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Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) | bpb.de

Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA)

M. Große Hüttmann

Der EWSA ist ein beratendes Gremium der EU, in dem soziale und wirtschaftliche Interessenvertreter die EU-Organe (Rat, Kommission und Europäisches Parlament) unterstützen und Vorschläge zu Gesetzesinitiativen einbringen (Art. 13 EUV, Art. 300-304 AEUV). Im EWSA sind 350 Mitglieder aus den (nach dem Austritt Großbritanniens) 27 EU-Staaten vertreten; Deutschland entsendet 24 Mitglieder (Stand: 2019). Der EWSA trifft sich jährlich zu 9 Plenartagungen und beschließt etwa 150 Stellungnahmen. Die Mitglieder werden von den EU-Staaten für 5Jahre ernannt; sie teilen sich nach ihrer beruflichen Herkunft in 3 verschiedene Gruppen:

• Arbeitgeber (Gruppe I),

• Arbeitnehmer (Gruppe II) und

• »verschiedene Interessen« (Gruppe III).

Die zuletzt genannte Gruppe ist am wenigsten einheitlich, in ihr sind u. a. Verbraucherschutzverbände, Familienorganisationen und Bauernverbände, aber auch klein- und mittelständische Unternehmer vertreten. Der EWSA ist intern nach Fachgruppen gegliedert (z. B. Binnenmarkt, Landwirtschaft). Die insgesamt wenig homogene Zusammensetzung des EWSA erschwert mitunter die Erarbeitung von gemeinsamen Positionen. Der EWSA wurde bereits mit den Römischen Verträgen (1957) eingeführt, seine institutionelle Struktur ist u. a. angelehnt am Modell entsprechender Ausschüsse, wie sie in den EG-Mitgliedstaaten existieren. Die Politikfelder, in denen sich der EWSA im Gesetzgebungsprozess einbringt, wurden nach und nach ausgeweitet: Nach dem Vertrag von Nizza (2000) wird der EWSA u. a. in der Beschäftigungs- und Sozialpolitik angehört; es wird unterschieden zwischen obligatorischen, also verpflichtenden, und fakultativen, d. h. freiwilligen, Anhörungsrechten. Die EU-Kommission ist in den letzten Jahren verstärkt dazu übergegangen, den EWSA auf freiwilliger Basis zu Stellungnahmen aufzurufen, um das in den Fachgruppen des EWSA vorhandene Expertenwissen zu nutzen. Der EWSA kann darüber hinaus auch ohne Aufforderung aktiv werden und sog. Initiativstellungnahmen vorlegen. Seit Ende der 1990er-Jahre hat sich der EWSA um ein neues Leitbild bemüht; er versteht sich als »Brücke« zur sog. »organisierten europäischen Zivilgesellschaft«. Durch zahlreiche Stellungnahmen und die Organisation von Konferenzen und Workshops hat der EWSA seine Stellung im EU-System trotz seiner begrenzten rechtlichen Einflussmöglichkeiten und der wachsenden Konkurrenz zu institutionell nicht gebundenen Lobbygruppen sichern können.

Der Vertrag von Lissabon (2009) erhöht die Amtszeit der Mitglieder des EWSA von 4 auf 5 Jahre (Art. 302 Abs. 1 AEUV) und gleicht sie damit der Legislaturperiode des Europäischen Parlaments an. Der Präsident des EWSA ist seit April 2018 der ital. Politiker Luca Jahier.

Internet

Literatur

  • D. Dialer/T. Walli: Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, in: W. Weidenfeld/W. Wessels (Hg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 2019, Baden-Baden 2019, S. 151-154.

  • M. Westlake: The European Economic and Social Committee - the House of the Organised Civil Society, London 2016.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Große Hüttmann

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