Die christlichen Kirchen und ihre karitativen Einrichtungen (z. B. Caritas, Diakonisches Werk) zählen zu den größten Interner Link: Arbeitgebern in Deutschland. Sie unterliegen grundsätzlich den staatlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften, doch haben Religionsgemeinschaften eine besondere verfassungsrechtliche Stellung, aus der sich erhebliche Unterschiede sowohl im individual- als auch im kollektivarbeitsrechtlichen Bereich ergeben. Durch Art. 140 GG/137 Abs. 3 WRV (Weimarer Reichsverfassung) wird ihnen ein Interner Link: Selbstverwaltungsrecht und -ordnungsrecht hinsichtlich ihrer inneren Angelegenheiten garantiert. Dazu gehört nach Ansicht der Kirchen auch die Gestaltung von Interner Link: Beschäftigungsverhältnissen in ihren Einrichtungen, da zwischen den Beschäftigten und den kirchlichen Arbeitgebern eine Dienstgemeinschaft zur Verwirklichung des religiösen Sendungsauftrags bestehe, und dieser bringe besondere Loyalitätspflichten mit sich. Sie umfassen im Wesentlichen die Ausrichtung an und das aktive Eintreten für die jeweilige Glaubens- und Sittenlehre. Für Pfarrer, Pastoren etc. ist dies unproblematisch. Für privatrechtlich angestellte Interner Link: Arbeitnehmer ergeben sich hieraus jedoch regelmäßig Konflikte, weil geschützte Rechtspositionen (z. B. Kündigungsschutz) aufgrund von vermeintlichen Verstößen gegen die Loyalitätspflichten (z. B. Kirchenaustritt, erneute Heirat nach Scheidung) verletzt werden. Die Interner Link: Rechtsprechung löst diese Konflikte, indem sie die Rechtmäßigkeit solcher Maßnahmen von der Nähe des Betroffenen zum Kernbereich der religiös-theologischen Betätigung der Kirche, dem sog. Verkündungsbereich, abhängig macht. Danach gelten z. B. für Religionslehrer strengere Anforderungen als für z. B. Reinigungskräfte. Diese Lösung findet sich auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wieder. Religionsgemeinschaften dürfen Beschäftigte aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung nur dann ungleich behandeln, wenn dies durch die berufliche Tätigkeit gerechtfertigt ist. Im kollektivarbeitsrechtlichen Bereich wirkt sich das auf die Verfahren zur Bestimmung allgemeiner Arbeitsbedingungen und im Mitbestimmungsrecht aus. Die kirchlichen Arbeitgeber lehnen Tarifverhandlungen ab, mit Ausnahme weniger evangelischer Landeskirchen, und wählen stattdessen einen sog. Dritten Weg. Dabei werden von Arbeitsrechtlichen Kommissionen (Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter) Richtlinien beschlossen. Diese haben im Gegensatz zu Interner Link: Tarifverträgen keine unmittelbare und zwingende Wirkung. Ein Streikrecht der Interner Link: Gewerkschaften im Rahmen des Dritten Wegs besteht, wenn sie nicht ausreichend in die Entscheidungsfindung der Arbeitsrechtlichen Kommissionen eingebunden sind und deren Beschlüsse nicht auch tatsächliche Mindestarbeitsbedingungen darstellen. Dies ist momentan häufig noch der Fall. Da das Interner Link: Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) für kirchliche Einrichtungen nicht anwendbar ist, haben die evangelische und die katholische Kirche eigene Vorschriften zur Vertretung ihrer Beschäftigten durch Mitarbeitervertretungen erlassen. Deren Regelungen sind zwar dem Betriebsverfassungsgesetz nachempfunden, jedoch sind die Einflussmöglichkeiten der Mitarbeitervertretungen im Vergleich mit der eines Interner Link: Betriebsrats geringer.
Quelle: Das Rechtslexikon. Begriffe, Grundlagen, Zusammenhänge. Lennart Alexy / Andreas Fisahn / Susanne Hähnchen / Tobias Mushoff / Uwe Trepte. Verlag J.H.W. Dietz Nachf. , Bonn, 2. Auflage, 2023. Lizenzausgabe: Bundeszentrale für politische Bildung.
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