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Guillaume-Affäre
um die Geschichte der sogenannten „Guillaume-Affäre“ erzählen zu können, müssen wir zuerst einen Blick zurück in die Anfänge der 1970er Jahre werfen. Die Bundesrepublik Deutschland erkannte damals die DDR nicht als Staat an. Die Geheimdienste beider Seiten spionierten sich gegenseitig aus. Doch in dieser Zeit entspannten sich die verhärteten Fronten des Kaltes Krieges zwischen Ost und West ein wenig. Das lag auch am Bundeskanzler der Bundesrepublik, dem SPDler Willy Brandt. Er betrieb gegenüber dem Osten erstmals eine Politik der Annäherung. Dazu zählen zum Beispiel der legendäre Kniefall von Warschau, Verträge mit der Sowjetunion und Polen sowie der Grundlagenvertrag zwischen West- und Ostdeutschland. 1972 nahm die Zustimmung für Willy Brandt und seine Reformpolitik gegenüber dem Osten jedoch in der Bundesrepublik – und auch innerhalb in der SPD – ab.
In genau diese Zeit fällt die Spionageaffäre um den DDR-Agenten Günther Guillaume. Guillaume war einer der persönlichen Referenten des Bundeskanzlers. Was Brandt nicht wusste: Guillaume war von der Stasi zum sogenannten „Überläuferkandidaten“ ausgebildet, gezielt in die BRD platziert und auf die SPD angesetzt worden. Jahrelang konnte er für die DDR spionieren, hatte durch seine Stellung Zugang zu geheimen Dokumenten und Informationen – selbst, nachdem im Mai 1973 der Verfassungsschutz anfing, Guillaume wegen erster Hinweise auf seine Agententätigkeit zu beobachten. Fast ein Jahr später, am 24. April 1974, wurden Günther und seine Ehefrau Christel Guillaume schließlich verhaftet.
Keine zwei Wochen später, am 6. Mai, trat Willy Brandt von seinem Amt als Bundeskanzler zurück. Er übernahm damit die Verantwortung für den nachlässigen Umgang mit Geheimdokumenten und Fehler bei der Sicherheitsüberprüfung Guillaumes. Die Spionageaffäre gilt unter Expert/-innen jedoch nur als äußerer Anlass für seinen Rücktritt. Brandts Ostpolitik unter dem Leitmotto „Wandel durch Annäherung“ wurde stark kritisiert. Dadurch hatte er auch den Rückhalt in der Koalition verloren. Brandts Nachfolger wurde der vorherige Finanz- und Wirtschaftsminister Helmut Schmidt. Günther und Christel Guillaume wurden 1975 wegen Landesverrats zu 13 beziehungsweise 8 Jahren Haft verurteilt. Die beiden wurden 1981 vorzeitig entlassen und kehrten in die DDR zurück. Dort wurden sie als Held/-innen gefeiert.