In ihrer Freizeit haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, selbst gewählten Interessen nachzugehen, indem sie sich beispielsweise kulturell, sportlich oder medial betätigen oder auch einfach mal nichts tun. Die folgenden Analysen zeigen, welchen Freizeitaktivitäten junge Menschen häufig nachgehen, wie sich diese im Lauf der Kindheits- und Jugendphase verändern und welche Rolle dabei Geschlecht, Schulform und finanzielle Lage der Familie spielen.
Über das Lebensalter der Kinder und Jugendlichen hinweg blieben Aktivitäten wie Musik hören, fernsehen (beziehungsweise Streamingdienste oder Videos auf Youtube schauen), Sport treiben und Freunde treffen auf einem konstant hohen Niveau. Etwa 80 bis gut 90 % der Kinder und Jugendlichen verfolgten diese Aktivitäten mindestens ein- bis zweimal die Woche. Einen eher glockenförmigen Verlauf auf hohem Niveau weist das Spielen am Computer, auf dem Handy oder an der Spielkonsole auf, wobei 11- bis 13-Jährige am häufigsten digital spielten.
Mit steigendem Alter nahmen dagegen Aktivitäten wie Bücher lesen, ein Musikinstrument spielen sowie singen kontinuierlich ab. Dies weist auf veränderte Interessen beim Übergang vom Kindheits- zum Jugendalter hin. Mit zunehmender Ablösung von der Herkunftsfamilie im Jugendalter werden auch die gemeinsamen Unternehmungen mit Eltern oder Geschwistern seltener.
Jugendtypische Aktivitäten wie "nichts tun, rumhängen" sowie "ausgehen in Clubs, Discos oder Kneipen" wurden erst ab einem Alter von zwölf Jahren erhoben. Die Antworten der Jugendlichen zeigen dabei, dass Pausen und Zeiten des Nichtstuns einen hohen Stellenwert im Alltag besitzen. Rund drei Viertel der befragten Jugendlichen taten dies mindestens ein- bis zweimal die Woche. Eine klare Steigerung mit dem Alter erfährt das Weggehen. Während dies – sicherlich auch aufgrund gesetzlicher Regelungen – bei den 12- bis 14-Jährigen so gut wie keine Rolle spielte, gingen immerhin knapp 20 % der 17-Jährigen mindestens ein- bis zweimal die Woche aus.
"Shoppen oder bummeln gehen" spielte nur für einen geringeren Anteil der Kinder und Jugendlichen eine Rolle im Alltag. Zwischen 10 und 20 % verbrachten ein- bis zweimal in der Woche ihre Freizeit auf diese Weise. Zunächst zeigt sich ein leichter Anstieg im Alter zwischen neun und zwölf Jahren, anschließend bleibt der Anteil auf diesem Niveau konstant.
Der Scholarisierungs-These zufolge verbringen Kinder und Jugendliche vor allem aufgrund des Ausbaus von ganztägigen Schulangeboten täglich mehr Zeit in der Schule. Auch verlängert sich die Lebenszeit in der Schule durch eine höhere Anzahl an Schuljahren und damit verbundenen höheren Bildungsabschlüssen. In diesem Kontext stellt sich damit die Frage, ob und inwiefern die Schulform beeinflusst, wie häufig Kinder und Jugendliche verschiedenen Freizeitaktivitäten nachgehen oder ob ihnen die Schule mit ihren Anforderungen womöglich weniger Zeit dafür lässt. Für die Interpretation der Ergebnisse ist anzumerken, dass bei den Freizeitaktivitäten nicht danach gefragt wurde, wo diese stattfinden. Es kann also durchaus sein, dass diese – zumindest teilweise – auch im (Ganztags-)Schulkontext stattfinden. Durch die Differenzierung nach der momentan besuchten Schulform – insbesondere durch den Vergleich von Grundschule und Sekundarstufe (differenziert nach Hauptschule, Realschule und Gymnasium) – werden einerseits Alterseffekte implizit mit abgebildet, andererseits wird so auch der Schulabschluss, den die Jugendlichen anstreben, berücksichtigt. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass nur Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien unterschieden werden, auch wenn sich die Schulformen inzwischen deutlich ausdifferenziert haben und teilweise auch anders benannt werden.
Es finden sich eine Reihe von Aktivitäten, bei denen sich keine oder nur geringe schulformspezifische Unterschiede zeigten. Hierzu gehören "fernsehen, Streaming, Youtube", "Musik hören" und "Freunde treffen". Ähnliches gilt für "nichts tun, rumhängen", wobei sich Jugendliche in höher qualifizierenden Schulformen solche Pausen oder Auszeiten eher leisteten oder leisten konnten als Jugendliche an Hauptschulen. Ein gegenteiliges Bild ergibt sich für Unternehmungen mit Eltern oder Geschwistern. Auch hier unterschieden sich die Anteile von Schülerinnen und Schülern an Realschulen und Gymnasien kaum, für Hauptschülerinnen und Hauptschüler fand sich hingegen ein etwas höherer Anteil. Für das Spielen am Computer, am Handy oder an der Spielkonsole fanden sich für die weiterführenden Schularten ebenfalls nur geringe schulspezifische Unterschiede.
Für eher bildungsorientierte Freizeitaktivitäten, wie Bücher lesen, ein Musikinstrument spielen oder singen, findet sich ein deutlicher Zusammenhang mit der Schulform. So waren einerseits Grundschulkinder, andererseits Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in diesem Feld häufiger aktiv. Während es sich bei den Grundschülerinnen und Grundschülern um einen Alterseffekt handelt, sind die höheren Aktivitätsquoten der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten auch ein Effekt elterlicher Bildungsaspirationen, das heißt, Bildung wird für den persönlichen Aufstieg eine besonders große Rolle zugeschrieben.
Ein ganz ähnliches Muster zeigt sich bei den Ergebnissen für den Sport. Auch hier waren Kinder an Grundschulen und Jugendliche an höheren Sekundarschulen besonders aktiv. Eine mögliche Erklärung hierfür ist das Mehr an finanziellen Möglichkeiten der Familien, deren Kinder Realschulen und Gymnasien besuchen. Denn insbesondere kommerzielle Sportangebote (gleiches gilt für privat bezahlten Musikunterricht) sind mit nicht unerheblichen Kosten für die Familien verbunden. Diese Lesart der Befunde bestätigt sich auch in weiterführenden Analysen zu den Freizeitaktivitäten nach der finanziellen Lage der Familien. Über einen Deprivationsindex kann abgebildet werden, ob eine Familie monatlich einen festen Betrag sparen, abgenutzte Möbel ersetzen oder unerwartet anfallende Ausgaben bezahlen kann. Wies der Deprivationsindex auf eine gute finanzielle Ausstattung von Familien hin, so waren deren Kinder in kostenintensiven Freizeitangeboten wie Sport und Musikunterricht häufiger aktiv.
Während die Ergebnisse somit deutliche Alters- und Schulformeffekte zeigen, weisen vertiefende Analysen darauf hin, dass sich Mädchen und Jungen in ihren Freizeitaktivitäten in der Mehrheit nur geringfügig unterscheiden. Ausnahmen bilden Computer spielen, lesen und musizieren. Der Anteil der Jungen, die mindestens ein- bis zweimal die Woche am Computer, Handy, Tablet oder Spielkonsole spielten, war mit 89 % deutlich höher als bei den Mädchen (59 %). Umgekehrt war der Anteil der Mädchen, die mindestens ein- bis zweimal die Woche Bücher lasen (57 %) oder ein Instrument spielten und sangen (45 %) höher als bei den Jungen (41 % beziehungsweise 30 %).