Seit vielen Jahren wird über die Einführung einer E. diskutiert, die die EU von den Mitgliedstaaten unabhängiger machen würde. Es wurden so unterschiedliche Steuerarten vorgeschlagen wie die Einführung einer neuen EU-Verbrauchssteuer (z. B. auf Tabak, Alkohol oder Kerosin), einer Luftfahrtgebühr, einer eigenen CO2-Abgabe, der Besteuerung des Finanzsektors oder eine E. als Teil der Besteuerung von Unternehmen bzw. als Teil der Mehrwertsteuer. Die Befürworter einer E. argumentieren, dass neben der integrationspolitisch wünschenswerten größeren Unabhängigkeit des EU-Haushalts von den Beiträgen der Mitgliedstaaten auch die Haushaltsfinanzierung für die europ. Steuerzahler transparenter und nachvollziehbarer werde. Durch die direkte Verbindung zwischen Haushalt und Bürgern steige die Kostentransparenz und die Rechenschaftspflicht der EU. Dies erhöhe die haushaltspolitische Verantwortlichkeit und könne tendenziell kostendämpfend wirken. Insgesamt sollte es zu einer deutlicheren Orientierung des Haushalts an allgemeinen europ. Interessen sowie am gemeinsamen Nutzen kommen. Auf der anderen Seite verweisen die Gegner einer E. stets darauf, dass die Möglichkeit, Steuern zu erheben, ein zentraler Schritt auf dem Weg zu einer europ. Staatlichkeit wäre. Eine E. löse zwangsläufig einen neuen Zentralisierungsschub aus, denn sie erfordere die europaweite Harmonisierung der nationalen Steuerpolitik. Dies wiederum führe unabwendbar zu einer Aufweichung der europ. Haushaltsdisziplin.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: P. Becker