Der Datenreport befasst sich seit 1985 mit den Lebensbedingungen der Menschen in Deutschland. Besondere Aufmerksamkeit legt die Ausgabe 2021 auf eine ganze Reihe neuer Themen, die das Leben in Deutschland prägen. Nur zwei davon seien an dieser Stelle hervorgehoben: der Klimawandel und die Auswirkungen der Coronapandemie.
Der Klimawandel bildet schon seit Längerem eine zentrale Herausforderung für unser zukünftiges Leben. In den vergangenen Jahren wurde er zu einem wichtigen gesellschaftlichen Thema. Dies zeigte sich nicht nur in den Demonstrationen der Fridays-for-Future-Bewegung, an denen 2019 fast ein Viertel der Jugendlichen in Deutschland teilgenommen hat.
Mehr als 40 % der Bevölkerung machten sich 2019 große Sorgen um den Schutz der Umwelt und die Folgen des Klimawandels. Auch der Anteil der Menschen, die sich für Umwelt- und Naturschutz aktiv engagieren, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das gilt vor allem für die Jüngeren. Unter den 12- bis 25-Jährigen engagierte sich 2019 mehr als ein Drittel für Umwelt- und Tierschutz.
Die Mehrheit der Menschen in Deutschland befürwortet auch Maßnahmen zum Klimaschutz. Vier Fünftel sprachen sich 2017 für die Förderung erneuerbarer Energien durch öffentliche Gelder aus. Der Anteil erneuerbarer Energien lag im Jahr 2019 insgesamt bei 42 % und machte im ersten Quartal 2020 erstmals sogar über die Hälfte des eingespeisten Stroms aus. Mehr als zwei Drittel der Menschen waren 2019 bereit, für den Schutz des Klimas Abstriche beim persönlichen Lebensstandard hinzunehmen. Geringer fiel die Zustimmung zu Abgabenerhöhungen bei fossilen Brennstoffen aus, insbesondere bei Menschen mit niedriger Schulbildung, die häufig über niedrigere Einkommen verfügen dürften.
Ein ganz neues Thema, das die Welt seit dem Frühjahr 2020 in Atem hält und sich auf nahezu alle Bevölkerungsgruppen und Lebensbereiche auswirkt, ist die Coronapandemie. Deren Verlauf und Folgen von Ende März bis Anfang November 2020 werden in diesem Datenreport in einem eigenständigen Kapitel nachgezeichnet. Wie sehr die Krise Wirtschaft und Gesellschaft beeinflusst hat, sehen wir deutlich am Bruttoinlandsprodukt, das 2020 innerhalb weniger Monate tiefer fiel als jemals zuvor, aber auch an den Daten zum Flugverkehr oder zum Gastgewerbe. Die Auswirkungen der sogenannten Hamsterkäufe wurden nicht nur anhand der Bilder von leeren Supermarktregalen sichtbar, sondern auch in den Auswertungen digitaler Kassendaten. Analysen von Mobilfunkdaten zeigen, wie die Menschen in der Krise ihre Mobilität verändert haben, um die Verbreitung des Virus einzuschränken.
Betrachtet man das Infektionsgeschehen und die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie, so zeigen sich erhebliche soziale Ungleichheiten. Betriebliche Instrumente zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, wie Arbeitszeitregelungen, Kurzarbeit und Homeoffice, betrafen häufiger qualifizierte Beschäftigte sowie Personen mit höheren Bildungsabschlüssen. Von finanziellen Problemen infolge der Pandemie berichteten neben Selbstständigen häufiger Menschen mit Migrationshintergrund, Arbeitslose, an- und ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Personen mit niedrigen Einkommen.
Durch die sprunghaft gestiegene Nutzung von Homeoffice hat sich die Arbeitssituation für viele Menschen grundlegend geändert. Arbeiteten vor der Coronakrise nur 5 % häufig oder jeden Tag im Homeoffice, hat sich der Anteil mit 23 % während des Lockdowns im Frühjahr 2020 mehr als vervierfacht. Allerdings gibt es große Unterschiede nach Beruf und Bildungshintergrund: In der unteren Einkommensgruppe arbeiteten beispielsweise Ende März 2020 nur 13 % von zu Hause, in der oberen Einkommensgruppe waren es über 40 %.
Diese Daten und Fakten sind ein kleiner Auszug aus dem "Datenreport 2021 – Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland". Sie helfen dabei, sich ein differenziertes Urteil über den Zustand und die Entwicklung unserer Gesellschaft zu bilden. Dazu bedarf es einer spezifischen Kombination unterschiedlicher Datenquellen. Die amtliche Statistik ist mit ihren umfangreichen, vielfältigen und kontinuierlich durchgeführten Erhebungen nach wie vor der wichtigste Anbieter von Informationen über die Lebensverhältnisse und die gesellschaftliche Entwicklung. Darüber hinaus ergänzen die sogenannten experimentellen Daten das Angebot der amtlichen Statistik. Sie sind als Quelle für aktuelle und schnell verfügbare Indikatoren insbesondere in der Coronakrise unverzichtbar und werden im Datenreport auszugsweise vorgestellt. Die Erfahrung hat aber auch gezeigt, dass eine leistungsfähige sozialwissenschaftliche Datengrundlage für eine aktuelle und differenzierte Sozialberichterstattung ebenso notwendig ist. Sozialwissenschaftliche Erhebungen stellen weitergehende Informationen zu Themen bereit, zum Beispiel subjektive Wahrnehmungen, Einstellungen und Bewertungen. Seit dieser Ausgabe des Datenreports ist das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) als neuer Kooperationspartner hinzugekommen. Das BiB erforscht Fragestellungen zur Bevölkerung in interdisziplinären Teams und führt sozialwissenschaftliche Erhebungen durch.
Die Kapitel des Datenreports sind thematisch gegliedert. Die institutionelle Einbindung der Kapitel wird durch eine farbige Zuordnung unterstützt: Blau markiert die Beiträge des Statistischen Bundesamtes, Orange die des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung und Grün die des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Neben den oben genannten Themen Umwelt, Klimawandel und Corona befassen sich neue Kapitel mit der Digitalisierung der Arbeit, prekären Arbeits- und Lebensbedingungen, der Wahrnehmung von sozialer Ungleichheit, Kinderreichtum, Binnenwanderung, internationaler Mobilität sowie Geschlechterrollen, Arbeitsteilung und dem Ruhestand.
Obwohl seit der deutschen Vereinigung inzwischen 30 Jahre vergangen sind, ist die Frage des Zusammenwachsens und der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland weiterhin von Interesse. Der Datenreport informiert daher über noch vorhandene Disparitäten in verschiedenen Bereichen der Lebensbedingungen sowie über Unterschiede in Verhaltensweisen, Einstellungen und Wertorientierungen, aber auch über die bisher erzielten Erfolge des Vereinigungsprozesses. Parallel dazu wird auch die gerechte Verteilung von Ressourcen in ganz Deutschland in den Blick genommen.
Der Datenreport, der seit 1985 alle zwei bis drei Jahre erscheint, ist ein einzigartiges Gemeinschaftsprojekt von amtlicher Statistik und wissenschaftlicher Sozialberichterstattung, das im Veröffentlichungsprogramm der Bundeszentrale für politische Bildung einen ganz besonderen Stellenwert einnimmt.
Als Sozialbericht hat der Datenreport insbesondere die Aufgabe, dem Informationsbedürfnis der interessierten Öffentlichkeit in einer demokratischen Gesellschaft gerecht zu werden. Mit seiner umfassenden Bilanzierung der Lebensverhältnisse in Deutschland zielt er zudem darauf ab, den Entscheidungsträgerinnen und -trägern in Politik und Wirtschaft handlungsrelevante Informationen zur Verfügung zu stellen. Es wäre vermessen, Daten als "wahr" zu bezeichnen. Aber gute Statistiken und Fakten sind die bestmögliche Annäherung an die Wahrheit. Der Datenreport vermittelt ein Gesellschaftsbild aus nachprüfbaren, methodisch sauber erhobenen Zahlen und bietet im Gegensatz zur persönlichen Alltagserfahrung objektivierbare Informationen. Weiterführende Informationen zu den Daten, die der Veröffentlichung zugrunde liegen, befinden sich im Anhang.