere als Grundlage für die Berechnung der EU-Eigenmittel eine herausragende Bedeutung.
Eine wichtige Größe der Verteilungsrechnung ist das Volkseinkommen. Es ist die Summe der Erwerbs- und Vermögenseinkommen, die die inländischen Wirtschaftseinheiten in einer bestimmten Periode empfangen haben. Das Volkseinkommen setzt sich aus dem Arbeitnehmerentgelt der Inländerinnen und Inländer sowie den Unternehmens- und Vermögenseinkommen zusammen.
Das Arbeitnehmerentgelt umfasst neben den Bruttolöhnen und -gehältern auch die Sozialbeiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie deren Lohnsteuer. Im Jahr 2019 entfielen 18 % des Arbeitnehmerentgelts auf die Sozialbeiträge der Arbeitgeber und 27 % auf die Abzüge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich etwa je zur Hälfte aus Sozialabgaben und Lohnsteuer zusammensetzten. In gesamtwirtschaftlicher Betrachtung blieben 2019 vom Arbeitnehmerentgelt etwa 55 % als Nettolöhne und -gehälter bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Im Jahr 1991 waren es noch knapp 58 %.
Unbezahlte Arbeit nicht im BIP enthalten
Das BIP erfasst nur die Wertschöpfung aus bezahlter Arbeit. Die unbezahlte Arbeit wird mit ganz wenigen Ausnahmen, wie der Produktion in Haus- und Kleingärten, nicht berücksichtigt. Jedoch ist die unbezahlte Arbeit unverzichtbar für das gesellschaftliche und persönliche Wohlbefinden wie auch für die materielle Versorgung der Haushalte mit Waren und Dienstleistungen. Häufig ist bezahlte Arbeit nur möglich, wenn an anderer Stelle Tag für Tag vielfältige unbezahlte Tätigkeiten im Haushalt, beim Betreuen von Kindern, von Pflegebedürftigen oder im Ehrenamt erbracht werden.
Die Messung der unbezahlten Arbeit basiert auf dem Erfassen und Bewerten der für sie aufgewendeten Zeit. Aus den Ergebnissen der letzten Zeitverwendungsstudie 2012/2013 (siehe auch Kapitel 12.1 des Datenreports 2016) geht hervor, dass die privaten Haushalte für die unbezahlte Arbeit insgesamt 35 % mehr an Zeit aufgewendet haben als für die bezahlte Erwerbsarbeit. Der Vergleich mit Makrogrößen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen erfordert eine monetäre Bewertung der aufgewendeten Zeit. Schon eine Bewertung mit einem Stundenlohnsatz von 9,25 Euro – dem im Jahr 2013 tatsächlich gezahlten durchschnittlichen Nettostundenlohn von Haushaltshilfen – ergibt einen Wert der unbezahlten Arbeit von 826 Milliarden Euro. Dieser Wert ist höher als die Summe der tatsächlich gezahlten Nettolöhne und -gehälter im Jahr 2013 (778 Milliarden Euro).
Das Einbeziehen der unbezahlten Arbeit in das BIP ist allerdings nicht sinnvoll. Zum einen ist das BIP vor allem ein Maß für die wirtschaftliche Entwicklung und weniger ein Maß für die Betrachtung der Wohlfahrt einer Gesellschaft. Die aus dem BIP und seinen Komponenten abgeleiteten Analysen dienen beispielsweise der Konjunkturbetrachtung, der Prognose künftiger Steuereinnahmen und der Analyse längerfristiger wirtschaftlicher Entwicklungen wie der Produktivitäts- und der Einkommensentwicklung. Zum anderen ist insbesondere die Bewertung der unbezahlten Arbeit nur modellmäßig möglich, da keine tatsächlichen Löhne gezahlt werden. Für Analysezwecke reicht es daher aus, die unbezahlte Arbeit in mehrjährlichen Abständen – bisher alle zehn Jahre – zu erfassen und angelehnt an die Methoden der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zu bewerten.
Wir laden Sie zu einer kurzen Befragung zu unserem Internetauftritt ein. Bitte nehmen Sie sich 5 Minuten Zeit, um uns bei der Verbesserung unserer Website zu helfen. Ihre Angaben sind anonym.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!