Um Ungleichheit in der Nutzung von Homeoffice beurteilen zu können, wird die Situation während des Corona-Lockdowns mit Informationen aus der GIP-Befragung im Januar 2020 verglichen. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten rund 23 % der männlichen, aber nur etwa 16 % der weiblichen Beschäftigten zumindest gelegentlich von zu Hause aus. Auch bei den Gründen für die Nichtnutzung von Homeoffice gibt es Geschlechterunterschiede. So konnte eine andere Studie auf Basis der Daten des Linked Personnel Panel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen, dass der Anteil von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, denen trotz technischer Umsetzbarkeit nicht erlaubt wurde, von zu Hause zu arbeiten, 2014 / 2015 unter Frauen mit 22 % doppelt so hoch war wie unter Männern.
Insbesondere in den ersten Wochen der Kontaktbeschränkungen im Zuge der Coronakrise zeigten sich dagegen kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der Nutzung von Homeoffice. Der Anteil lag bei Männern im Durchschnitt von März und April gut 5 Prozentpunkte höher als bei Frauen. Im Juli fiel der Anteil der Beschäftigten, die ausschließlich oder überwiegend im Homeoffice arbeiteten, bei Männern und Frauen mit etwa 6 % ähnlich niedrig aus. Auffällig ist, dass etwa zwei Drittel der Frauen im Juli wieder ausschließlich vor Ort arbeiteten. Bei den Männern war das nur bei etwas mehr als der Hälfte (55 %) der Fall. Sie praktizierten dafür häufiger einen Wechsel zwischen Homeoffice und Arbeit vor Ort. Somit kehrten Frauen – trotz der anfänglich ähnlichen Anteile im Homeoffice – schneller und umfassender wieder zur Arbeit vor Ort zurück als Männer.
Da in den ersten Wochen der Kontaktbeschränkungen kaum Unterschiede in der Nutzung von Homeoffice zwischen Männern und Frauen zu beobachten waren, kann vermutet werden, dass vor der Pandemie auch kulturelle Faktoren, wie die Einstellungen der Arbeitgeber und Vorgesetzten, einer stärkeren Nutzung von Homeoffice unter Arbeitnehmerinnen im Weg standen. Sollten Betriebe und Vorgesetzte nun positive Erfahrungen mit Homeoffice machen und dies zukünftig mehr Mitarbeiterinnen ermöglichen, so könnte die Corona-Situation in diesem Punkt möglicherweise zu einer Verringerung der Geschlechterunterschiede beitragen. Die Tatsache, dass weibliche Beschäftigte bereits in der Zeit bis Anfang Juli schneller und umfassender wieder zur Arbeit vor Ort zurückgekehrt sind, ist jedoch eher als Zeichen für eine Rückkehr zu den vormaligen Ungleichheiten zu interpretieren.
Die bislang vorliegenden Studien zu den Auswirkungen der Coronapandemie auf die Beschäftigungsstruktur und -entwicklung deuten darauf hin, dass dieses Mal Frauen von den negativen Krisenfolgen stärker betroffen sind als in früheren Wirtschaftskrisen. Während der Finanzmarkt- und Wirtschafskrise 2008 / 2009 wurde Kurzarbeit in Deutschland insbesondere in männlich dominierten Industriesektoren zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit genutzt. Die Erwerbsquoten von Frauen in Teilzeitarbeit und Minijobs sind damals hingegen gestiegen. Auch für die aktuelle Situation liefert die Forschung Hinweise darauf, dass die Verbreitung von Kurzarbeit unter Frauen niedriger ist als unter Männern. Mit den Daten der Mannheimer Corona-Studie können Unterschiede in der Betroffenheit von Kurzarbeit zwischen den Geschlechtern in der zeitlichen Abfolge genauer beleuchtet werden.
Abbildung 3 bezieht sich nur auf jene Personen, die im Analysezeitraum zu mindestens einem Zeitpunkt in Kurzarbeit waren – das trifft auf rund 15 % der Frauen und knapp 24 % der Männer zu – und zeigt deren Beschäftigungsstatus in der ersten, der mittleren und der letzten Befragungswoche. Von Kurzarbeit betroffene Frauen waren häufiger als Männer sehr rasch nach Inkrafttreten der Kontaktbeschränkungen in Kurzarbeit gewechselt. In der Folgezeit sind jedoch mehr Kurzarbeiterinnen schnell wieder zu ihrer regulären Stundenzahl zurückgekehrt, wohingegen sich der Anteil der männlichen Kurzarbeiter später, aber dann stärker erhöht hat. So war Anfang Juli die Hälfte der von Kurzarbeit betroffenen Frauen schon wieder regulär beschäftigt; bei den von Kurzarbeit betroffenen Männern war es nur gut ein Drittel.
Somit ist für Deutschland festzustellen, dass Frauen im bisherigen Verlauf der Coronakrise stärker von Kurzarbeit betroffen waren als in der letzten Wirtschafts- und Finanzkrise, jedoch eher kurzfristige Phasen der Kurzarbeit aufwiesen. Frauen arbeiten eher in jenen Branchen, die unmittelbar und sehr stark von den Kontaktbeschränkungen betroffen waren, beispielsweise Gastronomie, Kultur und Tourismus. Mit der Rücknahme der Beschränkungen ging auch die Kurzarbeit in diesen Branchen zurück. Jedoch zeigen die kurzfristigen Änderungen, dass die Situation fragil bleibt. Daher kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden, ob es im weiteren Verlauf der Pandemie zu einer Verstärkung der Geschlechterungleichheit zuungunsten von Arbeitnehmerinnen kommt.