Der Begriff N. [dt.: Nichtpapier] umfasst im diplomatischen Sprachgebrauch der EU Schriftstücke wie etwa Vertragsentwürfe, die z. B. von der EU-Ratspräsidentschaft den Vertretern der anderen EU-Staaten informell vorlegt werden, um die Akzeptanz von Vorschlägen zu testen. Stößt ein solches Papier auf Widerstand, kann die Ratspräsidentschaft es jederzeit zurückziehen, weil es kein offizielles Dokument ist. Die luxemb. Ratspräsidentschaft hatte z. B. im Rahmen der Verhandlungen zum Vertrag von Maastricht am 17.4.1991 einen Vertragsentwurf zur Errichtung einer »Politischen Union« als N. deklariert. Das vom Präsidium des Verfassungskonvents (Vorsitz: Valéry Giscard d’Estaing) am 28./29.10.2002 vorgelegte 4-seitige Papier, das die Struktur (»Skelett«) einer künftigen EU-Verfassung skizzierte, wurde ebenfalls zum N. erklärt wie ein von Deutschland und Frankreich im November 2019 vorgelegtes Konzept zur Organisation einer »Konferenz zur Zukunft Europas«.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Große Hüttmann