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Ratspräsidentschaft | bpb.de

Ratspräsidentschaft

A. Maurer

Die halbjährlich wechselnde R. organisiert und leitet die Arbeit des Ministerrates. Die Position des Ministerratsvorsitzenden übernimmt dabei Minister des Landes, das die R. gerade innehat. Die Reihenfolge der Mitgliedstaaten legt ein Beschluss des Rates vom 12.12.2005 bis zum Jahr 2018 fest. Die R. übernimmt organisatorische Pflichten wie die Koordinierung und Vorbereitung der Ministerratstagungen. Dies umfasst alle Ebenen des Ministerrates – von den rund 100 offiziellen und informellen Ministertreffen bis zu den wöchentlichen Sitzungen des Ausschusses der Ständigen Vertreter (COREPER) und den rund 1.500 Sitzungen der Ratsarbeitsgruppen. Bei all diesen Ratstreffen führt die Ratspräsidentschaft den Vorsitz. Sie schlägt die Tagesordnung vor und unterbreitet Lösungsvorschläge, wenn Verhandlungen ins Stocken geraten. Bis zum Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon war die rotierende R. zudem für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zuständig, vertrat die EU hierbei nach außen und war Ansprechpartner für Drittstaaten. Diese Funktionen hat seit dem 1.12.2009 der Hohe Vertreter der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik übernommen. Zu den wesentlichen Aufgaben einer R. gehört auch die Initiativ- und Vermittlungsfunktion. Durch die Möglichkeit, selbst Initiativen in den Verhandlungsprozess einbringen zu dürfen, kann die R. politische Führung demonstrieren. Doch kollidiert dies oftmals mit ihrer Vermittlungsfunktion. Idealerweise übernimmt die R. im Verhandlungsprozess der EU die Rolle des »ehrlichen Maklers«, der zwischen den Positionen der Mitgliedstaaten vermittelt. Außerdem hat sie noch eine Koordinationsfunktion, die sich auf die Aufgaben innerhalb des Ministerratssystems sowie die Zusammenarbeit mit der Kommission und dem Europäischem Parlament (EP) bezieht. Um Effizienz und Sichtbarkeit der Union zu verbessern, reformierte der Vertrag von Lissabon (2009) das System der Ratspräsidentschaft grundlegend. Der Vorsitz des Europäischen Rates sowie derjenige der Eurogruppe obliegt nun einem jeweils für zweieinhalb Jahre gewählten Präsidenten. Der Vorsitz des für Auswärtige Angelegenheiten zuständigen Ministerrates liegt dagegen bei der für 5 Jahre als Vizepräsident der Kommission vom EP und dem Ministerrat ernannte Hohe Vertreter der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik.

Literatur

  • P. Alexandrova/A. Timmermans: National interest versus the common good: The Presidency in European Council agenda setting, in: European Journal of Political Research, H. 3/2013, S. 316-383.

  • D. Kietz/V. Perthes (Hg.): Handlungsspielräume einer EU-Ratspräsidentschaft. Eine Funktionsanalyse des deutschen Vorsitzes im ersten Halbjahr 2007, Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Studie, Nr. S 24, Berlin 2007.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: A. Maurer

Fussnoten

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