Neben dem Einkommen besitzt auch die Bildung einen hohen Stellenwert für die Gesundheit. Durch den Zusammenhang zwischen formalen Bildungsabschlüssen und der Stellung in der Arbeitswelt ergeben sich Bezüge zu berufsbezogenen Belastungen und Ressourcen sowie zur Einkommenssituation. Bildung drückt sich außerdem in Wissen und Handlungskompetenzen aus, die eine gesundheitsförderliche Lebensweise und den Umgang mit Belastungen und Gesundheitsproblemen unterstützen. Eine wichtige Rolle spielen dabei Einstellungen, Überzeugungen und Werthaltungen, die sich bereits früh im Leben unter dem Einfluss der elterlichen Erziehung und der Bildungsinstitutionen entwickeln.
Gesundheitliche Probleme und Krankheiten, die die Ausübung arbeitsbezogener oder alltäglicher Aktivitäten dauerhaft einschränken, sind mit negativen Konsequenzen für die Lebensqualität der Betroffenen verbunden, haben Auswirkungen auf ihr soziales Umfeld und stellen zudem die sozialen Sicherungssysteme vor große Herausforderungen. Nach Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) gaben im Jahr 2018 Personen mit niedriger Bildung in jeder Altersgruppe häufiger als Personen mit hoher Bildung an, aufgrund körperlicher oder seelischer Probleme in ihren arbeits- oder alltagsbezogenen Beschäftigungen eingeschränkt zu sein. Im Verhältnis zur hohen Bildungsgruppe drückte sich dies bei Männern mit niedriger Bildung in einem um das 2,3-fach und bei Frauen in einem um das 2,2-fach erhöhte Risiko für Einschränkungen aufgrund körperlicher Probleme aus. Das Risiko für Einschränkungen aufgrund seelischer Probleme war bei Männern und Frauen in der niedrigen Bildungsgruppe um das 2-Fache erhöht.
Info 1Bildungsniveau
Zur Ermittlung des Bildungsniveaus wird im Folgenden auf die CASMIN-Klassifikation ("Comparative Analyses of Social Mobility in Industrial Nations") zurückgegriffen, die in den 1970er-Jahren für international vergleichende Analysen zur sozialen Mobilität entwickelt wurde. Im Jahr 2003 wurde eine überarbeitete Version vorgestellt, die aktuellen Entwicklungen der Bildungssysteme, insbesondere in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, Rechnung trägt. Die CASMIN-Klassifikation ist an Bildungszertifikaten orientiert, wobei sowohl schulische als auch berufsbildende Abschlüsse berücksichtigt werden. Die Bildungsabschlüsse werden entsprechend ihrer funktionalen Äquivalenz im Ländervergleich neun Kategorien zugeordnet, von denen ausgehend ein niedriges, mittleres und hohes Bildungsniveau ("primary / low secondary", "mediate / high secondary" and "tertiary" education) abgegrenzt werden kann.
Personen mit niedriger Bildung berichteten signifikant häufiger, in den vergangenen vier Wochen immer oder oft unter starken Schmerzen gelitten zu haben, als Personen mit mittlerer und hoher Bildung. Der Zusammenhang zwischen einem niedrigeren Bildungsgrad und der Zunahme der Häufigkeit von Schmerzen ist bei Männern und Frauen in allen Altersgruppen zu beobachten. Kontrolliert man den Alterseinfluss, hatten Männer der niedrigen im Vergleich zu denen der hohen Bildungsgruppe ein 3,2-mal so hohes Risiko, von starken körperlichen Schmerzen betroffen zu sein. Bei Frauen betrug das entsprechende Verhältnis 2,5 zu 1. Auch zwischen der mittleren und hohen Bildungsgruppe sind signifikante Unterschiede im Vorkommen von Schmerzen festzustellen.