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Europawahlen | bpb.de

Europawahlen

R. Hrbek

E. werden seit 1979 alle 5 Jahre als allgemeine, freie und direkte Wahlen in den Mitgliedstaaten der EG abgehalten. Sie wurden 1976 durch einen Beschluss des Rates eingeführt, der auch die Zahl der Mandate und ihre Verteilung auf die Mitgliedstaaten (nicht strikt proportional, sondern mit Übergewicht der kleineren Staaten) bestimmte. Dies ist jetzt vertraglich geregelt.

Es gibt noch keinen Beschluss über ein einheitliches Wahlsystem; alle Mitgliedstaaten praktizieren inzwischen Verhältniswahl. Es gibt einen einheitlichen Wahltermin innerhalb einer Spanne von 4 Tagen (Donnerstag bis Sonntag), um traditionellen nationalen Wahltagen zu entsprechen. Kandidatenauswahl und Wahlkampf erfolgen im nationalen Rahmen; es gibt (noch) keine transnationalen Listen. 2004 haben die Grünen ansatzweise einen gemeinsamen transnationalen Wahlkampf geführt. Mit der Einführung der »Unionsbürgerschaft« im Vertrag von Maastricht (1992) können Unionsbürger das aktive und passive Wahlrecht in ihrem Wohnsitzland ausüben. Generell gilt, dass die Parteien die E. als »Zwischen-« oder »Testwahlen« verwenden. Das erklärt, warum Oppositionsparteien meist besser abschneiden, während Regierungsparteien mit »Denkzetteln« rechnen müssen. Im Unterschied zu nationalen Wahlen geht es bei E. nicht um Machtverteilung, d. h. Regierungsbildung. Mit der Entscheidung zugunsten von E. waren folgende Erwartungen verbunden:

  • die Beseitigung des Doppelmandats (Abgeordnete waren gleichzeitig Vertreter des nationalen wie auch des Europäischen Parlaments), also ein professionelleres Parlament in Straßburg;

  • die Ausweitung und Stärkung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments (EP);

  • die bessere Rückkopplung zur nationalen Ebene, also mehr Legitimität im EG-/EU-System.

Die Wahlbeteiligung liegt bei E., ähnlich wie bei anderen »Zwischenwahlen«, niedriger als bei nationalen Wahlen. Sie ist insgesamt seit 1979 von 63 % auf 43 % (2009 und 2014) gesunken; dabei gibt es deutliche nationale Unterschiede (z. B. gilt in einzelnen Staaten Wahlpflicht). Dieser Rückgang wird z. T. auf Veränderungen in der europapolitischen Grundeinstellung der Wählerschaft (Skepsis bis Ablehnung) zurückgeführt. Obwohl das EP über das Recht auf Mitentscheidung sehr gestärkt wurde und im Rechtsetzungsverfahren immer wieder erfolgreich Belange der Wählerschaft durchsetzen kann, wirkt sich das nicht in größerer Zustimmung bei E. aus. Der Zuwachs der Wahlbeteiligung 2019 auf über 50 % liegt auch in Veränderungen nationaler Parteiensysteme mit der Folge intensiverer Konkurrenz bei der E. als Testwahl begründet. Die gewählten Abgeordneten bilden politische Fraktionen, die die großen Parteifamilien/-strömungen widerspiegeln; innerhalb der Fraktionen konstituieren sich nationale Untergruppen. Die bisherigen Ergebnisse der E. zeigten zunächst die Dominanz von 2 großen Fraktionen, die sich in der Spitzenposition abgewechselt haben; hinzu kommen kleinere Fraktionen mit Abgeordneten aus meist kleineren nationalen Parteien. Insgesamt spiegelt das EP das breite Parteienspektrum in den Mitgliedstaaten mit teilweise gravierenden Veränderungen. Das erklärt auch das Ende der Dominanz der zwei größten Fraktionen bei der E. 2019; für Mehrheiten müssen mindestens 3 Fraktionen kooperieren. Bei den Europawahlen 2014 und 2019 sind die politischen Parteien erstmals mit »Spitzenkandidaten« angetreten.

Internet

Literatur

  • R. Hrbek: Europawahl 2014: Kontinuität und neue Facetten, in: integration, H. 3/2014, S. 205-227.

  • R. Hrbek: Europawahl 2019: neue politische Konstellation für die Wahlperiode 2019-2024, in: integration, H. 3/2019, S. 167-186.

  • O. Niedermayer: Von der »nationalen Nebenwahl« zur »europäisierten Wahl«? Die Wahl zum Europäischen Parlament vom 26. Mai 2019, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, H. 4/2019, S. 691-714.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: R. Hrbek

Siehe auch:

Fussnoten

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