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Weltbild

Der Kosmos wird im Islam regelmäßig als von Gott ­sinnvoll und einsehbar geordnet gedacht. Daher tritt neben den geschriebenen Interner Link: Koran der «kosmische Koran», d. h. die natürliche Ordnung. Das W. des Korans lässt aber keine eindeutige Kosmologie erkennen. Es ist von sieben Himmeln (Sure 2:29 u. a.) und einmal von sieben Erden (Sure 65:12) die Rede, an anderer Stelle davon, dass der Himmel die Erde überwölbt (Sure 20:53 u. a.). Die Erde ist (wie ein Teppich) ausgebreitet (Sure 13:3) und mit Bergen besetzt (Sure 15:19). Die Erde wird von Sonne und Mond erhellt (Sure 25:61), während die Sterne dem Menschen nachts als Wegweiser dienen. Himmel und Erde werden von Gottes Thron überspannt (Sure 2:255), der von Interner Link: Engeln gehalten wird (Sure 69:17) oder auf dem Wasser ruht (Sure 11:7). Die Kosmologie ist im Islam von mehreren Ansätzen her entwickelt worden, die in der Lite­ratur trotz ihrer Widersprüche oft nebeneinander zu finden sind. Die sog. islam. Kosmologie hat naturkundliche und astronom. Elemente in Koran und Interner Link: Hadith gesammelt. Ziel ist dabei nicht die Erkenntnis der Welt, sondern die Erfahrung der Allmacht Gottes durch die Anschauung seiner Interner Link: Schöpfung. Hier dominiert das Bild von hierarch. angeordneten sieben Himmeln über sieben (kugelförmigen) Erden. Darüber oder darunter befindet sich der kosmische Ozean, über allem Gottes Thron, als Stütze der verschiedenen Elemente erscheinen Engel, ein Stier, ein Fisch, eine Antilope oder anderes. Andererseits hat die bald aufgenommene griechische Philosophie und Naturwissenschaft eine große Menge geograph. und astronom. Werke nach sich gezogen. Stark neuplaton. geprägte gnostische Spekulation hat sich in vielfältigen Formen bemüht, Beziehungen zwischen den Himmelskörpern, Elementen, den drei Naturreichen (unbelebter Materie, Pflanzen, Tieren), den Kategorien der aristotel. Philosophie, Zahlen, Buchstaben u. a. herzustellen. Die beschreibende Geographie in der Nachfolge des Ptolemäus kennt eine kugelförmige Erde in der Mitte des Universums, von kugelförmigen Sphären in unterschiedlich schneller Umdrehung als Trägern der Himmelskörper konzentr. umgeben. Drei Viertel der Erde bedeckte der Ozean, nur eine Hälfte der Nordhalbkugel sollte festes Land sein. Innerhalb dieses konzeptuellen Rahmens kam die islam. Geographie, Kartographie und Astronomie zu wichtigen Erkenntnissen. 1513 erscheint auf einer türkischen Karte erstmals die Neue Welt, um 1580 entsteht das erste Buch darüber. 1661 wurde das heliozentr. W. des Kopernikus erstmals rezipiert. Es setzte sich jedoch erst im Laufe des 18. Jh. langsam durch. Das wesentlich auf Tradition und Spekulation beruhende islam. W. ist in der Moderne durch die aus Europa übernommene empir. Naturwissenschaft weitgehend verdrängt worden.

Literatur:Harley, J. B./Woodward, D. (Hg.): The History of Cartography. Bd. 2,1: Cartography in the Traditional Islamic and South Asian Societies, 1992. – Berlekamp, Persis: Wonder, Image, and Cosmos in Medieval Islam, 2011.

Autor/Autorinnen:Prof. Dr. Gottfried Hagen, University of Michigan, Turkish Studies

Quelle: Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: 6., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018.

Fussnoten