Eine gesonderte Betrachtung der international mobilen Bevölkerung zeigt, dass die Mehrheit dieser Personen ihre Situation im Ausland besser bewertet als unmittelbar vor der Auswanderung. Das galt für den Lebensstandard (55,9 %), das persönliche Einkommen (57,3 %), das Haushaltseinkommen (59,2 %) sowie die Wohngegend (54,9 %). Durchgehend über ein Viertel der Personen berichtete sogar über "viel bessere" materielle Lebensbedingungen. International mobile Deutsche berichten auch über positive Veränderungen ihrer gesundheitlichen und sozialen Lebensbedingungen. So gaben 34,7 % der ins Ausland gewanderten Deutschen eine Verbesserung ihrer Gesundheit im Vergleich zu vor der Auswanderung an. Von einer Verschlechterung berichtete mit 9,3 % eine deutliche Minderheit. Gesundheit bezieht sich hier sowohl auf physische als auch psychische Aspekte und berücksichtigt daher gesundheitliche Veränderungen, die beispielsweise mit der individuellen Ernährung, mit dem Gesundheitsverhalten (Sport oder Alkoholkonsum) oder mit Stress zusammenhängen. Bei der Mehrheit der Deutschen verbesserte sich außerdem die familiäre Situation. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass viele Paare separate Haushalte durch die Auswanderung zusammenführen. So gaben 38,7 % der ins Ausland gewanderten Deutschen eine Verbesserung des Familienlebens unmittelbar nach der Auswanderung an, während lediglich 16,8 % von einer Verschlechterung berichteten.
Konsequenzen internationaler Mobilität für die individuelle Lebenssituation
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Im Gegensatz zur besseren Familiensituation im Ausland berichtete die Mehrheit der international mobilen Deutschen von einer schlechteren außerfamiliären Situation. 35,9 % gaben eine schlechtere Situation innerhalb ihres Freundes- und Bekanntenkreises an, während lediglich 21,6 % von einer verbesserten Situation berichteten. Ähnlich verhält es sich mit den Kontakten zur Nachbarschaft: 30,1 % der ins Ausland umgezogenen Deutschen berichteten von einer Verschlechterung, während nur 24,3 % eine Verbesserung angaben.
Die persönlichen Einschätzungen international mobiler Deutscher zur Veränderung ihrer materiellen Lebensbedingungen zeigen sich in der Einkommensmobilität im Rahmen der Auswanderung. Tabelle 3 liefert dazu Angaben in Form des mittleren Nettoeinkommens von Erwerbstätigen unmittelbar vor und nach ihrem Umzug ins Ausland. Betrug das mittlere Monatsnettoeinkommen von Deutschen vor ihrer Auswanderung noch 2.700 Euro, so stieg es mit ihrem Umzug um ein Drittel an und lag nach der Auswanderung bei 3.600 Euro. Für rund 72 % der deutschen Erwerbstätigen mit Einkommensangaben war die internationale Mobilität mit einer Verbesserung des Monatsnettoeinkommens verbunden. Ähnlich verhält es sich beim Nettostundenlohn. Dieser stieg im Mittel um über die Hälfte an (von 14 Euro auf 21,50 Euro).
Insgesamt profitieren international mobile Deutsche also auch unabhängig von ihrer Wochenarbeitszeit, da diese bereits im Nettostundenlohn berücksichtigt ist. Ein tieferer Blick in die Daten zeigt außerdem, dass die Mehrheit jener, die einen Anstieg im persönlichen Einkommen verzeichneten, keinen Anstieg in der wöchentlichen Arbeitszeit aufwiesen. Die Lohnsteigerungen im Zuge der Auswanderung sind im Durchschnitt also nicht auf erhöhte Arbeitsstunden zurückzuführen. Die Anstiege sind auch dann höher, wenn man sie mit den Lohnsteigerungen nicht mobiler Deutscher mit ähnlichen soziostrukturellen Merkmalen im gleichen Zeitraum vergleicht.
Kausalität
Im Kapitel werden einige Aussagen über Veränderungen im Rahmen internationaler Mobilität, zum Beispiel beim Einkommen, getroffen. Es gilt zu berücksichtigen, dass Veränderungen im Leben von international mobilen Personen nicht ohne Weiteres auf ihre Auswanderung zurückgeführt werden können. Zum einen unterscheidet sich die international mobile Bevölkerung von der international nicht mobilen Bevölkerung hinsichtlich bestimmter Merkmale, die bereits vor der Auswanderung unterschiedlich verteilt waren. Veränderungen im Leben von international mobilen Personen können auf solche Merkmale und nicht auf die Auswanderung selbst zurückzuführen sein. Dazu zählen beispielsweise soziodemografische Merkmale, wie das Alter und der Beruf, oder auch motivationale Merkmale, wie Ehrgeiz oder Produktivität. Zum anderen können Veränderungen im Leben von international mobilen Personen durch Ereignisse ausgelöst werden, die auch bei international nicht mobilen Personen vorkommen. Internationale Mobilität muss damit nicht zwingend alleiniger Auslöser für individuelle Veränderungen sein. Ein Beispiel dafür sind die mit der internationalen Mobilität häufig verbundenen Arbeitsgeberwechsel, die jedoch auch innerhalb Deutschlands mit Einkommensgewinnen einhergehen. Die vorliegenden Ergebnisse berücksichtigen allein Unterschiede in den soziodemografischen Merkmalen zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen (Selektivität). Daher wird in diesem Kapitel nicht davon ausgegangen, dass die hier diskutierten Veränderungen im Leben von international mobilen Personen ausschließlich auf deren Auswanderung zurückzuführen sind (Kausalität).
Wenngleich die Auswanderung gemessen an der Einkommensmobilität häufig mit deutlichen Aufstiegen verbunden ist, findet bei der großen Mehrheit der ins Ausland umgezogenen, durchgehend erwerbstätigen Deutschen kein sozialer Klassenwechsel statt. Dies lässt sich durch die im vorherigen Abschnitt dargestellten Befunde erklären, dass international mobile Deutsche mehrheitlich aus gut gestellten Elternhäusern stammen und auch selbst überwiegend der hoch qualifizierten und beruflich erfolgreichen Bevölkerungsgruppe angehören.
Abbildung 3 zeigt die mit der Auswanderung verbundenen Übergänge zwischen den sozialen Klassen von durchgehend erwerbstätigen Deutschen. Die linke Seite der Abbildung zeigt den Anteil erwerbstätiger Deutscher je Klasse vor der Auswanderung. Die rechte Seite zeigt den Anteil erwerbstätiger Deutscher je Klasse nach der Auswanderung. Die Verknüpfung der Anteile vor und nach dem Umzug veranschaulicht, wie sich Erwerbstätige mit der Auswanderung zwischen den sozialen Klassen bewegen. Das Ausmaß dieser sozialen Mobilität lässt sich am besten mit Blick auf die beiden Dienstklassen ermitteln. Die obere Dienstklasse beinhaltet beispielsweise leitende Angestellte und höhere Beamtinnen und Beamte. In der unteren Dienstklasse finden sich hoch qualifizierte Angestellte und gehobene Beamtinnen und Beamte. 9,2 % der durchgehend Erwerbstätigen stiegen mit dem Umzug ins Ausland in die obere Dienstklasse und 3,5 % in die untere Dienstklasse auf. Ferner stiegen mit der Auswanderung 8,2 % der durchgehend Erwerbstätigen von der oberen Dienstklasse in eine tiefere Klassenposition ab. Nur 2,7 % stiegen aus der unteren Dienstklasse ab.
Insgesamt waren mit der Auswanderung durchgehend erwerbstätiger Deutscher etwas mehr soziale Aufstiege (13,2 %) als soziale Abstiege (11,5 %) verbunden. Entsprechend gehören Personen der Dienstklassen innerhalb der international mobilen Bevölkerungsgruppe nicht nur international, sondern auch sozial gesehen zu den mobilsten durchgehend Erwerbstätigen. Die Mehrheit der Personen (75,1 %) hatte ihre Klassenposition mit der Auswanderung allerdings nicht verändert. Die überwiegend hoch qualifizierten Erwerbstätigen besetzen demnach auch im Ausland attraktive Berufspositionen.
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