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Land Berlin | bpb.de

Land Berlin

Peter Massing

Historischer Hintergrund

Berlin (BE) ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland und zugleich die Hauptstadt Ds sowie Sitz von Parlament und Regierung.

Im Jahr 1237 werden BE und seine Schwesterstadt Cölln zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Nach Gründung des Deutschen Reiches wurde BE Reichshauptstadt und entwickelte sich bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges zu einer europäischen Metropole. Stadtgeschichtlich war das Jahr 1920 von besonderer Bedeutung. Mit dem „Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin“ erhielt die Stadt ihre heutige Gestalt. Acht Städte, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbesitze bildeten die neue Einheitsgemeinde BE. Auf rund 880 qkm lebten jetzt fast vier Mio. Menschen.

Nach der Kapitulation im Mai 1945 stand die Stadt zunächst allein unter sowjetischer Militärverwaltung. Erst Anfang Juli rückten amerikanische und britische, gefolgt von französischen Truppen in die Stadt ein. BE wurde zur Vier-Sektoren-Stadt. Grundlage dieser Entwicklung war das Londoner Protokoll vom 12.09.1944. Es legte fest, dass neben den einzelnen Besatzungszonen ein „besonderes Berliner Gebiet“ gebildet werden sollte, das gemeinsam von den drei Mächten besetzt wurde (in Ergänzung des Protokolls vom 26.07.1945 kam Frankreich als vierte Macht hinzu). Für die gemeinsame Verwaltung des Groß-Berliner Gebietes wurde eine interalliierte Regierungsbehörde, eine Kommandantur, eingerichtet. Die ständigen politischen Auseinandersetzungen zwischen den Großmächten um die weitere Entwicklung Ds eskalierten im Jahre 1948 zu einem offenen Machtkampf um BE, der letztlich in die Berlinblockade mündete, sicherlich die dramatischste in einer Reihe von „Berlinkrisen“. Die Verhältnisse in der Stadt änderten sich danach grundlegend. Um dem Druck und den Störungen der Kommunisten zu entgehen, zogen die Stadtverordnetenversammlung und dann auch der legale, frei gewählte Magistrat in den Westteil der Stadt. Die nächsten freien Wahlen fanden nur in den Westsektoren statt. Im Ostsektor setzte sich die Alleinherrschaft der SED (→ Die Linke) durch. Die wesentlichste rechtliche Rahmenbedingung für die innerstädtische, dt. und internationale Politik bildete der „Berlin-Status“. Obgleich die Sowjetunion ihre Mitarbeit in der Viermächte-Kommandantur eingestellt hatte, hielt sie formal am einheitlichen Status der Stadt fest. Auch die Westmächte hielten sich genau an die ursprünglichen alliierten Rechtsvereinbarungen, die nur alle vier Mächte gemeinsam aufheben konnten. Diese Vereinbarungen bildeten nicht nur die Grundlage ihrer Anwesenheit, sondern waren auch Basis der Sicherheit und der Lebensfähigkeit der Stadt. Immer aber blieb die Entwicklung BEs durch politische Krisen gefährdet. So reagierte die Sowjetunion auf den Streik der Berliner Bauarbeiter vom 16.06.1953, der sich am 17.06 zu einem Aufstand gegen das kommunistische System in der DDR ausweitete, mit der Verhängung des Ausnahmezustandes in Berlin (Ost). Der Einsatz von Panzern ließ den Aufstand noch am selben Tag zusammenbrechen. Am 13.08.1961 kam es dann zum Bau der Mauer. Der Mauerbau war sowohl Höhepunkt als auch Wendepunkt der bisherigen Berlinkrisen. Es wurde deutlich, dass es beide Seiten nicht zu einer weiteren Eskalation des Konfliktes um BE und D kommen lassen wollten. Das Viermächte-Abkommen vom 03.09.1971, das mit den ergänzenden Vereinbarungen über praktische Verbesserungen im Juni 1972 in Kraft trat, beendete die Berlin-Krisen. Mit dem Fall der Mauer und der dt. Einheit endete auch der besondere Status BEs. Der Bundestag entschied sich am 20. Juni 1991 mit knapper Mehrheit für BE als Hauptstadt und Sitz von Regierung und Parlament.

Bevölkerung und Wirtschaft

Bevölkerungsentwicklung

BE ist mit einer Fläche von 890 qkm und einer Einwohnerzahl von ca. 3,7 Mio. (2017) die mit Abstand größte Stadt Ds. Nach einem erheblichen Bevölkerungswachstum in den Jahren nach der Vereinigung (1989 + 64.000) nahm von 1996 an die Bevölkerungszahl von BE ab. Erstmals wieder seit 2001 hat BE eine positive Wanderungsbilanz. Das Wanderungssaldo betrug 2016 ca. 54.000 Personen. Berlin wird nach einer Prognose des Senats auch in den nächsten Jahren wachsen, allerdings weniger dynamisch als bisher angenommen. Der Alterungsprozess der Berliner Bevölkerung setzt sich fort. Der Anteil der Personen, die 65 Jahre und älter sind, ist von 15 2001 auf 19,1 Prozent 2016 gestiegen. In BE lebten Ende 2016 682.000 Personen aus dem Ausland, das sind 18,4 Prozent.

Wirtschaft

Der Westteil der Stadt hatte mit Öffnung der Mauer zunächst erheblich vom Nachfragesog aus den neuen Ländern profitiert. Ab 1993 sind die Wachstumsraten zurückgegangen. Dieser Trend konnte erst im Jahr 2000 gestoppt werden. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat Berlin weniger getroffen und die Wirtschaft entwickelte sich besser als im Bundesdurchschnitt. So lag das Wirtschaftswachstum 2017 bei 3,1 Prozent und damit deutlich über dem durchschnittlichen Wachstum von 2,2 Prozent in D. Das BIP betrug in BE 2017 nominal 136,6 Mrd. € (38.032 € pro Kopf). Damit lag Berlin BE zwar noch unter dem BIP pro Kopf in D (39.477), aber im Vergleich zu den anderen Bundesländern schon an siebter Stelle.

Nach einem tiefgreifenden Strukturwandel infolge der Wiedervereinigung gewinnt die Industrie in BE seit einigen Jahren wieder an Dynamik und ist damit ein positiver Impulsgeber für das Wirtschaftswachstum. Vor allem in den Bereichen Energie, Life Sciences, Informations- und Kommunikationstechnologie, Optik, Mobilität und Mikrosystemtechnik sowie Clean Technologies nimmt BE eine führende Position in D ein. Die Industrie erzielte 2015 eine Bruttowertschöpfung von 10,2 Milliarden Euro. Im Jahr 2015 erwirtschaftete ein Industriebeschäftigter in BE rund 84.300 Euro. Im Bundesländervergleich liegt BE damit auf Platz 6, leicht über dem Bundesdurchschnitt.Vor allem technologieorientierte Standorte wie Adlershof spielten für diese Entwicklung eine wichtige Rolle.

Vor allem aber die Dienstleistungsbereiche waren für das starke Wachstum der Wirtschaft in BE verantwortlich. Sie wuchsen mit 3,9 Prozent deutlich stärker als in jedem anderen Bundesland. Einen erheblichen Beitrag lieferte 2017 der stark von der Internetwirtschaft geprägte Wirtschaftsbereich „Information und Kommunikation“ mit einem preisbereinigten Zuwachs von 9,4 Prozent.

Auch die Unternehmensdienstleistungen inkl. Finanzierung/Vermietung, wo die reale Bruttowertschöpfung 2009 noch stagniert hatte, kehrten 2010 wieder auf den Wachstumspfad zurück. Im Jahr 2017 kam es hier zu einem Wertschöpfungsanstieg von 2,8 Prozent. Bei den öffentlichen und privaten Dienstleistungen, zu denen auch das Gesundheitswesen gehört, erhöhte sich die Wertschöpfung gleichzeitig um 2,1 Prozent. Der Bereich Handel, Gaststätten und Verkehr expandierte seit 2010 nur leicht. Die wachsende Stadt beflügelt auch das Baugewerbe. Die Bruttowertschöpfung stieg hier 2017 um 5,1 Prozent. Das produzierende Gewerbe ohne Baugewerbe schrumpfte dagegen um 2,7 Prozent. Zu diesem Ergebnis trug vor allem das Verarbeitende Gewerbe bei, das um 3,5 Prozent zurückging.

BE ist eine der leistungsstärksten Medien und- IT-Regionen in D. In BE arbeiten 150.000 Menschen in mehr als 10.000 Unternehmen aus der Medien- und Kommunikationswirtschaft.

BE ist mit drei Opernhäusern, zahlreichen Theaterbühnen und einer Vielzahl von Museen ein Kunst- und Kulturzentrum von europäischem Rang und ein internationaler Anziehungspunkt für Kulturschaffende.

BE ist auch einer der größten und vielfältigsten Wissenschaftsstandorte Europas. Es verfügt über vier große Universitäten und über 70 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Hinzu kommen sieben Fachhochschulen und 30 Privathochschulen.

BE profitiert vor allem vom wachsenden Stellenwert als Standort für nationalen und internationalen Städtetourismus. Mit einem Anteil von 11,6 Mrd. Euro an der Bruttowertschöpfung und ca. 235.000 Arbeitsplätzen ist die Tourismusbranche einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt. Seit Jahren steigt die Zahl der Übernachtungen wie in kaum einer anderen Metropole. 2017 lag sie bei über 31 Mio. – ein Rekordergebnis.

Auch die Zahl der Beschäftigten insgesamt ist wieder gestiegen. Mit Stand 30. Juni 2017 waren in BE 1949 Mio. Personen erwerbstätig gegenüber 1894 Mio. 2016. Das waren 2,6 Prozent mehr. Allerdings geht die Arbeitslosenzahl in BE in geringerem Maße zurück als die Beschäftigungszahl zunimmt. Im September 2018 waren in BE rund 152.500 Menschen arbeitslos. Das waren 12.800 weniger als im Jahr davor. Die Arbeitslosenquote betrug zu diesem Zeitpunkt 7,8 gegenüber 8,6 Prozent im Jahr 2016.

Die Zahl der Pendler in BE und Brandenburg hat weiter zugenommen. Zwischen Mitte 2016 und 2017 fuhren täglich fast 300.000 Menschen aus dem Umland zur Arbeit in die Hauptstadt oder umgekehrt – ein Plus von mehr als drei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dabei stieg die Zahl der Brandenburger Einpendler um 3,4 Prozent auf 210.000, die der Berliner, die jeden Tag nach Brandenburg fahren, um 2,6 Prozent auf 87.000.

Das größte Problem für BE ist immer noch seine Finanzlage. Dabei ist es BE gelungen, 2016 einen Haushaltsüberschuss von 1,26 Mrd. Euro und 2017 von 2,10 Mrd. Euro zu erwirtschaften. BE nimmt am Länderfinanzausgleich teil und hat 2016 aus dem Finanzausgleich 4,2 Mrd. Euro bekommen. Damit bleibt BE das größte Nehmerland. Hinzu kommt eine Summe von 2,2 Mrd. durch die Bundesergänzungszuweisungen sowie noch zusätzliche Fördermittel der EU. Seit 2011 (63 Mrd. Schulden) hat BE seine Schulden kontinuierlich abgebaut. Der Schuldenstand des Landes BE lag Ende des Jahres 2017 bei rund 59. Mrd. Euro. Das sind 15.783 € pro Kopf der Bevölkerung. Damit hat BE allerdings den Schwellenwert von 14.619 € pro Kopf wieder überschritten.

Regierungssystem

Verfassung

Am 22. Juni 1995 wurde eine neue Verfassung für BE vom Abgeordnetenhaus beschlossen. Sie löste die Verfassung vom 1. September 1950 ab. Die neue Verfassung wurde am 22. Okt. 1995 durch Volksabstimmung in Kraft gesetzt. Sie enthält einen erweiterten Katalog von Grundrechten und Staatszielen. Die Ergänzung des parlamentarisch-repräsentativen Systems durch eine Volksgesetzgebung (Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid) ist ein wesentlicher Bestandteil der neuen Verfassung. An der Volksinitiative dürfen sich auch in BE lebende Ausländer beteiligen. Die neue Verfassung stärkt auch die Rechte des Landesparlamentes. Das Abgeordnetenhaus muss frühzeitig über Gesetzesinitiativen der Landesregierung, über Staatsverträge sowie über Initiativen des Senats auf Bundes- und europäischer Ebene informiert werden. Das Recht, Enquete-Kommissionen einzusetzen, ist verfassungsrechtlich verankert.

Das Abgeordnetenhaus

Das gesetzgebende Organ in BE ist das Abgeordnetenhaus. Es besteht aus mindestens 130 Abgeordneten und die Legislaturperiode dauert fünf Jahre. Das Abgeordnetenhaus kann sich mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder selbst aufzulösen. Die Wahlperiode kann auch durch Volksentscheid vorzeitig beendet werden. Zu den Aufgaben des Abgeordnetenhauses gehört in erster Linie die Gesetzgebung für das Land BE. Weitere wesentliche Aufgaben des Abgeordnetenhauses sind die Wahl der Landesregierung und des Senats sowie die parlamentarische Kontrolle des Senats und der von ihm geleiteten Verwaltung. Zur Erfüllung seiner Aufgaben bildet das Abgeordnetenhaus aus seinen Mitgliedern Ausschüsse. Für jeden von einem Senatsmitglied verwalteten Geschäftsbereich wird mindestens ein ständiger Ausschuss gebildet. Im Jahre 1977 hat sich das Abgeordnetenhaus grundsätzlich für den „Teilzeitparlamentarier“ entschieden.

Der Senat

In BE wird die Regierung durch den Senat gebildet. Der Senat besteht aus der Regierenden Bürgermeisterin bzw. dem Regierenden Bürgermeister und bis zu zehn Senatorinnen oder Senatoren. Sie/er wird mit der Mehrheit der Mitglieder des Abgeordnetenhauses gewählt. Kommt eine Wahl nach Satz 1 nicht zustande, so findet ein zweiter Wahlgang statt. Kommt die Wahl auch in diesem Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält. Die Senatorinnen und Senatoren werden von der Regierenden Bürgermeisterin bzw. dem Regierenden Bürgermeister ernannt und entlassen. Sie/Er ernennt zwei Senatorinnen oder Senatoren zu seinen Stellvertretern (Bürgermeisterin, Bürgermeister). Die Regierende Bürgermeisterin/der Regierenden Bürgermeister bestimmt mit Zustimmung des Parlaments die Richtlinien der Politik und vertritt BE nach außen.

Verwaltung

Die Organisation der Verwaltung im Stadtstaat BE ist seit 1920 zweistufig. Die Hauptverwaltung ist nach dem Ressortprinzip organisiert, d. h. jeder Senator leitet seinen Geschäftsbereich selbstständig und eigenverantwortlich. Die Hauptverwaltung nimmt die Angelegenheiten wahr, die von übergeordneter Bedeutung sind oder die wegen ihrer Besonderheit einer einheitlichen Regelung bedürfen. Die Bezirke als „Unterstufe“ sind nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung zu beteiligen. Trotz ihrer politischen Organisation sind die Bezirke keine selbstständigen Gemeinden. Das Verwaltungsreform-Grundsatz-Gesetz (VGG) von 1999 hat zum Ziel, für die Verwaltung einen einheitlichen organisatorischen Rahmen im Hinblick auf Bürgerorientierung, Führung und Steuerung sowie Personalmanagement zu geben. Mit der Neugliederung der Bezirke am 1. Jan. 2001 hat sich ihre Zahl von 23 auf 12 reduziert. Die Bezirksverordnetenversammlungen der zwölf Bezirke (BVV), die maximal aus 55 Bezirksverordneten besteht, sind nach der Verfassung von BE Teil der Externer Link: Verwaltung. Aufgaben der BVV sind die Kontrolle des Externer Link: Bezirksamts sowie die Anregung von Verwaltungshandeln.

Die Bezirksämter bestehen ab 1. Jan. 2001 aus einer Bezirksbürgermeisterin bzw. einem Bezirksbürgermeister und vier Stadträtinnen oder Stadträten. Die Senatsverwaltung verfügt gegenüber den Bezirken über ein „allgemeines Eingriffsrecht“, das dann angewendet werden kann, wenn ein „Handeln oder Unterlassen eines Bezirksamtes im Einzelfall dringende Gesamtinteressen Berlins beeinträchtigt“ und mit dem Bezirk keine Verständigung zu erzielen ist. Für die Wahl der Bezirksbürgermeisterin/des Bezirksbürgermeisters ist nach wie vor eine Koalitionsbildung möglich. Die Stadträtinnen und Stadträte sind nach dem Proporz zu wählen und sind für die Dauer der Wahlperiode hauptamtlich als Beamte tätig. Beibehalten wurde der Rat der Bürgermeister, ein wichtiges Bindeglied zwischen Haupt- und Bezirksverwaltungen, der zu grundsätzlichen Fragen der Verwaltung und Gesetzgebung Stellung nimmt.

Gerichtsbarkeit

Die Präsidenten der obersten Landesgerichte werden auf Vorschlag des Senats vom Abgeordnetenhaus gewählt und dann vom Senat ernannt; die übrigen Berufsrichter werden vom Senat auf Lebenszeit ernannt. Bei der erstmaligen Berufung geschieht dies auf Vorschlag des für die einzelnen Gerichtszweige zuständigen Mitglieds des Senats durch die Zustimmung des Richterwahlausschusses. Der Richterwahlausschuss wird vom Abgeordnetenhaus gewählt. Entsprechend Art. 78 VvB besitzt BE ein Landesverfassungsgericht.

Wahlsystem

Nach dem neuen Wahlgesetz vom 22. Dez. 1998 und der Verkleinerung des Abgeordnetenhauses auf 130 Abgeordnete werden 78 Abgeordnete (bisher 90) direkt gewählt. Beibehalten wurde das Stimmverrechnungsverfahren nach Hare/Niemeyer. Wenn eine Partei Überhangmandate erhält, indem sie mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach ihrem Zweitstimmenanteil zustehen, sind bei Abgeordnetenhauswahlen Ausgleichsmandate zuzuteilen, bis die Sitzverteilung wieder dem Zweitstimmen-Verhältnis entspricht.

Bei den Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gilt allein das Verhältniswahlrecht. Direktkandidaten werden nicht aufgestellt. Wahlberechtigt sind außer dt. Staatsbürgern auch Angehörige anderer EU-Mitgliedsländer mit Wohnsitz in Berlin. Seit Oktober 2005 beträgt das Mindestwahlalter 16 Jahre. Bei der Bezirkswahl gilt auf Grund eines Urteils des Landesverfassungsgerichts seit 1999 eine Drei-Prozent-Sperrklausel, bei Abgeordnetenhauswahlen dagegen eine Fünf-Prozent-Hürde.

Parteien

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgte die Genehmigung für die Gründung und die Tätigkeit demokratischer Parteien zuerst in BE Die Entwicklung des Parteiensystems gewann dadurch eine gewisse Vorbildfunktion für das übrige D. Nach der Wiedergründung bzw. Neugründung von KPD, SPD, CDU und LDPD schlossen sich diese vier Parteien am 14.07.1945 in der „antifaschistisch-demokratischen Einheitsfront“ zusammen. Ihr Ziel war es, die Politik der einzelnen Parteien aufeinander abzustimmen. In Wirklichkeit kam es zu ständigen Auseinandersetzungen über die Versuche der KPD, die Vormachtstellung zu erringen. Nach der für BE verhinderten Zwangsvereinigung von KPD und SPD ließen die Alliierten die SPD und die neugegründete SED in allen Sektoren der Stadt gleichberechtigt zu. Für die SED führten die ersten und einzigen freien Wahlen am 20.10.1946 trotz massiver Unterstützung durch die sowjetische Besatzungsmacht zu einem enttäuschenden Ergebnis. Sie erhielt lediglich 19,8 Prozent der Stimmen, die SPD dagegen 48,7. Bis 1975 war die SPD stärkste Partei, zeitweise mit mehr als der Hälfte der Stimmen. Trotz eindeutiger Mehrheitsverhältnisse gab es im Bewusstsein der Gefährdungen und der großen Probleme BEs mit einer kurzen Unterbrechung bis Anfang 1962 immer eine Große Koalition; bis 1955 auch mit Beteiligung der FDP. Erst die deutschlandpolitischen Differenzen zwischen SPD und CDU führten 1963 zu einer SPD/FDP-Koalition, obgleich die SPD mit 63,9 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit erhalten hatte.

Der nächste Koalitionswechsel fand erst 1981 statt. Die CDU bildete zunächst einen Minderheitensenat, der von einigen FDP-Abgeordneten unterstützt wurde; 1983 kam es dann offiziell zur CDU/FDP-Koalition. 1989 wurde dieser Senat dann durch eine Koalition von SPD und Alternativer Liste abgelöst. Nach den Wahlen zum ersten Gesamtberliner Abgeordnetenhaus wurde eine Große Koalition zwischen CDU und SPD gebildet, die über mehrere Legislaturperioden bis 2001 hielt. Vor dem Hintergrund einer brisanten Mischung aus CDU-Parteispenden-Affäre, Bankenskandal und Haushaltskrise verließ die SPD die Koalition und ihr Fraktionsvorsitzender Klaus Wowereit wurde am 16. Juni mit den Stimmen der PDS und der Grünen zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Er bildete einen von der PDS gestützten rot-grünen Minderheitssenat. Nach der Selbstauflösung des Abgeordnetenhauses kam es am 21.10.2001 zu Neuwahlen. Bei dieser Wahl musste die CDU erdrutschartige Verluste hinnehmen. Nach dieser Wahl kam es zu einer Koalition zwischen SPD und PDS mit Klaus Wowereit als Regierendem Bürgermeister. Bei der Wahl vom 17.09.2006 erhielt die SPD 30,8, die CDU 21,3, die Grünen 13,1, die PDS 13,4 und die FDP 7,6 Prozent. Trotz der erheblichen Verluste der PDS wurde die Koalition mit Klaus Wowereit fortgesetzt. Bei der Wahl 2011 erreichte die SPD 28,3, die CDU 23,3, die Grünen 17,6, die Linke (PDS) 11,7, die Piratenpartei 8,9 und die FDP 1,8 Prozent. Die Besonderheit dieses Wahlergebnisses liegt zum einen in dem überaus schwachen Abschneiden der FDP, zum anderen in dem Auftauchen und dem überraschenden Ergebnis der Piraten. Die SPD blieb zwar stärkste Partei, hatte aber wie die Linke erheblich an Stimmen verloren, so dass die Koalition nicht fortgesetzt werden konnte. Die Koalitionsverhandlungen der SPD mit den Grünen scheiterten am Ausbau der Autobahn 100 und es kam zu einer Koalition mit der CDU und Klaus Wowereit wurde als Regierender Bürgermeister wiedergewählt. Am 11. Dezember legte Wowereit sein Amt nieder und Michael Müller, der sich zuvor in einer Urabstimmung der SPD gegen zwei Konkurrenten durchgesetzt hatte, wurde zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Bei der nächsten Wahl am 18.09.2016, gelangten sechs Parteien ins Berliner Abgeordnetenhaus. Dabei wurde Rot-Schwarz deutlich abgewählt. SPD und CDU erhielten das schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit in BE. Die SPD blieb jedoch mit 21,6 Prozent stärkste Kraft. Durch den Einzug der AfD mit 14,2 Prozent war eine Dreier-Koalition erforderlich. Die SPD bildete daraufhin eine Koalition mit der Linken und den Grünen und damit die bundesweit erste rot-rot-grüne Koalition unter SPD Führung. Michael Müller wurde wieder als Regierender Bürgermeister gewählt.

Die Zukunft Berlins

Nach dem Umzug von Parlament und Regierung ist BE immer stärker in die Hauptstadtrolle hineingewachsen und nach Jahren wirtschaftlicher Stagnation geht es wieder aufwärts. Vor allem der Tourismus scheint sich mehr und mehr zum Wachstumsmotor zu entwickeln. Dennoch ist BE in seiner wirtschaftlichen Bedeutung immer noch gering. Experten halten BE zwar für die zukunftsfähigste Metropole weltweit, dies gilt jedoch vor allem in Bezug auf die Lebensqualität. Die Stadt punktet hier durch ihre Kultur, ihre Wissenschaft, ihre schnell wachsende Startup Szene, vor allem aber durch ihre intakte Umwelt. Dennoch gibt es auch – wie in allen Ballungszentren – zahlreiche Problemfelder. An der Spitze stehen hier sicherlich der Hauptstadtflughafen (BER), dessen Fertigstellung nun schon seit Jahren auf sich warten lässt und die zunehmend steigenden Lebenshaltungskosten, insbesondere der deutlich verstärkte Mietenanstieg.

Zahlenangaben:

Das Datenmaterial wurde dem „Statistischen Jahrbuch Berlin 2018“, Hg. vom Statistischen Landesamt Berlin, und der „Kleinen Berlin Statistik 2018“, Hg. Vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg

Ein Teil der Zahlen stammt aus:

Externer Link: https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/ und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Wirtschafts- und Innovationsbericht Berlin 2017/2018.

Quelle: Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 8., aktual. Aufl. Heidelberg: Springer VS 2021. Autor des Artikels: Peter Massing

Fussnoten