Neben der Handels- und Entwicklungspolitik bildet die GASP einen Hauptbereich in den Außenbeziehungen der EU. Zu den Zielen der GASP zählt die Wahrung der Werte, grundlegenden Interessen, Sicherheit sowie Unabhängigkeit und Unversehrtheit der EU; die Festigung und Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten; die Friedenserhaltung und Stärkung der internationalen Sicherheit. Mit dem Vertrag von Lissabon (2009) kommen z. B. die Förderung der nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in den Entwicklungsländern hinzu – mit dem vorrangigen Ziel, die Armut zu beseitigen – sowie die Erhaltung und Verbesserung der Umweltpolitik (Art. 21-46 EUV). Insgesamt will die EU mittels der GASP einen Beitrag zur Friedenssicherung leisten, und sie orientiert sich dabei an einem multilateralen Ordnungskonzept. Die GASP hat zu einer beträchtlichen Stärkung des internationalen Profils der EU beigetragen. Sie war und wird von den Mitgliedstaaten bestimmt und kontrolliert. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass der Rat der Außenminister das zentrale EU-Organ für die GASP ist. Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes 1989/90 stellte sich die Frage, welche außen- und sicherheitspolitische Rolle die EU übernehmen solle und könne. Der Maastrichter Vertrag (1993) schuf die Grundlagen für die GASP, doch war der Konsens zwischen den EU-Mitgliedstaaten nicht ausreichend, um den Wirkungsgrad des außenpolitischen Handelns der EU entscheidend zu vergrößern. Die erste Reform der GASP kam 1999 mit dem Amsterdamer Vertrag. Dieser präzisierte die außen- und sicherheitspolitische Rolle der EU und ermöglichte einige institutionelle Neuerungen. Einen Fortschritt brachte auch das neue Amt eines Hohen Vertreters für die GASP. Allerdings kam die EU aus der Kluft zwischen Erwartungen und verfügbaren Handlungsinstrumenten nicht heraus. Dies lag auch an der Zurückhaltung der EU-Staaten, Kompetenzen in der Außen- und Sicherheitspolitik an die EU abzugeben. Ein weiterer Reformschritt folgte 2003 mit dem Vertrag von Nizza, um die Effektivität der GASP zu erhöhen. Doch da die GASP weiterhin unter der Kontrolle der Mitgliedstaaten steht, blieb z. B. die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen im Bereich der GASP nur auf einzelne Bereiche beschränkt. Einen bemerkenswerten Durchbruch für die GASP hätte der 2005 gescheiterte Verfassungsvertrag gebracht, in dem u. a. das Amt eines Außenministers der EU vorgesehen war. Im Vertrag von Lissabon (2009) wurden die GASP-relevanten Bereiche des Verfassungsvertrags jedoch weitgehend übernommen, wenngleich der Begriff des Außenministers nicht mehr vorkommt. Weiterhin bleibt jedoch die Frage aktuell, inwiefern die Außen- und Sicherheitspolitik der EU als »gemeinsam« bezeichnet werden kann.
Literatur
F. Algieri: Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik als Spiegelbild eines Integrationsprozesses im Wandel, in: P. Becker/B. Lippert (Hg.), Handbuch Europäische Union, Wiesbaden 2020.
F. Algieri: Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Wien 2010.
A. Bendiek: Europa verteidigen. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Stuttgart 2018.
E. Regelsberger, Von Nizza nach Lissabon – das neue konstitutionelle Angebot für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, in: integration, H. 3/2008, S. 266-280.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: F. Algieri