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* Überarbeitung und Erweiterung der Version, die 2013 unter Mitarbeit von Roland Habich erstellt wurde.
Für die Sicherung von Lebensstandard und Lebensqualität spielen Regionen eine zunehmende Rolle. Deutschland weist im Unterschied zu anderen europäischen Ländern (zum Beispiel Großbritannien und Frankreich) eine ausgesprochen dezentrale Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur auf. Das Zentrale-Orte-Konzept als Steuerungsinstrument für die vergleichsweise gleichmäßige lokale Ausstattung mit sozialen und kulturellen Infrastrukturen und der Föderalismus bringen neben historischen Prägungen die vielfältigen Räume hervor, in denen die Menschen leben, die diese aktiv mitgestalten.
Demografische, ökonomische und soziale Faktoren haben jedoch zu starken räumlichen Disparitäten geführt. Während viele Ballungsräume sich wirtschaftlich gut entwickeln und durch die Zunahme von Arbeitsplätzen und Bevölkerung prosperieren und teilweise unter Druck geraten, entleeren sich andere, strukturschwache Räume. Eine Abnahme und Alterung der Bevölkerung in Kombination mit ökonomischer Schwäche in peripheren und strukturschwachen Regionen haben dazu geführt, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner "abgehängt" fühlen. In einigen strukturschwachen Regionen sind bereits heute technische und kulturelle Infrastrukturen kaum noch tragfähig und grundlegende Dienstleistungen kaum aufrechtzuerhalten. Umgekehrt sind die Bewohnerinnen und Bewohner in Städten großer Zuwanderung, steigenden Preisen auf dem Wohnungsmarkt und überlasteten Infrastrukturen ausgesetzt.
Aufgrund der zunehmenden Zuwanderung durch die allgemeine Internationalisierung und Globalisierung, die EU-Osterweiterung ab dem Jahr 2004 und die Bewegung von Geflüchteten vor allem in den Jahren 2014 bis 2016 wuchs zwischenzeitlich auch die Bevölkerung in kleineren Orten. Dieser Trend setzt sich jedoch nicht länger fort. Großstädte und Universitätsstädte wachsen hingegen weiter. Auch die Digitalisierung hat nicht zu einem demografischen und ökonomischen Angleichungsprozess der Regionen geführt, sondern umgekehrt durch Ungleichheiten bei den Anschluss- und Übertragungsraten sowie neuen Arbeitsplätzen in der Wissens-, Dienstleistungs- und Kulturökonomie zur Stärkung der Ballungsräume beigetragen. Wachsende regionale Ungleichheiten beinhalten die Gefahr, Räume zu schaffen, in denen die Menschen schlechtere Lebenschancen vorfinden und von der allgemeinen Entwicklung abgekoppelt werden.
In politischer Hinsicht wird auf EU- und Bundesebene das Leitbild der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse aktiv durch vielfältige monetäre Transferleistungen verfolgt, die jedoch die Auseinanderentwicklung von Lebensbedingungen und Lebenschancen nicht haben aufhalten können. In Anbetracht steigender regionaler Disparitäten hat daher die Bundesregierung im Jahr 2018 die Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" eingesetzt, die 2020 ihren Abschlussbericht präsentiert hat. Hier wird festgestellt, dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse nicht gegeben ist, die großen räumlichen Disparitäten den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland infrage stellen und gegensteuerndes politisches Handeln auf den verschiedenen räumlichen Ebenen (EU, Bund, Länder, Kommunen) erforderlich ist.
Regionen versuchen, sich unter den veränderten Rahmenbedingungen neu aufzustellen, Potenziale zu ermitteln, diese gezielt zu fördern und eine zukunftsfähige Entwicklung anzustoßen. Akteure aus Wirtschaft und Wirtschaftspolitik orientieren sich an einer Stärkung regionaler Cluster, der Koppelung von Forschung, Existenzgründung und Verwertungsketten oder Regionalmarketing. Vorhandenes Humanvermögen, ziviles Engagement, Infrastruktur und politische Akteure beeinflussen maßgeblich die regionalen Entwicklungen.
Um die Lebensverhältnisse in den Regionen zu ermitteln, werden im Folgenden Bevölkerung und Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftskraft, Haushaltseinkommen sowie die Wohnverhältnisse untersucht. Ein Ziel der empirisch orientierten Bestandsaufnahme regionaler Disparitäten besteht darin, zu überprüfen, inwieweit sich die Lebensbedingungen in den Regionen West- und Ostdeutschlands immer noch voneinander unterscheiden.
Autor(en): Annette Spellerberg, Jonas Kirch – Technische Universität Kaiserslautern
Herausgeber: WZB / SOEP
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