Die bislang präsentierten Verläufe basieren auf Fragen zum subjektiven Wohlbefinden, die seit 1990 einmal jährlich in Ost- und Westdeutschland ermittelt wurden. Sie spiegeln jeweils die Befindlichkeiten der Bevölkerung zu unterschiedlichen Erhebungszeitpunkten wider.
In der Befragungswelle 2019 des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) wurde der Versuch unternommen, von den Erwachsenen in West- und Ostdeutschland eine rückblickende subjektive Bewertung ihrer Lebenszufriedenheit zu ermitteln. An alle Personen, die vor 1990 geboren sind, wurde die Frage gestellt: "Wenn Sie einmal 30 Jahre zurückblicken – also auf 1989, das Jahr vor der Wiedervereinigung Deutschlands – was würden Sie sagen: Hat sich seit dieser Zeit ihre Lebenszufriedenheit alles in allem eher erhöht oder eher verringert?"
Die Ergebnisse zeigen ein sehr unterschiedliches Bild dieser subjektiven Lebensbilanz. Während nur ein Drittel (35 %) der Befragten, die 1989 in Westdeutschland lebten, der Auffassung war, dass sich ihre Lebenszufriedenheit seit 1989 erhöht hat, und nahezu die Hälfte (48 %) angab, dass die Lebenszufriedenheit eher gleich geblieben ist, fiel die Bilanz der Menschen in Ostdeutschland deutlich positiver aus. Demnach bewertete rund die Hälfte (49 %) der Befragten, die 1989 in der DDR lebten, ihre Lebenszufriedenheit im Vergleich zu der Zeit vor der deutschen Vereinigung als höher. Lediglich ein Fünftel (19 %) gab an, dass sich die Zufriedenheit im Vergleich zu 1989 verringert hat (in Westdeutschland 15 %) und knapp ein Drittel (32 %) bewertete die eigene Lebenszufriedenheit als etwa gleich geblieben.
Männer bewerteten im Vergleich zu Frauen demnach in Westdeutschland die Entwicklung ihrer Lebenszufriedenheit nur etwas positiver, während der Unterschied zwischen den Geschlechtern in Ostdeutschland prägnanter ausfiel. 51 % der Männer und 47 % der Frauen, die in der DDR lebten, empfanden ihre Lebenszufriedenheit 30 Jahre später als Verbesserung. Der Anteil der Personen, die eher eine Verschlechterung in ihrer Lebenszufriedenheit sahen, war bei Männern wie Frauen, die 1989 in der DDR lebten, mit jeweils etwa einem Fünftel (19 %) gleich hoch.
Innerhalb der vergangenen 30 Jahre haben viele Menschen aus der ehemaligen DDR ihren Lebensmittelpunkt in den alten Bundesländern gewählt, wie auch umgekehrt eine kleinere Zahl an Menschen aus Westdeutschland mittlerweile in Ostdeutschland lebt. Anhand des Vergleichs der beiden Gruppen lässt sich untersuchen, wie sich der Umzug in den jeweils anderen Landesteil rückblickend auf die Lebenszufriedenheit ausgewirkt hat. Bei beiden Gruppen fiel die Bewertung der Lebenszufriedenheit seit der deutschen Vereinigung deutlich positiver aus, als bei den Personen, die nicht umgezogen sind. Bei ehemaligen Westdeutschen, die 2019 in den neuen Bundesländern lebten, betrug der Anteil derjenigen, die eine Verbesserung ihrer Lebenszufriedenheit sahen, 48 % und lag damit deutlich über dem Durchschnitt aller Westdeutschen (35 %). Umgekehrt gaben auch die ehemaligen DDR-Bürgerinnen und -Bürger, die im Jahr 2019 in den alten Bundesländern lebten, mit 54 % häufiger an, dass sich ihre Zufriedenheit seit der deutschen Vereinigung verbessert hat, als die gesamte Gruppe der Ostdeutschen (49 %).
Der retrospektive Blick auf die Entwicklung der subjektiven Lebenszufriedenheit zeigt zudem eine interessante Differenzierung nach Altersgruppen. Unter den Personen, die 1989 in Westdeutschland lebten, bewertete in der Altersgruppe der (2019) 40- bis 49-Jähigen fast jede / jeder Zweite (48 %) die Entwicklung der Lebenszufriedenheit seit der deutschen Vereinigung positiv. Bei der Gruppe der 70- bis 79-Jährigen halbiert sich dieser Anteil auf rund ein Viertel (26 %). Die überwiegende Mehrheit in dieser Altersgruppe (59 %) sah ihre Lebenszufriedenheit im Vergleich zu vor 30 Jahren in etwa auf dem gleichen Niveau. Der Anteil derjenigen, die eher eine Verringerung der Lebenszufriedenheit seit der deutschen Vereinigung bilanzierten, betrug in beiden Altersgruppen jeweils lediglich 14 %.
Bei ehemaligen DDR-Bürgerinnen und -Bürgern fallen die Altersdifferenzen weniger markant aus. Während eine deutliche Mehrheit (58 %) der (2019) 40- bis 49-Jährigen ehemaligen DDR-Bürgerinnen und -Bürger eine Verbesserung der Lebenszufriedenheit bilanzierte, lag der Anteil bei den 70- bis 79-Jährigen, die also in den vergangenen 30 Jahren in Altersrente gewechselt sind, mit 46 % deutlich niedriger. Der Anteil derjenigen, die eine Verringerung der Lebenszufriedenheit berichteten, betrug 16 % und war somit wenige Prozentpunkte höher als bei der Gruppe der 40- bis 49-Jährigen aus der ehemaligen DDR.