Zur Z. werden Gruppen und Vereinigungen gezählt, die im Zwischenbereich von privat und staatlich für Staat und Gesellschaft wichtige Aufgaben übernehmen bzw. selbstverantwortlich regeln (Bürgerinitiativen, Verbände, etc.). Auf EU-Ebene wird seit Ende der 1990er-Jahre die Rolle der Z. diskutiert. Die Debatte steht im Zusammenhang mit dem sog. Demokratiedefizit der EU. Die EU-Kommission und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss entdeckten die Z. als Quelle, um die Akzeptanz der europ. Politik bei den Bürgerinnen und Bürgern zu stärken, und sie entwickelten Konzepte und Strategien zur verbesserten Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure in die Entscheidungsverfahren der EU. So fordert die EU-Kommission im »Weißbuch zum Europäischen Regieren« (2001), dass die Institutionen der EU »aktiver mit der breiten Öffentlichkeit über Europafragen kommunizieren« und dabei auf »Netzwerke, gesellschaftliche Basisgruppen« zurückgreifen sollten. In der Praxis verwendet die Kommission das Stichwort Z. häufig synonym für die im Umfeld der Kommission tätigen Lobby- und Interessengruppen und sieht eine von zivilgesellschaftlichen Vereinigungen getragene europ. Öffentlichkeit eher als Instrument zur Information und besseren politischen Akzeptanz denn als Instrument zur politischen Kontrolle an.
Literatur
E. G. Heidbreder: Civil society participation in EU governance, in: Living Reviews in European Governance, No. 2/2012 (Download: www.livingreviews.org).
B. Kohler-Koch: Civil society and EU democracy: ›astroturf‹ representation?, in: Journal of European Public Policy, H. 1/2010, S. 100-116.
M. Knodt/B. Finke (Hg.): Europäisierung der Zivilgesellschaft. Konzepte, Akteure, Strategien, Wiesbaden 2006.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Knodt