Krankheits- oder unfallbedingte Fehlzeiten sind ein zentraler Indikator arbeitsweltbezogener Einflüsse auf die Gesundheit. Sie machen auf Gesundheitsrisiken und Belastungen aufmerksam, bevor Berufskrankheiten entstehen oder es zu vorzeitigen krankheitsbedingten Renteneintritten kommt. Die Fehlzeiten lassen sich zudem nach Diagnosen differenzieren und geben dadurch einen Überblick über die Krankheitslast in der erwerbstätigen Bevölkerung. Im Jahr 2018 gingen nach Ergebnissen der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz (BAuA) 23 % der krankheitsbedingten Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft auf Muskel- und Skeletterkrankungen zurück, 13 % auf psychische und Verhaltensstörungen, 15 % auf Atemwegserkrankungen, 12 % auf Unfälle und Verletzungen sowie jeweils 5 % auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krankheiten des Verdauungssystems. Die Kosten des durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Produktionsausfalls werden für Deutschland auf 85 Milliarden Euro geschätzt. Die Daten zeigen außerdem, dass Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2018 durchschnittlich 12 Tage krankheitsbedingt fehlten.
Auswertungen auf Basis der Daten zu Fehlzeiten von erwerbstätigen Versicherten der AOK zeigen zudem regelmäßig, dass Männer und Frauen mit manuellen Tätigkeiten oder in einfachen Dienstleistungsberufen deutlich häufiger und länger arbeitsunfähig sind als Männer und Frauen in hoch qualifizierten und wissensbasierten Berufen (siehe dazu etwa den AOK-Fehlzeitreport aus dem Jahr 2019). Allerdings ist zu beachten, dass in diese Statistik nur Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als drei Kalendertagen eingehen, wodurch das tatsächliche Ausmaß der Fehlzeiten unterschätzt wird.
Krankheitsbedingte Fehlzeiten stehen in engem Zusammenhang mit Arbeitsbelastungen. Beschäftigte mit niedrigem Berufsstatus sind häufiger sowohl körperlichen als auch psychosozialen Belastungen ausgesetzt als Beschäftigte mit höherem Berufsstatus. Dies wird unter anderem auf ein Ungleichgewicht zwischen Verausgabung und Belohnung bei der Arbeit sowie zwischen Arbeitsanforderungen und Einflussmöglichkeiten der Erwerbstätigen zurückgeführt.
Auswertungen der GEDA-Studie zeigen für die Jahre 2014/2015, dass Männer und Frauen aus niedrigen Berufsstatusgruppen ihren Gesundheitszustand deutlich schlechter einschätzten, häufiger Anzeichen einer depressiven Symptomatik berichteten und häufiger rauchten als Mitglieder höherer Berufsstatusgruppen.
Das Ausmaß der Arbeitsbelastung und der Unzufriedenheit mit der Arbeit von Erwerbstätigen kann für das Jahr 2018 ihrem Lohn gegenübergestellt werden. Der Lohn der Beschäftigten wird über den Bruttostundenlohn erfasst und nach internationalen Vorgaben ins Verhältnis zum Median der Einkommensbezieherinnen und -bezieher gesetzt. Beschäftigte mit weniger als zwei Dritteln des Medianlohns (11,01 Euro pro Stunde) werden als Niedrigeinkommensbezieherinnen und -bezieher und solche mit mehr als 150 % (25,03 Euro pro Stunde) als Hocheinkommensbezieherinnen und -bezieher angesehen. Ergebnisse auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) verdeutlichen, dass sowohl die körperliche und psychosoziale Arbeitsbelastung als auch die Unzufriedenheit mit der eigenen Tätigkeit bei Männern und Frauen der niedrigen Lohngruppe größer waren als in der mittleren und hohen Lohngruppe.
Gesundheitsschädigende Arbeitsbelastungen entstehen im Wechselspiel zwischen Belastungen und Ressourcen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die selbst wahrgenommene gesundheitliche Belastung durch die Arbeit ist ein guter Indikator, um Gesundheitsrisiken von Erwerbstätigen abzubilden. Hierbei zeigt sich bei vollzeiterwerbstätigen Männern und Frauen ein Zusammenhang mit dem beruflichen Anforderungsniveau der Beschäftigten. Die Ergebnisse der GEDA-Studie zeigen, dass in den Jahren 2014/2015 etwa 41 % der Männer in Helfer- und Anlerntätigkeiten ihre Arbeit als stark oder sehr stark gesundheitsgefährdend beurteilten, während der Anteil bei Männern mit fachlich ausgerichteten Tätigkeiten nur etwa 34 % betrug. Bei Männern, die komplexe Spezialistentätigkeiten oder hoch komplexe Tätigkeiten ausführen, fiel der Anteil mit etwa 24 beziehungsweise 20 % deutlich niedriger aus. Bei Frauen zeigen sich die Unterschiede nach dem beruflichen Anforderungsniveau vor allem im Vergleich zu den Helfer- und Anlerntätigkeiten. Etwa ein Drittel der Frauen in Helfer- und Anlerntätigkeiten gab an, mit starken bis sehr starken gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen konfrontiert zu sein. In den Vergleichsgruppen lag dieser Anteil zwischen 21 und 24 %.