Homeoffice gewann während des Lockdowns aufgrund mehrerer Faktoren deutlich an Bedeutung. So verabschiedeten viele Betriebe und Behörden Regelungen zur Kontaktreduzierung, in deren Rahmen häufig zumindest für einen Teil der Belegschaft Homeoffice angeordnet oder empfohlen wurde. Zudem führten die Kita- und Schulschließungen und der Ausfall der Großeltern als Betreuungspersonen dazu, dass viele Eltern von zu Hause arbeiteten, um die Betreuung und Beaufsichtigung ihrer Kinder gewährleisten zu können.
Die Mannheimer Corona-Studie gibt Aufschluss darüber, in welchem Ausmaß während der Coronakrise ein Wechsel in das Homeoffice stattgefunden hat. Insgesamt zeigen die Daten, dass auch während des Lockdowns im April 2020 die Mehrheit der Beschäftigten (54 %) vor Ort beim Arbeitgeber tätig war. Allerdings war der Anteil der Personen, die hauptsächlich im Homeoffice arbeiteten, mit 23 % gegenüber der Zeit vor der Krise deutlich angestiegen: Verglichen mit dem Anteil von 5 %, der im Jahr 2018 täglich oder häufig von zu Hause gearbeitet hat, handelt es sich um mehr als eine Vervierfachung. Zudem ist zu berücksichtigen, dass weitere 23 % der Erwerbstätigen zum Zeitpunkt der Befragung im Lockdown ihrer Beschäftigung nicht (oder nur in sehr begrenztem Umfang) nachgingen. Diese Gruppe umfasste vor allem Kurzarbeitende, aber auch in geringerem Maße Personen, die vom Arbeitgeber (mit oder ohne Bezahlung) freigestellt waren, und Selbstständige mit wenigen oder keinen Aufträgen. Bezogen auf diejenigen, die weiterhin beschäftigt waren, lag der Homeoffice-Anteil sogar bei knapp 30 %.
Abbildung 4 weist die Verteilung des Arbeitsorts während des Lockdowns getrennt für Personen mit und ohne Kinder im Haushalt aus. Aus Gründen der Datenverfügbarkeit wird hier die Altersgrenze für Kinder nicht wie im vorherigen Abschnitt bei 12 Jahren, sondern bei 16 Jahren angesetzt. Es wird deutlich, dass Eltern mit 27 % auch während der Krise häufiger im Homeoffice arbeiteten als Personen ohne Kinder mit rund 21 %. Entsprechend lag der Anteil derjenigen, die weiterhin beim Arbeitgeber vor Ort arbeiteten, bei den Kinderlosen mit 55 % höher als bei den Eltern mit 51 %. Der Anteil derjenigen, die einen anderen Status hatten, war unter Kinderlosen leicht höher als unter Eltern. Bezogen auf alle Personen, die weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachgingen, lag der Anteil der Eltern im Homeoffice bei über einem Drittel (35 %), verglichen mit 27 % bei kinderlosen Beschäftigten. Im Gegensatz zu der Zeit vor der Coronakrise lag der Anteil der Mütter im Homeoffice im April 2020 leicht höher als derjenige der Väter.
Die Arbeit im Homeoffice ist unter anderem mit der Einsparung von Pendelwegen und einer häufig flexibleren Zeiteinteilung verbunden. In diesem Zusammenhang zeigt Abbildung 5 die durchschnittliche tägliche Zeit (in Stunden), die erwerbstätige Eltern im April 2020 auf Berufstätigkeit, Lehre und Studium (inklusive Pendelwege) sowie auf Haus- und Familienarbeit verwendeten. Verglichen werden hierbei Beschäftigte, die weiterhin vor Ort beim Arbeitgeber arbeiteten, und solche, die hauptsächlich im Homeoffice arbeiteten. Es zeigt sich, dass Eltern im Homeoffice weniger Stunden pro Tag mit Erwerbsarbeit und Pendeln verbrachten als Eltern, die vor Ort beim Arbeitgeber arbeiteten. Bei beiden Geschlechtern liegt die zeitliche Differenz bei 1,3 Stunden: Mütter, die beim Arbeitgeber arbeiteten, verbrachten 6,6 Stunden pro Tag mit Berufstätigkeit, während Mütter im Homeoffice 5,2 Stunden aufwandten. Bei Vätern lagen diese Werte bei 8,3 und 7,0 Stunden. Die Niveauunterschiede zwischen Müttern und Vätern reflektieren dabei unter anderem die deutlich stärkere Verbreitung von Teilzeitarbeit unter Müttern.
Vergleicht man die Zeitverwendung für Haus- und Familienarbeit, so sieht man, dass Väter die durch Homeoffice bei der Berufstätigkeit eingesparte Zeit in Teilen für ein höheres Engagement in der Familie aufwandten: Während Väter, die während des Lockdowns vor Ort beim Arbeitgeber arbeiteten, 4,9 Stunden pro Tag mit Haus- und Familienarbeit verbrachten, waren es bei Vätern im Homeoffice 5,5 Stunden. Bei den Müttern zeigt sich dieses Muster nicht; mit durchschnittlich 8,2 Stunden (beim Arbeitgeber) beziehungsweise 8,0 Stunden (im Homeoffice) verwendeten sie bei beiden Arbeitsorten ähnlich viel Zeit auf Haus- und Familienarbeit.
Insofern die Arbeit von zu Hause die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert, sollten Eltern, die während des Lockdowns im Homeoffice arbeiteten, zufriedener mit diesen Lebensbereichen gewesen sein als Eltern, die vor Ort beim Arbeitgeber arbeiteten. Abbildung 6 vergleicht daher die Zufriedenheit mit der Arbeit und dem Familienleben nach Arbeitsort im April 2020. Dabei zeigten sich bei den Vätern kaum Unterschiede in der Zufriedenheit mit der Arbeit oder dem Familienleben zwischen denjenigen, die beim Arbeitgeber arbeiteten, und denjenigen, die im Homeoffice arbeiteten. In beiden Fällen lag die Arbeitszufriedenheit bei durchschnittlich 6,7 Punkten auf einer Skala von 0 bis 10, die Zufriedenheit mit dem Familienleben bei 7,2 beziehungsweise 7,1 Punkten. Mütter hingegen waren im Homeoffice jeweils circa einen halben Punkt zufriedener als vor Ort beim Arbeitgeber: Die Arbeitszufriedenheit lag bei 6,6 beziehungsweise 6,2 Punkten und die Zufriedenheit mit dem Familienleben bei 7,4 beziehungsweise 6,9 Punkten.
Insgesamt ist somit die Arbeitszufriedenheit bei den Müttern am Arbeitsplatz deutlich niedriger als in den anderen drei betrachteten Gruppen. Dieses Ergebnis ist ein Indiz dafür, dass gerade Mütter in Zeiten der Kita- und Schulschließung vor großen Herausforderungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie standen, sofern sie weiterhin beim Arbeitgeber vor Ort arbeiteten. Umgekehrt formuliert scheinen Mütter für eine möglichst reibungslose Vereinbarkeit stärker auf die Arbeit im Homeoffice angewiesen gewesen zu sein als Väter. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass Müttern in den meisten Familien die Hauptverantwortung für die Familienarbeit zufällt.