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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) | bpb.de

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

M. Höreth

Der E. wurde 1998 auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) mit Sitz in Straßburg gegründet. Seine Aufgabe ist, die Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung aller Unterzeichnerstaaten auf mögliche Verletzungen der Konvention zu überprüfen. Jeder Unterzeichnerstaat entsendet einen Richter. Die Mitglieder des Gerichtshofs werden alle 3 Jahre zur Hälfte von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats für 6 Jahre gewählt, wobei das Land, dessen Posten neu besetzt werden muss, 3 Vorschläge einreicht. Eine Wiederwahl ist zulässig. Die Entlassung eines Richters ist hingegen nur möglich, wenn die anderen Richter mit Zweidrittelmehrheit entscheiden, dass ihr Amtskollege die erforderlichen Voraussetzungen für das Richteramt nicht mehr erfüllt. Durch dieses Verfahren bleibt die Unabhängigkeit des Gerichts gewahrt. Jede natürliche und juristische Person kann wegen der Verletzung ihrer Rechte aus der Konvention gegen einen oder mehrere Unterzeichnerstaaten Beschwerde vor dem EGMR führen (»Individualbeschwerde«). Zuvor müssen jedoch alle innerstaatlichen Instanzen durchlaufen worden sein. Auch einzelne Vertragsstaaten können den E. wegen der Verletzung der Konvention durch einen anderen Vertragsstaat anrufen (»Staatenbeschwerde«). Allerdings sind diese Verfahren höchst selten. Wie bindend die Urteile des E. sind, variiert von Land zu Land, da auch die rechtliche Stellung der EMRK von Staat zu Staat unterschiedlich ist. In Deutschland hat die EMRK den Rang eines einfachen Gesetzes. Damit wird einerseits sichergestellt, dass alle staatlichen Organe der Bundesrepublik an die Konvention und die mit ihr verbundene Rechtsprechung des E. gebunden sind. Andererseits bedeutet die Gleichrangigkeit der EMRK mit einem einfachen Gesetz, dass der E. einen Menschenrechtsverstoß durch die Bundesrepublik zwar feststellen, nicht aber die Gültigkeit von Entscheidungen (z. B. von Urteilen) beseitigen kann. Ist es jedoch möglich, die Entscheidung des E. in einem Gerichtsverfahren zu berücksichtigen, so muss dies grundsätzlich auch geschehen und der Menschenrechtsverstoß durch die Entscheidung eines dt. Gerichts beseitigt werden. Allerdings lässt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterschiedliche Interpretationen darüber zu, ob und wie Entscheidungen des E., die gegen Deutschland ergangen sind, umzusetzen sind. Werden Urteile des E. zu schematisch vollstreckt, so kann dies aus dt. Sicht sogar einen Verstoß gegen Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip darstellen.

Internet

Literatur

  • P. Tamme: Die Durchsetzung von EU-Recht durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Berlin 2018.

  • W. Karl/Ph. Czech (Hg.): Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vor neuen Herausforderungen. Aktuelle Entwicklungen in Verfahren und Rechtsprechung, Salzburg 2007.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Höreth

Fussnoten

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