Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Vertrauensfrage | bpb.de

Vertrauensfrage

Gerd Schneider Christiane Toyka-Seid

Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) stellte am 20. September 1972 vor dem Bundestag die Vertrauensfrage. Wie erwartet entzogen die Abgeordneten dem Bundeskanzler das Vertrauen. Zum ersten Mal kam es dann zu vorzeitigen Neuwahlen des Bundestages. (© dpa)

Vertraut die Mehrheit der Abgeordneten dem/der Regierungschef/-in?

Der Name sagt ziemlich genau das, was gemeint ist: Wenn der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin nicht sicher ist, ob er oder sie im Bundestag noch das Vertrauen der Mehrheit der Abgeordneten hat, kann er/sie eine entsprechende Frage stellen: "Habt ihr noch Vertrauen in meine Arbeit und wollt ihr, dass ich auch weiterhin Bundeskanzler/in bleibe?"

Die Abgeordneten stimmen ab

Wenn eine Mehrheit der Abgeordneten dem Bundeskanzler das Vertrauen ausspricht, bleibt der Bundeskanzler im Amt. Wenn eine Mehrheit sagt, wir wollen diesen Bundeskanzler oder diese Bundeskanzlerin nicht mehr als Regierungschef/-in haben, treten der/die Bundeskanzler/-in und seine/ihre Regierung zurück. Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin kann dann das Parlament innerhalb einer Frist von 21 Tagen auflösen und Neuwahlen verkünden. Diese müssen nach 60 Tagen stattfinden. Wenn aber der Bundestag einen anderen Bundeskanzler oder eine andere Bundeskanzlerin wählt, dann darf das Parlament nicht aufgelöst werden.

Für Expertinnen und Experten: Wann bisher Vertrauensfragen stattfanden

In der Bundesrepublik Deutschland wurde bisher fünfmal von einem Bundeskanzler die Vertrauensfrage gestellt. 1982 stellte Bundeskanzler Helmut Schmidt und 2001 Bundeskanzler Gerhard Schröder im Bundestag die Vertrauensfrage. Eine Mehrheit der Abgeordneten sprach ihnen ihr Vertrauen aus und die Kanzler blieben im Amt. Drei andere Vertrauensfragen führten zur Auflösung des Bundestages. Als Willy Brandt 1972, 1982 dann Helmut Kohl und 2005 nochmal Gerhard Schröder die Vertrauensfrage stellten, erhielten sie keine Mehrheit. Die drei Bundeskanzler wollten damals die Vertrauensfrage verlieren und auf diese Weise Neuwahlen erreichen. In allen drei Fällen wurde dann auch nach der verlorenen Vertrauensfrage vom Bundespräsidenten der Bundestag aufgelöst und Neuwahlen fanden statt.

Quelle: Gerd Schneider / Christiane Toyka-Seid: Das junge Politik-Lexikon von www.hanisauland.de, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2024.

Fussnoten