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Vertrag von Amsterdam | bpb.de

Vertrag von Amsterdam

A. Maurer

Der V. ist das Ergebnis 2-jähriger Verhandlungen im Rahmen einer Konferenz von Regierungsvertretern der Mitgliedstaaten der EU. Er wurde am 17.7.1997 in Amsterdam angenommen, am 2.10.1997 unterzeichnet und trat am 1.5.1999 in Kraft. Die Regierungskonferenz war bereits im Maastrichter Vertrag (1993) ausdrücklich vorgesehen, um einige seiner Bestimmungen einer Revision zu unterziehen. Im ersten Halbjahr 1995 erstellte daher jedes EU-Organ einen Bericht über die Funktionsweise des Maastrichter Vertrages. Anschließend richtete der Europäische Rat eine sog. »Reflexionsgruppe« unter dem Vorsitz von Carlos Westendorp ein, dem span. Europaminister, die die Berichte prüfte und das Ergebnis im Dezember 1995 dem Europäischen Rat von Madrid vorlegte. Nach Anhörung der Kommission und des Europäischen Parlaments (EP) eröffnete der Europäische Rat von Turin (29.3.1996) dann die Verhandlungen (Florenz, Juni 1996; Dublin I, Oktober 1996; Dublin II, Dezember 1996; informeller Außenministerrat Noordwijk, Mai 1997). Nach 15 Monaten war eine Einigung über den Vertrag von Amsterdam erreicht. Die Regierungskonferenz hatte 3 übergeordnete Ziele:

1. sollten die Handlungsmöglichkeiten der EU in verschiedenen Politikbereichen durch Reformen erhöht werden (v. a. Innen- und Justizpolitik sowie die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, GASP).

2. sollte die Bürgernähe der EU verbessert werden (u. a. durch die Weiterentwicklung der sozialen und ökologischen Dimension der EU, eine weiterreichende Demokratisierung der Entscheidungsprozesse, größere Transparenz der Verfahrensabläufe in den Organen sowie die konkrete Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips, das im Maastrichter Vertrag eingeführt worden war).

3. sollten die Institutionen der EU im Hinblick auf die bevorstehende Osterweiterung reformiert werden.

Bei den institutionellen Reformen brachte der Vertrag keinen Durchbruch, dafür wurden in Amsterdam beachtliche Fortschritte in der Innen- und Justizpolitik erreicht (Visa-, Asyl- und Einwanderungspolitik, Außengrenzenkontrollpolitik, Rechtshilfe in Zivilsachen und Zusammenarbeit des Zolls). Der Vertrag fixierte außerdem eine vertiefte polizeiliche Zusammenarbeit, die Weiterentwicklung des Europäischen Polizeiamtes Europol, und er band die aus dem EU-Rahmen herausgelöste Schengen-Zusammenarbeit wieder in den EG-Vertrag ein. Ferner führte er das Amt eines »Hohen Vertreters« für die GASP ein, das vom Generalsekretär des Rates ausgeübt wird. Zur besseren Vorbereitung der GASP-Beschlüsse wurde eine Strategieplanungs- und Frühwarneinheit eingerichtet. Zusätzlich wurde für alle GASP-Beschlüsse, die dem Einstimmigkeitsprinzip unterliegen, das Instrument der »konstruktiven Enthaltung« geschaffen, wonach EU-Staaten, die einem Beschluss nicht zustimmen wollen, dessen Zustandekommen durch ihr Veto nicht verhindern. Zur Verbesserung der Bürgernähe wurden die Kompetenzen der EG gestärkt (in der Umwelt-, Sozial-, Gleichstellungspolitik) und der Grundrechtsschutz vorsichtig ausgebaut. Die institutionellen Reformen stärkten v. a. das Europäische Parlament. Das sog. Mitentscheidungsverfahren (Parlament und Rat wirken gleichberechtigt an neuen Gesetzen mit) wurde vereinfacht und von bisher 15 auf 38 Politikfelder ausgeweitet.

Literatur

  • M. Jopp/A. Maurer/O. Schmuck (Hg.): Die Europäische Union nach Amsterdam, Bonn 1998.

  • W. Weidenfeld (Hg.): Amsterdam in der Analyse, 2. Aufl., Gütersloh 1999.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: A. Maurer

Siehe auch:

Fussnoten

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