Organisationen wie Vereine, Verbände, Stiftungen, gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung bis hin zu weniger formalisierten Organisationen, wie Bürgerinitiativen, bilden die institutionelle und infrastrukturelle Seite des zivilgesellschaftlichen Engagements in Deutschland. Insgesamt ist dieser Bereich sehr vielschichtig und dynamisch und durchdringt die gesamte Gesellschaft in ihren einzelnen Bereichen. Gleichwohl wird die Gesamtzahl der Organisationen in ihrer unterschiedlichen Größe, Zusammensetzung und Rechtsform bislang nicht systematisch erfasst. Nur für einzelne Organisationsformen wie eingetragene Vereine und rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts liegen aktuelle Angaben vor. Die Vereinslandschaft weist anhand der Angaben der Vereinsregister bei den deutschen Amtsgerichten ein hohes Wachstum auf. Zu den Vereinen zählen zumeist nach der Rechtsform die Verbände, denen in Deutschland ein besonderer Stellenwert zukommt. Häufig sind sie als Dachverbände ein Zusammenschluss von Organisationen. Als solche üben sie koordinierende Aufgaben aus und vertreten die Interessen der Mitgliedsorganisationen gegenüber der Politik. In diesen Funktionen gestalten sie viele Gesellschaftsbereiche aktiv mit. Zu den eingetragenen Vereinen kommen schätzungsweise mehrere Hunderttausend nicht eingetragene Vereine, die keine Eintragung in den Vereinsregistern anstreben und zu deren Anzahl keine genauen Informationen vorliegen.
In den letzten 60 Jahren stieg die Zahl der in Deutschland eingetragenen Vereine beträchtlich: Sie versiebenfachte sich von rund 86.000 im Jahr 1960 (Westdeutschland) auf rund 608.000 im Jahr 2018 (Gesamtdeutschland). Die steil ansteigende Kurve der eingetragenen Vereine veranschaulicht ein Wachstum, wie es nur in wenigen gesellschaftlichen Bereichen zu beobachten ist. Gleichwohl flachte die Dynamik bei den Neueintragungen der Vereine in den vergangenen Jahren ab. Während sich 1995 noch rund 22.000 Vereine neu in die Vereinsregister eintragen ließen, waren es 2016 rund 13.500 und 2018 nur noch etwa 12.000. Gleichzeitig stieg die Zahl der Löschungen von Vereinen in den Vereinsregistern stetig an. 1995 wurden rund 4.500 Löschungen vorgenommen, 2018 traf dies für rund 9.000 Vereine zu.
Neben geringer werdenden Vereinsgründungen und dem Anstieg der Löschungen zeigen sich über die Jahre zugleich thematische Gewichtsverlagerungen in den Tätigkeitsbereichen der Vereine. So wies die Vereinsstatistik für den Zeitraum 2005 bis 2008 eine besondere Zunahme der Kultur-, Interessen- und Freizeitvereine sowie einen Rückgang bei den Umwelt- und Sportvereinen aus. Eine etwas andere Dynamik ergab sich für den Zeitraum 2008 bis 2018: Verluste waren nur noch bei der Anzahl der Sportvereine feststellbar. Interessenvereine, zu denen auch Bürgerinitiativen in Vereinsform zählen, sowie Vereine in den Bereichen Soziales / Wohlfahrt, Freizeit / Heimatpflege und Berufs- / Wirtschaftsverbände / Politik befanden sich in besonderem Maße auf Wachstumskurs. Auch bei den Umwelt- und Naturschutzvereinen sowie bei Vereinen zur Migrationsthematik waren Zuwächse vorhanden. Die Veränderungen weisen darauf hin, dass bestimmte Themen zeitbezogen einen konjunkturellen Aufschwung genießen, während andere weniger nachgefragt werden oder sich andere institutionelle und organisatorische Formen herausbilden, die diese Themen behandeln. So geht zum Beispiel die Anzahl der Sportvereine seit der zunehmenden Etablierung von Fitnessstudios zurück.
Doch nicht nur die Zahl der eingetragenen Vereine ist – über einen längeren Zeitraum betrachtet – absolut angestiegen, auch ihre Dichte, bezogen auf je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner, hat stark zugenommen: Sie stieg zwischen 1960 und 2017 von 160 auf 720 Vereine und erreichte 2018 den Wert von 731. Sie verfünffachte sich damit nahezu gegenüber Anfang der 1960er-Jahre. Da der überwiegende Anteil des Engagements in Vereinen stattfindet, sind Veränderungen in diesem Feld für das Engagement von zentraler Bedeutung.
Einen bedeutenden Aufschwung hat neben dem Vereinswesen auch das Stiftungswesen in Deutschland erlebt. Ende des Jahres 2019 bestanden 23.230 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts. Während 2007 ein Zuwachs von 1.134 Stiftungen zu verzeichnen war, haben sich die Zuwachsraten in den vergangenen Jahren zwischen 500 und 600 eingepegelt. Im Jahr 2019 wurden 576 Stiftungen neu gegründet. Stiftungen sind bis auf Bürgerstiftungen im Unterschied zu Vereinen weniger bedeutende Engagementträger, dafür fördern sie dieses in hohem Maße, indem finanzielle Mittel für die Realisierung von Projekten von Engagierten bereitgestellt werden.
Der Bestand an Stiftungen in West- und Ostdeutschland weist, wie die für 2019 vorliegenden regionalen Angaben zeigen, in beiden Landesteilen nach wie vor ein starkes Ungleichgewicht auf. Im Jahr 2019 gab es in Ostdeutschland 1.657 und in Westdeutschland (einschließlich Berlin) 21.573 Stiftungen. Während die Stiftungsdichte in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern mit 10 sowie in Sachsen-Anhalt mit 14, in Sachsen mit 15 und in Thüringen mit 16 Stiftungen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner besonders gering war, lagen Baden-Württemberg mit 31, Bayern mit 32, Hessen mit 34 sowie die Stadtstaaten Bremen mit 49 und Hamburg mit 78 Stiftungen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner an der Spitze. Insgesamt bestanden in Deutschland 28 Stiftungen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Die Stiftungen verfügten über ein Vermögen von mehr als 107 Milliarden Euro. Allerdings gibt es in Deutschland, im Unterschied zu den USA, nur wenige große Stiftungen, die über hohe Vermögenserträge verfügen. Der überwiegende Teil der Stiftungen hat einen eher geringen Vermögensstock. Im Jahr 2019 hatten knapp zwei Drittel (65 %) der Stiftungen ein Stiftungskapital von unter einer Million Euro. Fast jede fünfte Stiftung (18 %) hatte ein Vermögen von bis zu 100.000 Euro, 47 % besaßen bis zu 1 Million Euro und 28 % bis zu 10 Millionen Euro. Nur bei 7 % lag das Vermögen bei über 10 Millionen Euro.
Zivilgesellschaftliche Organisationen erlebten in den vergangenen Jahren einige Veränderungen. Die äußeren Rahmenbedingungen verlangen von ihnen ein stärker wirtschaftlich ausgerichtetes Handeln, wodurch sich Tendenzen einer zunehmenden Ökonomisierung ihrer Arbeit bemerkbar machen. Dies führt aber nicht nur zu einer höheren Wirtschaftlichkeit, sondern auch zu Problemen: In diesem Zusammenhang werden in Untersuchungen besonders die Planungsunsicherheit aufgrund unklarer Einnahmeentwicklungen sowie die Konfrontation mit zunehmend marktförmigen Strukturen, die zu einem verstärkten Effizienz- und Konkurrenzdruck führen, von den Organisationen benannt. Neben den ökonomisch gelagerten Herausforderungen bestehen Schwierigkeiten, freiwillig Engagierte zu erreichen. Das trifft besonders für ein dauerhaftes Engagement zu. Nur 14 % der Organisationen gaben 2016 an, dass es einfach sei, dauerhaft Engagierte zu gewinnen. Auch für ehrenamtliche Leitungspositionen fand nur jede vierte Organisation (25 %) genug Freiwillige. Hingegen waren zu einem kurzfristigen Engagement deutlich mehr Menschen bereit. Für jede zweite Organisation (51 %) war es demnach einfach, Freiwillige für kurzfristiges Engagement zu gewinnen.
Krisenerscheinungen wie die Cornonapandemie stellen zivilgesellschaftliche Organisationen vor zusätzliche finanzielle Herausforderungen. Wie eine eigene aktuelle Recherche der Websites von 120 Organisationen zeigt, sehen sich vor allem kleinere Organisationen durch den partiellen Wegfall von Spenden, Fördermitteln und Sponsoringpartnern, aber auch von Mitgliedern sogar in ihrer Existenz bedroht.