Durch das F. können die nationalen Parlamente der EU-Staaten sicherstellen, dass bei Gesetzesinitiativen der EU das Subsidiaritätsprinzip angewendet wird. Wie im Vertrag von Lissabon (2009) festgelegt, erhalten die Parlamente neue EU-Gesetzesvorschläge noch vor Beginn des Gesetzgebungsverfahrens. Innerhalb von 8 Wochen können sie in einer begründeten Stellungnahme an das Europäische Parlament (EP), den Rat bzw. die Kommission erläutern, ob und weshalb sie eine Subsidiaritätsverletzung vermuten. Nimmt 1/3 der nationalen Parlamente eine solche an, muss der Entwurf überprüft werden. Die Kommission kann ihn beibehalten, ändern oder zurückziehen, muss das aber begründen. Falls die nationalen Parlamente mit einfacher Mehrheit das Subsidiaritätsprinzip verletzt sehen und die Kommission den Gesetzentwurf nicht zurückzieht, werden die Stellungnahmen von Kommission und Parlamenten an den europ. Gesetzgeber (EP und Rat) übermittelt. Teilen 55 % des Rates oder eine Mehrheit im EP die Sicht der nationalen Parlamente, wird das Gesetzgebungsverfahren eingestellt.
Literatur
M. Chardon: Mehr Transparenz und Demokratie – Die Rolle der nationalen Parlamente nach dem Vertrag von Lissabon, in: W. Weidenfeld (Hg.), Lissabon in der Analyse. Der Reformvertrag der Europäischen Union, Baden-Baden 2008, S. 171-185.
I. Cooper: National parliaments in the democratic politics of the EU: the subsidiarity early warning mechanism, 2009–2017, in: Comparative European Politics, H. 6/2019, S. 919-936.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Chardon
Siehe auch: