D. durch internationale Organisationen wie die EU bezeichnet allgemein die friedliche Unterstützung sich demokratisierender Gesellschaften mit personellen, technischen und finanziellen Mitteln, die auf eine nachhaltige Verbesserung der Demokratie in einem Staat gerichtet ist (in der wissenschaftlichen Literatur wird häufig auch von externer D. gesprochen). Strukturell zielt D. auf die Veränderung jener Rahmenbedingungen, die Demokratie begünstigen (u. a. effektive Staatlichkeit sowie sozioökonomische Entwicklung). Institutionell wird der Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Verfassungsorgane unterstützt, also Verfassungsgebungsprozesse und die Durchführung demokratischer Wahlen. D. zielt darauf, alle relevanten lokalen Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bei der Demokratisierung aktiv zu unterstützen. Die D. gehört seit Anfang der 1990er-Jahre zu den wenigen Wachstumsbereichen der internationalen Auslandshilfe. Mit dem Ende der Ost-West-Blockkonfrontation und dem Zusammenbruch der kommunistischen Sowjetunion und autoritärer Regime in Afrika südlich der Sahara wurde zugleich die D. zu einem zentralen Ziel und wichtigen Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik internationaler Organisationen (z. B. Vereinte Nationen und Weltbank) sowie einzelner westlicher Demokratien und auch der Europäischen Union. Die D. als universelles Instrument sowie Leitbild und Ziel der Außen- und Entwicklungspolitik basiert dabei v. a. auf zwei Grundsätzen: zum einen auf der Vorstellung, dass Demokratie das Herrschaftssystem ist, das am besten geeignet ist, Frieden und Sicherheit international wie auch innerstaatlich zu garantieren (dahinter steht das vom Philosophen Immanuel Kant geprägte Theorem des »Demokratischen Friedens«, demzufolge demokratische Staaten friedfertiger sind, zumindest im Umgang mit anderen demokratischen Staaten). Zum anderen besagt die Modernisierungstheorie, dass demokratische Ordnung und wirtschaftliche und soziale Wohlfahrt in reziproker Beziehung zueinander stehen. Demokratien setzen sich also für die Förderung und den Schutz von Demokratie nicht nur ein, weil sie sich diesen Werten normativ verpflichtet fühlen, sondern auch und v. a., weil sie darin ein Instrument sehen, um grundlegende Interessen und Ziele zu erreichen. Dabei steht der EU ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung, das vornehmlich dem Paradigma »Fördern und Fordern« folgt und im Wesentlichen unter Konditionalität und Sozialisierung zusammengefasst wird. Politische Konditionalität bedeutet, dass Anreize geschaffen werden und im Falle der Beachtung bzw. Nichtbeachtung der demokratischen Kriterien durch Belohnungen und Sanktionen materieller oder sozialer Natur reagiert wird, z. B. wirtschaftliche und finanzielle Vergünstigungen oder Embargos, internationale Anerkennung oder Delegitimierung, eine höhere institutionelle Einbindung oder Isolierung sowie Lob oder Anprangerung. Sozialisierung bedeutet Förderung von Austausch und Dialog der Menschen, um sie mit demokratischen Werten und Prinzipien vertraut zu machen. Sämtliche Abkommen und Verträge der EU mit Staaten auf der ganzen Welt beinhalten Demokratieklauseln und Programme für Demokratisierungshilfen, die lediglich in ihrem Grad der Einschätzung realistischer Ambitionen und dementsprechend in der Ausstattung mit jeweiligen Ressourcen variieren. Darüber hinaus hat die EU 1999 das länderübergreifende »Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte« (EIDHR) eingeführt und 2012 den Europäischen Demokratiefonds (EED), mit denen eine von der Zustimmung der Regierungen oder sonstigen staatlichen Behörden von Drittstaaten unabhängige, akteursorientierte Hilfe ermöglicht wird, das heißt v. a. die politische Zivilgesellschaft direkt gefördert wird. Demokratieförderung bildet kein selbstständiges Politikfeld, sondern ist im Mosaik der Entscheidungssysteme der EU-Außenpolitik an verschiedenen Stellen angesiedelt, institutionell fragmentiert in sowohl intergouvernementale wie auch supranationale Zusammenarbeit und Regeln im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD; seit dem Vertrag von Lissabon) und der EU-Kommission mit ihren entsprechenden Generaldirektionen.
Literatur
T. Beichelt: Externe Demokratieförderung, in: Neue Politische Literatur, Heft 3/2010, S. 447-467.
S. Urdze: Die externe Demokratieförderung der EU in den zentralasiatischen Staaten, Baden-Baden 2010.
R. Youngs: The European Union and Democracy Promotion: A Critical Global Assessment, Democratic Transition and Consolidation, Baltimore 2010.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: I. Hahn-Fuhr