Das Einkommen vermittelt den Zugang zu den meisten Bedarfs- und Gebrauchsgütern und ist eine wichtige Grundlage der Vermögensbildung, der Vorsorge und der sozialen Absicherung. Neben den materiellen Aspekten ist das Einkommen für die soziale Integration und soziokulturelle Teilhabe sowie für das psychosoziale Wohlbefinden und die gesundheitsbezogene Lebensqualität bedeutsam. So lässt sich zeigen, dass Personen, die einem Armutsrisiko ausgesetzt sind (siehe dazu Interner Link: Kapitel 6.2 und Interner Link: Kapitel 6.3), ihren allgemeinen Gesundheitszustand häufiger als weniger gut oder schlecht bewerten. Allerdings bestehen in dieser Hinsicht auch Unterschiede zwischen den Angehörigen der mittleren und höheren Einkommensgruppe. Diese Einkommensabhängigkeit zeichnete sich bei Männern und Frauen im Jahr 2018 deutlich ab. Bei statistischer Kontrolle des Alterseffekts zeigt sich, dass bei Männern aus der armutsgefährdeten Gruppe das Risiko eines weniger guten oder schlechten allgemeinen Gesundheitszustands im Verhältnis zu Männern aus der hohen Einkommensgruppe um den Faktor 3,2 erhöht war. Bei Frauen betrug das entsprechende Verhältnis 3,0 zu 1.
Wie die Daten der Studie zur "Gesundheit in Deutschland aktuell" (GEDA, Externer Link: www.geda-studie.de) aus den Jahren 2014/2015 deutlich machen, waren Männer und Frauen, die einem Armutsrisiko ausgesetzt sind, vermehrt von chronischen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, chronischer Bronchitis oder Depressionen betroffen.
Aufschluss über Einkommensunterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung geben Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Demnach lag die mittlere Lebenserwartung von Männern der niedrigsten Einkommensgruppe unterhalb der Armutsrisikogrenze bei Geburt 8,6 Jahre unter der von Männern der hohen Einkommensgruppe. Bei Frauen betrug diese Differenz 4,4 Jahre. Auffallend ist dabei, dass sich auch zwischen den mittleren Einkommensgruppen Unterschiede zeigen, sodass von einer graduellen Abstufung der Lebenserwartung ausgegangen werden kann.
Weitere Analysen derselben Daten zeigen, dass rund 13 % der Frauen der niedrigsten Einkommensgruppe vor Vollendung des 65. Lebensjahres starben, bei den Frauen der höchsten Einkommensgruppe waren es lediglich etwa 8 %. Bei Männern war die vorzeitige Sterblichkeit in allen Einkommensgruppen deutlich höher und die Unterschiede zwischen der niedrigsten und der höchsten Einkommensgruppe fielen mit 27 % gegenüber rund 14 % stärker aus. Auch in der ferneren Lebenserwartung ab einem Alter von 65 Jahren zeichnen sich die Unterschiede zwischen den Einkommensgruppen deutlich ab: Die Differenz zwischen der höchsten und der niedrigsten Einkommensgruppe betrug bei Männern 6,6 Jahre und bei Frauen 3,7 Jahre. Die Differenzen in der ferneren Lebenserwartung lassen sich zum Teil auf eine erhöhte psychische und physische Belastung im Lebenslauf sowie auf geringere materielle, kulturelle und soziale Ressourcen in der untersten Einkommensgruppe zurückführen. Ergebnisse aus Trendanalysen sprechen dafür, dass die sozialen Unterschiede in der Lebenserwartung in den vergangenen 25 Jahren relativ stabil geblieben sind.
Auf sozialräumlicher Ebene ist der Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenserwartung ebenfalls zu beobachten. Im Allgemeinen gilt, dass die mittlere Lebenserwartung bei Geburt in den Regionen mit den niedrigsten Armutsrisikoquoten am höchsten ist und dass dieser Zusammenhang umso stärker sichtbar wird, je kleinräumiger die Betrachtung erfolgt. Die Armutsrisikoquote misst den Anteil der Personen mit einem Nettoäquivalenzeinkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle von 60 % des Medians aller Nettoäquivalenzeinkommen in der betrachteten Population. Bei Männern betrug die Differenz in der Lebenserwartung auf NUTS-2-Ebene (Regierungsbezirke beziehungsweise statistische Regionen nach der "Nomenclature des unités territoriales statistiques") zwischen den Regionen mit den höchsten und niedrigsten Armutsrisikoquoten etwa drei Jahre, bei Frauen etwa zwei Jahre.