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Adonis | bpb.de

Adonis

Syrisch-­libanesischer Lyriker und Intellektueller, mit bürgerlichem Namen ʿAlī Aḥmad Saʿīd Isbar. Seit seiner Jugend fas­ziniert vom Mythos des Auferstehungsgottes Adonis, wählte er diesen als Pseudonym. Aufgewachsen in einer traditionellen alawitischen Familie aus der Stadt Qassabin in Nordsyrien, besuchte er ab 1944 eine französische Missionsschule in der Stadt Tartus und nahm 1950 an der Universität Damaskus das Studium auf. Wegen seiner Mitgliedschaft in der Partei «Parti Populaire Syrien» (PPS) musste er elf Monate im Gefängnis verbringen, da diese Partei für die Ermordung des damals sehr populären syrischen Armeeoffiziers ʿAdnān al-Mālikī verantwortlich gemacht wurde. In den Libanon ausgewandert, nahm Adonis im Jahr 1963 die libanesische Staatsbürgerschaft an. 1973 promovierte er an der Université Saint-­Joseph in Beirut und lehrte dann an der libanesischen Universität in Beirut. 1985 wanderte er nach Frankreich aus. Seitdem lebt er abwechselnd in Paris und Beirut. Er erhielt Lehraufträge in Paris sowie an den Universitäten in Genf, Cambridge und Princeton und weilte 2001/02 als Gastmitglied am Wissenschaftskolleg in Berlin. Bereits im Alter von 17 Jahren trat er mit einem Lobgedicht auf den Präsidenten des unabhängigen Syrien Shukrī al-­Quwatlī hervor. 1950 erschien sein erster Gedichtband «Die Erde sprach» mit epischen Gedichten im Geiste der PPS-­Ideologie. In Beirut schrieb er wie viele seiner Zeitgenossen surrealistische Poesie. Seit den 60 er Jahren des letzten Jahrhunderts trat Adonis durch Prosagedichte und Freier-­Vers-­Dichtung hervor. Formal und inhaltlich wendet sich seine Dichtung von klassisch-­arabischer Poesie ab und zeigt sich von abendländischer Dichtung inspiriert. Seine Gedichte verwenden mythische Gestalten und mystische Symbole. In seinen Prosaschriften kritisiert Adonis das arabische Kulturerbe und beschreibt den Islam als Hindernis für Modernisierung und Säkularisierung der Gesellschaft. Wegen seiner kritischen Haltung zum «Arabischen Frühling» und seiner Verteidigung des Assad-­Regimes wird Adonis von etlichen arabischen Intellektuellen scharf kritisiert. Aus manchen seiner Äußerungen lässt sich eine Rechtfertigung der Gräueltaten des Assad-­Regimes ablesen. Die USA und der Westen streben seiner Meinung nach eine Zerstörung Syriens an.

Literatur: Adonis: Ein Grab für New York: Gedichte 1965 – 1971, übersetzt und herausgegeben von Stefan Weidner, 2004. – Weidner, S.: … und sehnen uns nach einem neuen Gott … Poesie und Religion im Werk von Adonis, 2005.

Autor/Autorinnen:Dr. Moien Abu-­Saif, Universität Halle (Saale), Orientalistik AS

Quelle: Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: 6., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018.

Fussnoten