Der unterschiedliche Stellenwert dieser beiden sozialstaatlichen Aufgaben, der sozialen Absicherung einerseits und des Abbaus von Einkommensunterschieden andererseits, manifestiert sich in den Einstellungen verschiedener Bevölkerungsgruppen. Für die soziale Absicherung, den sogenannten institutionellen Kern des Sozialstaats, wird wie zuvor zwischen den Einstellungen bezüglich der Versorgung von Kranken und Älteren sowie dem Erhalt des Lebensstandards von Arbeitslosen unterschieden. Für die Kranken- und Altersversorgung lassen sich weder im Osten noch im Westen Deutschlands Unterschiede bei den verschiedenen Bevölkerungsgruppen – nach Geschlecht, Alter, beruflicher Stellung, ideologischer Orientierung (links-rechts) und Parteipräferenz – auffinden. Insgesamt liegt bei dieser Aufgabe ein Konsens zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der klassischen Konfliktlinie "Kapital versus Arbeit" vor, also zwischen den Selbstständigen und Arbeitern, zwischen Rechten und Linken und zwischen Anhängerinnen und Anhängern aller Parteien. Abweichende Meinungen lassen sich allerdings bezüglich der Versorgung von Arbeitslosen feststellen. Es überrascht dabei wenig, dass Arbeitslose selbst in Ostdeutschland überdurchschnittlich die Verantwortung ihrer Versorgung beim Staat verorteten und in Westdeutschland die Gruppe der Selbstständigen zwar immer noch in der Mehrheit, aber deutlich geringer zustimmte. In beiden Landesteilen zeigt sich auch, dass die Zustimmung bei Bürgerinnen und Bürgern mit linker ideologischer Orientierung und einer Präferenz für Parteien aus dem linken Spektrum (Die Linke, Bündnis 90 / Die Grünen, SPD) im Vergleich zu Anhängerinnen und Anhängern des rechten politischen Spektrums (FDP, CDU / CSU, AfD) sowie mit rechter ideologischer Orientierung ausgeprägter war.
Einstellungen verschiedener Bevölkerungsgruppen zur Rolle des Staates
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Sehr ähnlich sieht es bei der staatlichen Aufgabe des Abbaus von Einkommensunterschieden aus. Im Westen wich einerseits die Gruppe der Selbstständigen mit geringeren Zustimmungswerten vom Durchschnitt ab und andererseits sprachen sich die Anhängerinnen und Anhänger von der Partei Die Linke sowie Bündnis 90 / Die Grünen überdurchschnittlich für eine staatliche Zuständigkeit beim Abbau von Einkommensunterschieden aus. Diese egalitäre Aufgabe des Sozialstaats steht damit im Schnittpunkt der klassischen Konfliktlinie zwischen Kapital und Arbeit und wird von den Vertreterinnen und Vertretern beider Seiten vergleichsweise kontrovers beurteilt. Im Osten war eine nennenswerte Abweichung vom Bevölkerungsdurchschnitt bei den Bürgerinnen und Bürgern, die sich einer linken ideologischen Orientierung zuordnen, festzustellen: Unter ihnen befürworteten 94 % den Abbau von Einkommensunterschieden. Im Vergleich dazu stimmten dem lediglich 51 % mit einer rechten ideologischen Orientierung zu.
Die Analysen zu den Einstellungen zu Demokratie und Sozialstaat haben gezeigt, dass es bei den Einstellungen zur Demokratie in Deutschland immer noch beträchtliche Unterschiede zwischen Westen und Osten gibt, während sich die Einstellungen zum Sozialstaat auf einem hohen Zustimmungsniveau einander angenähert haben.
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