Mit der Abfrage von einer Reihe an Tätigkeiten, die Kinder und Jugendliche ohne Eltern ausüben, kann in AID:A 2019 die Autonomieentwicklung als Ablösungsprozess vom Elternhaus abgebildet werden. Betrachtet man die Zustimmung der Kinder und Jugendlichen zu der Frage, ob sie bestimmte Tätigkeiten allein oder mit anderen Personen außer den Eltern ausüben, zeigt sich – wie zu erwarten –, dass mit steigendem Alter immer mehr Tätigkeiten auch schon einmal allein ausgeübt wurden. Dies trifft insbesondere für das Shoppen von Kleidung, allein zum Arzt gehen, abends weggehen und allein auf Konzerte gehen zu, wobei für die beiden letztgenannten Tätigkeiten erst Jugendliche ab zwölf Jahren gefragt wurden. So berichtete beispielsweise nur jede/jeder achte 9-Jährige, bereits allein Kleidung eingekauft zu haben; bei den 12-Jährigen war es schon beinahe bei der Hälfte und bei den 17-Jährigen bei fast allen (88 %) der Fall.
Erfahrungen ohne die Eltern
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Beim Urlaub mit anderen Personen außer den Eltern zeigt sich im Altersverlauf ein geringerer Anstieg. Interessanterweise war es im Kindesalter von neun bis zehn Jahren diese Tätigkeit, die mit 34 beziehungsweise 41 % im Vergleich zu anderen am häufigsten ohne die Eltern ausgeübt wurde. Bis zum Alter von 16 Jahren war rund die Hälfte der Kinder und Jugendlichen auch schon einmal ohne die Eltern verreist. Bei den 17-Jährigen zeigt sich dann ein Anstieg auf fast zwei Drittel (64 %). Für alle Altersgruppen handelt es sich beim Urlaub mit anderen oft um be-treute Ferien ohne die Eltern, etwa mit einer kirchlichen oder verbandlichen Jugendgruppe oder über kommunale Ferienfreizeiten. Ab dem mittleren Jugendalter dürften dann unbetreute Urlaube allein oder mit Gleichaltrigen hinzukommen.
Ab einem Alter von 14 Jahren gehörte bei einem wachsenden Teil der befragten Kinder und Jugendlichen nach eigenen Angaben auch das Trinken von Alkohol (mit Freunden und ohne Eltern) zum Jugendleben dazu. Bei den 12- und 13-Jährigen traf dies nur für jede Zwanzigste beziehungsweise jeden Zwanzigsten zu. Bei den 17-Jährigen hatten bereits rund neun von zehn Jugendlichen schon einmal Alkohol getrunken.
Vergleicht man die Erfahrungen ohne Eltern im Hinblick auf den oben genannten Deprivationsindex, so fällt auf, dass es deutliche Unterschiede gibt: Vor allem bei den Tätigkeiten, die mit Kosten verbunden sind, berichteten jeweils deutlich weniger Kinder und Jugendliche mit mittlerem bis hohem Deprivationshintergrund (sprich Familien mit geringen finanziellen Spielräumen), dass sie diese Tätigkeit ohne Eltern unternehmen.
Die größten Unterschiede zeigen sich – wie zu erwarten – bei teureren Aktivitäten, wie dem Urlaub mit anderen (31 gegenüber 51 %) oder abends weggehen (52 gegenüber 66 %). Beim Arztbesuch ohne die Eltern gab es hingegen weniger Unterschiede, da dieser in der Regel nicht mit Kosten verbunden ist.
Für Kinder im Alter zwischen neun und elf Jahren wurde zusätzlich nach Kinobesuchen ohne Eltern und der Teilnahme an Kinder- und Jugendfreizeiten gefragt. Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Kindern mit keiner beziehungsweise niedriger Deprivation und Kindern aus Familien mit mittlerer bis hoher Deprivation: Letztere hatten seltener die Chance, allein ins Kino zu gehen (50 gegenüber 59 %) oder an einer Kinder- und Jugendfreizeit teilzunehmen (48 gegenüber 66 %).
Dieser Befund verweist auf Benachteiligungen von Kindern mit starker Deprivationserfahrung und verdeutlicht deren weitreichende Folgen. Kinder aus Familien in schwieriger finanzieller Lage können an wichtigen Aktivitäten des Kindes- und Jugendalters seltener teilnehmen und sind dadurch in ihrer Autonomieentwicklung beschränkt, die in dieser Lebensphase eine herausragende Rolle spielt.
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