Der Verurteilung homosexueller Handlungen im islam. Interner Link: Recht steht eine reiche literar. Tradition homoerot. Anspielungen gegenüber. Dabei wird jedoch nahezu ausschließlich die männliche Homoerotik thematisiert, und das auch nur innerhalb eines bestimmten Rahmens. In einem hierarchisch strukturierten Konzept von Interner Link: Sexualität wird dem «männlich aktiven» Part ungleich mehr Wert beigemessen als dem «weiblich passiven». Wichtig ist das Prinzip der Ungleichheit; die soziale Rolle außerhalb der Sexualität bestimmt auch die sexuelle Rolle. Anders als in Gesellschaften mit strikter Aufteilung in hetero/homosexuell stellte Homoerotik lange Zeit kein Problem dar, solange die Institution Ehe und Familie nicht in Frage gestellt wurde. Temporäre homosexuelle Handlungen können toleriert werden, während das Bekenntnis zu H. in seinem heutigen Verständnis vielerorts als Krankheit wahrgenommen wird. In Folge fehlender Rechtsvorschriften zum Thema im Koran stützen sich Befürworter eines Verbots homosexueller Handlungen auf eine philologisch nicht unumstrittene Interpretation der koranischen Straflegende über den Propheten Lot und auf Interner Link: Hadithe, deren Authentizität als schwach gilt. In den Strafgesetzen fast aller mehrheitlich muslim. Staaten werden homosexuelle Handlungen als abnorme sexuelle Vergehen angesehen und im Allgemeinen analog zu Unzucht (zinā), d. h. sexuelle Penetration außerhalb des rechtlich sanktionierten Rahmens, behandelt. Aufgrund der religiös-normativ abgesicherten familienzentrierten sozialen Struktur existieren homosexuelle Subkulturen oder eine organisierte Bewegung in islamischen Gesellschaften höchstens marginal und informell. Enge Körperkontakte, Händchenhalten oder Küsse zwischen Angehörigen des gleichen Geschlechts in der Öffentlichkeit, oft fälschlicherweise als Zeichen homosexueller Neigungen interpretiert, sind dagegen in einer Kontaktkultur allgemein üblich und das Resultat einer Geschlechtertrennung, bei der enger Kontakt zum anderen Interner Link: Geschlecht nicht selbstverständlich ist. In den letzten Jahren ist männliche und weibliche H. zunehmend in Weblogs oder Ratgeberforen sowie in moderner Literatur und der Popkultur thematisiert worden. Gleichzeitig hat es einige spektakuläre Verhaftungen mit dem Vorwurf der H. gegeben. In Deutschland ist das Thema Homophobie (nicht nur) unter Migranten in den letzten Jahren ins Blickfeld gerückt; an Aufklärungs- und Solidaritätskampagnen beteiligen sich auch muslimische Verbände und Geistliche.
Literatur:Bauer, Th.: «Islam und Homosexualität», in Bauer, Th./B. Höcker/W. Homolka/K. Mertes (Hg): Religion und Homosexualität, 2013, 71 – 89.
Autor/Autorinnen:Dr. Ines Weinrich, Universität Bochum, Arabistik und Islamkunde
Quelle: Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: 6., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018.