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Stiftung

(arab. waqf, pl. auqāf; im Maghreb ḥubs, pl. aḥbās). Die ­islam. frommen S. haben in nahezu jeder vom Islam geprägten Region jahrhundertelang weitgehend unabhängig von staatlicher Einflussnahme wichtige gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Aufgaben im Leben der Muslime wahrgenommen. Das Spektrum reicht vom Bau und Unterhalt der Interner Link: Moscheen, Medresen, Bibliotheken oder anderer öffentlicher Einrichtungen – wie den Unterhalt von Brunnen – über Gehaltszahlungen an Interner Link: Gelehrte und Kultusangestellte bis zur finanziellen Unterstützung von Studenten. Unter dem Einfluss des Interner Link: Kolonialismus – teilweise bereits vorher – hat der Interner Link: Staat einen Teil dieser Funktionen an sich gezogen. Nach Herstellung staatlicher Souveränität haben muslim. Machthaber das islam. Stiftungswesen entweder liquidiert oder unter direkte staatliche Kontrolle gestellt. Den islam. Gelehrten wurde dadurch ihre finanzielle Autonomie entzogen, und sie sind in die Abhängigkeit des Staates geraten. Wichtigste rechtliche Kennzeichen sind die Unveräußerlichkeit und der ewige Charakter des waqf. Das islam. Recht unterscheidet zwischen der gemeinnützigen S. (waqf khairī bzw. ʿāmm), der privaten S. (waqf ahlī bzw. waqf khāṣṣ, waqf dhurrī) sowie einer Mischform (waqf mushtarak). Aufgrund seiner Anpassungsfähigkeit an zeitliche und örtliche Umstände gilt das islam. Stiftungswesen als Beispiel für die Flexibilität des islam. Interner Link: Rechts. Moderne muslim. Intellektuelle erachten die frommen S. als Hinweis auf zivilgesellschaftliche Traditionen im Islam.

Literatur: Kogelmann, F.: Islamische fromme Stiftungen und Staat. Der Wandel in den Beziehungen zwischen einer religiösen Institution und dem marokkanischen Staat seit dem 19. Jahrhundert bis 1937, 1999. – Knost, S. (Hg): Die Organisation des religiösen Raums in Aleppo. Die Rolle der islamischen religiösen Stiftungen (waqf, pl. auqāf) in der Gesellschaft einer Provinzhauptstadt des Osmanischen Reiches an der Wende zum 19. Jahrhundert, 2009.

Autor/Autorinnen:Dr. Franz Kogelmann, Universität Bayreuth, Islamwissenschaft

Quelle: Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: 6., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018.

Fussnoten