Ein gleichermaßen entscheidender Indikator für die Geschlechtsrollenvorstellungen ist die Bewertung der Konsequenzen für die Eltern-Kind-Beziehung, wenn Mütter erwerbstätig sind und in welchem Umfang. Egalitäre Einstellungen bedeuten in diesem Kontext, dass die Konsequenzen als nicht negativ eingestuft werden. Gibt es hingegen Vorbehalte gegenüber erwerbstätigen Müttern, weil man dadurch negative Folgen für die Entwicklung des Kindes befürchtet, wird dies als traditionelle Haltung eingeordnet.
Info 2Studie »Familienleitbilder in Deutschland«
Familienleitbilder sind Vorstellungen davon, wie Familienleben normalerweise aussieht oder idealerweise aussehen sollte. Diese Vorstellungen können sich auf die Familie im Allgemeinen beziehen, zum Beispiel mit Aussagen wie "Eine Familie hält immer zusammen" oder "Familie, das ist ein verheiratetes Paar mit Kindern". Sie können sich aber auch auf einzelne Aspekte des Familienlebens beziehen, etwa auf Partnerschaft ("In einer Partnerschaft sollte kein Partner sehr viel älter sein als der andere."), Elternschaft ("Eine Mutter mit einem zweijährigen Kind, die ganztags arbeitet, kann keine gute Mutter sein.") oder auf die Familienbiografie ("Bevor man heiratet, sollte man eine Weile zusammengewohnt haben."). Oft sind die Vorstellungen bildhaft, das heißt, Menschen malen sich in Gedanken aus, wie eine "normale Familie" aussieht. Oft ist die Vorstellung einem unbewusst, das heißt, man trägt manche Leitbilder in sich, ohne jemals hinterfragt zu haben, ob Familie nicht auch ganz anders aussehen könnte. Es ist davon auszugehen, dass die meisten Familienleitbilder von verhältnismäßig vielen Menschen innerhalb einer Gesellschaft oder zumindest innerhalb einer bestimmten sozialen Gruppe geteilt werden. Ostdeutsche könnten typischerweise andere Familienleitbilder haben als Westdeutsche, Junge andere als Ältere, Konfessionslose andere als Religiöse, in der Großstadt Lebende andere als Menschen in ländlichen Gemeinden. Daher wird im Familienleitbildsurvey, der im Auftrag des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung bundesweit erhoben wird, auch nach kulturellen Familienleitbildern gefragt, die charakteristisch für Gesellschaften, Regionen, Generationen oder soziale Milieus sind. Dazu wurden insgesamt 5.000 Personen im Alter von 20 bis 39 Jahren erstmals 2012 telefonisch befragt, im Jahr 2016 im Alter von 24 bis 43 Jahren ein weiteres Mal. Insgesamt 1.858 Personen nahmen an beiden Umfragen teil.
Mehr zur Studie unter: Externer Link: www.bib.bund.de/leitbild
In Tabelle 3 werden fünf Aussagen aus dem Familienleitbildsurvey von 2016 dargestellt, die das Rollenverständnis zur Mutterschaft für 24- bis 43-jährige Deutsche erfassen. In der Spalte "Gesamt" zeigt sich eine überwiegende Zustimmung zur Aussage, dass Mütter nachmittags ihren Kindern beim Lernen helfen sollten. Nach Geschlecht stimmten dem deutlich mehr Frauen als Männer zu: 74 gegenüber 57 %. Auch etwas mehr West- als Ostdeutsche waren dieser Ansicht. Gleichzeitig waren insgesamt rund 83 % der Meinung, dass Mütter einem Beruf nachgehen sollten, um unabhängig vom Mann zu sein. 76 % der Männer stimmten dem eher beziehungsweise voll zu, während es bei den Frauen sogar rund 88 % waren. Westdeutsche waren auch hier etwas traditioneller eingestellt als die Ostdeutschen, was auch auf die ostdeutsche Prägung zurückzuführen sein dürfte: In der DDR gingen Mütter zumeist einem Beruf nach, während dies in Westdeutschland früher häufig nicht der Fall war. Dementsprechend stimmten auch mit 69 % deutlich weniger Westdeutsche als Ostdeutsche (77 %) der Aussage zu, dass Mütter, die nur zu Hause sind und sich um ihre Kinder kümmern, irgendwann unzufrieden würden. Auch hier zeigten sich die männlichen Befragten mit 66 % deutlich traditioneller eingestellt als die weiblichen Befragten mit 74 %.