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11. März: Parlamentswahl in Grönland | Hintergrund aktuell | bpb.de

11. März: Parlamentswahl in Grönland

Redaktion

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Vor dem Hintergrund der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, das Land aus Gründen der nationalen Sicherheit in Besitz nehmen zu wollen, wird in Grönland vorzeitig ein neues Parlament gewählt.

Das grönländische Parlament Inatsisartut in der Hauptstadt Nuuk. Grönland wählt am 11. März ein neues Parlament. Die größte Insel der Erde ist durch die Begehrlichkeiten von US-Präsident Donald Trump in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt. (© picture-alliance, Ritzau Scanpix | Christian Klindt Soelbeck)

Noch vor seinem Amtsantritt im Januar erklärte Donald Trump am 23. Dezember 2024, dass aus Gründen der nationalen Sicherheit „der Besitz und die Kontrolle Grönlands“ für die USA eine „absolute Notwendigkeit“ sei. Zwei Wochen später ließ der im November zum 47. US-Präsidenten gewählte Trump die Öffentlichkeit wissen, dass er auch ein militärisches Vorgehen gegen Grönland nicht ausschließen könne. Anfang März bekräftigte Trump in seiner ersten Rede vor dem US-Kongress: „Wir brauchen Grönland für die nationale Sicherheit und sogar für die internationale Sicherheit, und wir arbeiten mit allen Beteiligten zusammen, um zu versuchen, es zu bekommen.“ Bereits 2019 hatte Trump vorgeschlagen, Grönland zu kaufen – und war damit auf breite Ablehnung in Grönland und Dänemark gestoßen. Am 7. Januar besuchte der Sohn des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump Jr. die Insel. Offiziell galt die Reise als Privatbesuch – wurde aber weithin als Provokation aufgefasst.

Die Wahl der 31 Abgeordneten des grönländischen Parlaments, des Inatsisartuts (Grönländisch für „Gesetzgeber“), die nach dem Ende der laufenden vierjährigen Legislaturperiode am 6. April ohnehin angestanden hätte, wurde nach den Äußerungen Trumps auf den 11. März vorgezogen. Eigentlich müssen zwischen der Bekanntgabe des Wahltermins und dem Wahltag sechs Wochen liegen. In diesem Jahr wurde diese Frist faktisch um eine Woche verkürzt. Premierminister Múte B. Egede von der linken Partei Inuit Ataqatigiit (dt. „Gemeinschaft der Inuit“ bzw. „Gemeinschaft der Menschen“), die seit der letzten Parlamentswahl 2021 zwölf der 31 Sitze hält und in einer Koalition mit der sozialdemokratischen Partei Siumut (dt. „Vorwärts“) regiert, sprach bei der Bekanntgabe des Wahltermins Anfang Februar von „ernsten Zeiten“ und rief die Bevölkerung zu gemeinsamem und geschlossenem Handeln auf. Rund 85 Prozent der Grönländerinnen und Grönländer lehnen es laut einer Ende Januar im Auftrag der dänischen Zeitung Berlingske und des grönländischen Mediums Sermitsiaq durchgeführten Umfrage ab, künftig unter US-Herrschaft zu leben.

Politischer Status und System

Grönland ist die größte Insel der Welt, die nicht gleichzeitig den Status eines Kontinents hat. Mit einer Fläche von 2,166 Millionen Quadratkilometern ist sie etwa sechsmal so groß wie Deutschland. Unter den schwierigen klimatischen Bedingungen nördlich des Polarkreises leben dort jedoch nur 56.000 Menschen dauerhaft. Damit gehört die arktische Insel zu den am dünnsten besiedelten Regionen der Welt.

Geografisch gehört Grönland zu Nordamerika, politisch jedoch zu Europa – und zwar als autonomes Gebiet innerhalb des Königreichs Dänemark. Anders als Dänemark ist Grönland nicht Mitglied der Europäischen Union, über das OCT-Statut (Interner Link: Überseeische Länder und Gebiete der EU) aber mit ihr verbunden, was dem Gebiet unter anderem Handelsvorteile gewährt.

Die moderne Geschichte Grönlands ist eng mit der Geschichte Dänemarks verflochten. Im Sommer 1721 landete der dänisch-norwegische evangelische Pastor und Missionar Hans Egede mit 40 Kolonisatoren in Grönland. Ursprünglich sollte Egede den Handel mit Grönland aufnehmen und war auf der Suche nach Überresten mittelalterlicher Wikingersiedlungen.

Der dänische Anspruch auf Grönland beruhte anfänglich vor allem auf der Annahme, dass dort noch Nachfahren früherer Wikinger-Siedler lebten. Stattdessen traf Egede dort auf das Volk der Inuit – und begann im Auftrag des dänischen Königs Frederick IV. mit der Kolonisierung der Insel. Egede gründete die heutige Hauptstadt Nuuk und christianisierte die autochthone Bevölkerung. Die Geschichte des Missionars wird heute in Grönland teilweise kritisch betrachtet, besonders vor dem Hintergrund des Diskurses um Dekolonialisierung.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde Dänemark von Nazi-Deutschland besetzt. In dieser Zeit sicherten die USA die Versorgung und Verteidigung der Arktisinsel – erstmals wurde das bis dahin streng isolierte Grönland für die US-Amerikaner zugänglich. Es entstanden neue Funkstationen. Die wirtschaftliche Entwicklung begünstigte auch ein moderates Bevölkerungswachstum. 1946 machte der damalige US-Präsident Harry Truman der dänischen Regierung erstmals ein Angebot, Grönland zu kaufen: Er bot damals 100 Millionen US-Dollar für die Insel. Die dänische Regierung lehnte ab, und die USA ließen das Vorhaben fallen.

Im Jahr 1953 wurde Grönland formell aus dem Kolonialstatus entlassen, aber gleichzeitig zu einem regulären Teil des Königreichs Dänemark ernannt. Die Grönländerinnen und Grönländer kämpften fortan für mehr Autonomie. Im Jahr 1979 erreichten sie die Einführung der „Hjemmestyre“ (dt. etwa: „Heimatverwaltung“) innerhalb des dänischen Königreiches. Damit verbunden war auch die erste grönländische Landesregierung. Interner Link: Drei Jahre nach Einführung der Hjemmestyre stimmte eine knappe Mehrheit der Grönländerinnen und Grönländer bei einem Referendum für den Austritt aus der Europäischen Gemeinschaft, der 1985 vollzogen wurde.

Grönland hat 2009 mit der Einführung der Selvstyre („Selbstverwaltung“) noch umfassendere Autonomierechte bekommen. Ein Großteil der politischen Entscheidungen wird nun vom grönländischen Parlament getroffen. Dazu gehören die meisten Verwaltungsbereiche, wie die Kontrolle über die natürlichen Ressourcen, nicht aber die Außen-, Verteidigungs- und Währungspolitik. Finanziell ist die autonome Region weiterhin von Dänemark abhängig: Die Fischerei als wichtigster Wirtschaftszweig ist nicht ertragreich genug, um den Haushalt der Region zu finanzieren. Jährlich bezuschusst die dänische Regierung den grönländischen Regionalhaushalt mit mehr als einer halben Milliarde Euro (3,9 Milliarden Dänische Kronen). Zudem übernimmt die dänische Armee den militärischen Schutz der Insel. Immens teuer im Unterhalt ist auch die Infrastruktur Grönlands. Die meisten Siedlungen liegen sehr isoliert in dem riesigen Gebiet.

Grundsätzlich würde wohl eine Mehrheit der Grönländerinnen und Grönländer laut Umfragen eine staatliche Unabhängigkeit befürworten – die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit eines eigenständigen grönländischen Staates wäre jedoch ungewiss. Auch deswegen ist die Frage der Unabhängigkeit im Wahlkampf ein kontrovers debattiertes Thema.

Aktuelle Situation und geopolitische Einordnung

Grönland ist stark vom Klimawandel betroffen. In der Arktis steigen die Temperaturen weit schneller als in anderen Weltregionen. Auch deswegen ist die Kontrolle über Grönland zunehmend von geostrategischem Interesse: Die Seewege um die Insel könnten in Zukunft zumindest zeitweise eisfrei sein und damit schnellere Transportrouten zwischen den Kontinenten ermöglichen. Für die Pläne der chinesischen Regierung, Infrastrukturprojekte im Rahmen einer Interner Link: Polaren Seidenstraße aufzubauen, wäre Grönland von großer Bedeutung.

Außerdem werden in vielen der bisher kaum zugänglichen Binnenregionen Grönlands Bodenschätze vermutet, die unter den künftigen klimatischen Bedingungen abgebaut werden könnten. Auch deshalb rückt Grönland zunehmend in den Fokus global agierender Großmächte. Die dänische Regierung ging 2022 davon aus, dass es seitens Chinas und Russlands geheimdienstliche Bemühungen geben könnte, den grönländischen Reichsteil vom dänischen Mutterland abzuspalten. Ein eigenständiger grönländischer Staat, so das Kalkül, wäre aufgrund seiner geringen Bevölkerungszahl und wirtschaftlichen Schwäche weit weniger in der Lage, sich imperialer Bestrebungen zu erwehren als der NATO-Staat Dänemark.

Wie läuft der Wahlkampf?

Vor diesem Hintergrund hat das grönländische Parlament mehrere neue Gesetze verabschiedet, die inhaltlich im Zusammenhang mit den Trump-Äußerungen stehen. So sind ausländische und anonyme Wahlkampfspenden in Grönland künftig verboten. Ausgenommen sind Spenden bis zu einer Höhe von etwa 130 Euro sowie Spenden vom dänischen Parlament und den dänischen Schwesterparteien. Da Grönland eine relativ kleine Bevölkerung hat, könnte der Wahlkampf schon mit recht überschaubaren finanziellen Mitteln von außen beeinflusst werden. Das neue Gesetz soll hier Abhilfe schaffen.

Außerdem dürfen künftig nur noch Personen in Grönland Immobilien erwerben, die entweder die dänische Staatsbürgerschaft haben oder seit zwei Jahren dauerhaft in Grönland leben.

Aufgrund der Witterungsverhältnisse zu dieser Jahreszeit fand der grönländische Wahlkampf vor allem in den sozialen Netzwerken statt. Wichtige Entscheidungen gab Premierminister Egede über seinen Facebook-Kanal bekannt. Und einige der wichtigsten Parteien veröffentlichten Wahlkampfsongs im Netz. Ende Februar wurde bekannt, dass der dänische Geheimdienst PET Hinweise auf eine mögliche Einmischung ausländischer Kräfte in den Online-Wahlkampf prüft. Der Geheimdienst teilte mit, dass „zahlreiche falsche Kundenkonten in Online-Netzwerken“ beobachtet worden seien.

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