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Staat

Klassisch wird der S. in der Rechtswissenschaft über die Drei-Elemente-Lehre von Jellinek definiert: Der S. besteht danach aus Staatsvolk, Staatsterritorium und Staatsgewalt. Diese Definition ist etwas schlicht und offenkundig unzureichend, denn man hat bei kurzem Nachdenken Schwierigkeiten, zu erklären, warum z. B. die Interner Link: Europäische Union kein S. sein soll. Ein etwas komplexeres Staatsverständnis müsste folgende Bedingungen umfassen: Der S. erscheint als ein Ensemble von Strukturen und Institutionen mit unterschiedlichen – mehr oder weniger gut – aufeinander abgestimmten Interner Link: Kompetenzen, Aufgaben und Funktionen. Zum S. gehört eine gewisse institutionelle Zentralisation von Macht- oder Zwangsmitteln. Der moderne S. ist zu kennzeichnen durch eine unpersönliche, bürokratische, arbeitsteilige Organisation seiner Institutionen, die regelmäßig auf gesetztes Recht gestützt ist und über die Mechanismen, administrative Macht, Recht und Geld, intentional auf die Gesellschaft eines Territoriums einwirkt – unabhängig davon, ob so eine Ordnung oder »Un-Ordnung« hergestellt wird und unabhängig davon, ob die beabsichtigte Wirkung eintritt oder nicht eintritt. Weiter tritt das (Wieder)-Erkennen der Institutionen als staatliche Institutionen durch die Bürger des S. und ihre Reproduktion durch das Handeln der Bürger hinzu, wobei »Erkennen« nicht Akzeptanz oder Einverständnis meint, sondern sich auf ein Identifizieren des S. als S. beschränkt – auch eine brutale Interner Link: Diktatur wird als S. erkannt und dadurch reproduziert. Dem S. wird in diesem Sinne das Öffentliche zugeordnet, das sich vom Privaten unterscheiden lässt. Der S., insbesondere seine Einheit, ist keine vorgegebene Entität, sondern eine gesellschaftliche Konstruktion. Die verschiedenen Institutionen sind von unterschiedlichen Kräfteparallelogrammen durchzogen, und gleichzeitig sind sie Elemente des Kräfteparallelogramms im staatlichen Feld. Siehe auch Interner Link: Verfassung und Interner Link: Gewaltenteilung

Quelle: Das Rechtslexikon. Begriffe, Grundlagen, Zusammenhänge. Lennart Alexy / Andreas Fisahn / Susanne Hähnchen / Tobias Mushoff / Uwe Trepte. Verlag J.H.W. Dietz Nachf. , Bonn, 2. Auflage, 2023. Lizenzausgabe: Bundeszentrale für politische Bildung.

Siehe auch:

Fussnoten