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Mangel an Wohnraum

Redaktion

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Auch ein Thema im Bundestagswahlkampf: Die Wohnungspolitik. In Deutschland fehlen hunderttausende Wohnungen. Mieten steigen, besonders in den Großstädten. Wohnungsbau bleibt unter den gesetzten Zielen

Bauarbeiter auf einer Großbaustelle in München im Januar 2025 (© picture-alliance, Sven Simon)

Mehrere hunderttausend Wohnungen fehlen

Eine Anfang Februar 2025 veröffentlichte Studie im Auftrag des Verbändebündnisses „Soziales Wohnen“ (bestehend aus: Bundesverband Baustoffhandel, Caritas, Deutscher Mieterbund, Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau sowie der Industriegewerkschaft Bau) kommt zu dem Ergebnis, dass bundesweit gut 550.000 Wohnungen fehlen. Besonders aufgrund der hohen Zuwanderungszahlen in den vergangenen Jahren sei der Bedarf an Wohnraum gestiegen. Es würde zu wenig gebaut, um den gravierenden Mangel zu beheben, es stünden aber auch zu viele Wohnungen leer.

Hoher Mieteranateil

Die Bundesrepublik ist ein Land der Mieter. Nirgendwo in der EU ist der Anteil der Eigentümer von selbst bewohnten Immobilien so gering wie hierzulande. 52 Prozent der Menschen in Deutschland lebten 2023 nach Angaben des Statistischen Bundesamts zur Miete. Zum Vergleich: In Frankreich lag dieser Anteil bei nur etwas mehr als einem Drittel, in Spanien bei rund einem Viertel und in Rumänien lebten sogar nur vier Prozent zur Miete.

Mieten steigen massiv

Der Mangel an Wohnraum treibt die Mieten vor allem in Großstädten nach oben. Nach Berechnungen des Bundesinsituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung sind die durchschnittlichen Wiedervermietungsmieten von im Internet inserierten Wohnungen in großen kreisfreien Städten zwischen 2010 und 2022 um fast 70 Prozent gestiegen. Gemäß einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken vom November 2024 betrug die Erst- bzw. Wiedervermietungsmiete in Köln im Jahr 2023 durchschnittlich 13,44 Euro, in München waren sogar durchschnittlich 20,59 nettokalt fällig.

Hoher Leerstand

Laut im vergangenen Jahr veröffentlichten Zahlen des Zensus 2022 standen im Mai 2022 bundesweit 1,9 Millionen Wohnungen leer. Den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder zufolge entspricht dies einer Leerstandsquote von 4,3 Prozent. Von allen leerstehenden Wohnungen steht demnach die Hälfte seit mindestens einem Jahr leer. Der Leerstand ist allerdings deutlich ungleich verteilt. In Großstädten ist er deutlich niedriger als in ländlichen Gebieten. Trotzdem steht selbst in Großstädten mit angespanntem Mietmarkt wie Hamburg und Berlin etwa jede dritte leerstehende Wohnung zwölf Monate oder länger leer – im eher ländlich geprägten Thüringen sind es sogar rund zwei Drittel.

Anteil der Mietausgaben am Einkommen steigt

Im Jahr 2022 haben die fast 20 Millionen Hauptmieterhaushalte hierzulande durchschnittlich knapp 28 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Interner Link: Miete ausgegeben. Diese Mietbelastungsquote lag 2006 bei 27,0 %, ist also nur leicht gestiegen. Insgesamt hatten 2022 rund zwei von drei Mieterhaushalten eine Mietbelastung von maximal 30 %. Diese Marke wird in Deutschland häufig als Faustregel für ein angemessenes Verhältnis der Mietkosten zum Einkommen gewertet.

Rund 1,5 Millionen Mieterhaushalte hatten 2022 jedoch eine Mietbelastung von 50 Prozent oder mehr ihres Nettoeinkommens, bei weiteren gut 1,6 Millionen waren es zwischen 40 und 50 Prozent. Besonders belastet waren Single-Haushalte. Auch müssen Bewohner von Großstädten einen größeren Anteil ihres Gehalts für die Miete aufwenden als die Landbevölkerung.

Nicht wenige Menschen können ihre Miete nicht mehr aus eigener Kraft stemmen. Die Zahl der Wohngeldempfänger stieg zuletzt deutlich. Dabei ist aber die Erweiterung der Anspruchsgrundlage durch das angepasste Wohngeldgesetz zu beachten. Ende 2023 erhielten 1,2 Millionen Menschen hierzulande Wohngeld.

Warum gibt es zu wenig Wohnraum?

Eine wichtige Ursache für den Wohnraummangel und die dadurch steigenden Mieten ist Experten zufolge, dass es Bund, Ländern und Gemeinden nicht gelungen ist, in Zeiten steigenden Bedarfs aufgrund von hohen Zuwanderungszahlen die Bautätigkeit Interner Link: anzuregen. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft schätzte im Jahr 2024 den Wohnungsbedarf im Zeitraum 2021 bis 2025 auf jährlich 372.000 neu benötigte Wohnungen.

Die Bundesregierung wollte jährlich 400.000 neue Wohnungen bauen lassen. Im Jahr 2023 tatsächlich gebaut wurden laut Statistischem Bundesamt 294.400. 2022 und 2021 waren es in etwa genauso viele. Im Jahr 2024 dürfte die Zahl der Neubauten weiter gesunken sein. Im Zeitraum von Januar bis Oktober 2024 wurden laut Statistischem Bundesamt knapp 176.000 Wohnungen genehmigt und damit 42.600 weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie rechnet für 2025 mit der Fertigstellung von lediglich 150.000 bis 200.000 Wohnungen.

Zu den Gründen für das im historischen Vergleich eher niedrige Wohnungsbauniveau zählen gestiegene Zinsen, hohe Baukosten und das geringere Wirtschaftswachstum. Aber auch komplexe Vorschriften (wie z.B. anspruchsvolle Baustandards), langwierige Genehmigungsverfahren und unterschiedliche Regelungen in Bund, Ländern und Kommunen gelten als Bremsen für den Wohnungsbau.

Immer weniger Sozialwohnungen

Eine zentrale Ursache für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist Experten zufolge, die seit vielen Jahren sinkende Zahl an Sozialwohnungen. Bund, Länder und Kommunen haben seit Anfang der 1990er-Jahre in großem Ausmaß sozial gebundenen Wohnraum verkauft. Da weniger von der öffentlichen Hand gebaut wurde und zugleich Sozialbindungen bei hunderttausenden Wohnungen ausliefen, verringerte sich deren Anzahl erheblich.

Die Ampelregierung hatte sich einen jährlichen Neubau von 100.000 Sozialwohnungen zum Ziel gesetzt. Dieses Ziel wurde jedoch nach Angaben des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen nicht annähernd erreicht und konnte auch nicht durch Wohnungsankauf oder die Verlängerung von Belegungsrechten für ärmere Bevölkerungsgruppen kompensiert werden.

In den letzten Jahren versuchte die Bundesregierung dem Negativtrend mit hohen Zuschüssen an die Länder entgegenzuwirken. Floss 2021 noch eine Milliarde Euro an die Länder für den sozialen Wohnungsbau, waren es 2022 bereits zwei Milliarden Euro und im vergangenen Jahr sogar 3,2 Milliarden Euro. Außerdem hat die Bundesregierung im Jahr 2024 eine neue Wohngemeinnützigkeit eingeführt. Dadurch sind soziale Unternehmen, Vereine und Stiftungen, die Wohnungen „unter der marktüblichen Miete“ an bedürftige Menschen vermieten und die auf die Ausschüttung von Gewinnen verzichten, von der Gewerbe- und Körperschaftssteuer befreit. Inwieweit diese Maßnahmen den sozialen Wohnungsbau ankurbeln werden, ist noch unklar.

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