Prozedur: Von der Wahl bis zur Amtseinführung
Donald Trump firmiert bereits seit dem Tag nach seinem Wahlsieg im November als „gewählter Präsident“ („President-elect“) der USA. Seitdem bereitet er seine Amtsübernahme vor und benennt beispielsweise die Kandidatinnen und Kandidaten für sein Kabinett, die noch vom US-Senat mit einfacher Mehrheit bestätigt werden müssen.
Die eigentliche Kür des neuen Staatsoberhauptes erfolgte, wie bei jeder US-Präsidentschaftswahl, am ersten Dienstag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember. Dann übersendeten die einzelnen Staaten die Stimmergebnisse des bei der Wahl gebildeten Wahlkollegiums („Electoral College“) nach Washington D.C.. Der Kongress bestätigte das Ergebnis wie immer am 6. Januar. Nach diesem Schritt kann nun die Amtseinführung („Inauguration“) des neuen Präsidenten stattfinden. Mit der Amtseinführung endet eine zweieinhalbmonatige Phase des Amtsübergangs.
Die Verfassung der Vereinigten Staaten legt im 20. Zusatzparagraphen seit 1933 fest, dass die Amtseinführung immer am 20. Januar nach der Präsidentschaftswahl stattfindet – es sei denn, der 20. Januar fällt auf einen Sonntag, in diesem Fall verschiebt sie sich um einen Tag nach hinten.
Die Zeremonie findet in Washington D.C. vor dem Kapitol statt, dem Sitz des US-Kongresses. Zuerst wird JD Vance als Vizepräsident vereidigt, der zuletzt als Senator für den US-Bundesstaat Ohio im US-Kongress saß. Dann muss der neue Präsident einen Amtseid ablegen, der durch Artikel II der US-Verfassung festgelegt ist. Anschließend wendet er sich mit einer Rede ans Volk.
Personalentscheidungen und Politikwandel
Bereits in den vergangenen Wochen hatte Trump bekanntgegeben, welche Personen er in sein Kabinett und andere zentrale Posten berufen will. Trumps Nominierungen lösten eine Debatte um die zukünftige Richtung der US-Regierungspolitik aus – viele der Kandidaten verfügen über wenig Erfahrung in der Exekutive, zeichnen sich aber durch eine programmatische Nähe und Loyalität zum neuen US-Präsidenten aus. Zum Teil haben sie in der Vergangenheit auch durch umstrittene Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht.
Trumps Personalentscheidungen (Auswahl)
Neuer Verteidigungsminister soll Pete Hegseth werden. Der Irak- und Afghanistan-Veteran der US-Armee war zuletzt TV-Moderator beim konservativen TV-Sender „Fox News“, der Trump in der Vergangenheit häufig unterstützt hat. Der 44-jährige verfügt bisher über keine politische Erfahrung und steht unter anderem wegen Vorwürfen zu einem sexuellen Übergriff, sexistischem Verhalten und finanzieller Misswirtschaft in der Kritik.
Für das Amt der Bildungsministerin hat Trump die ehemalige Wrestling-Managerin Linda McMahon nominiert. Die 76-Jährige hatte in der ersten Trump-Regierung ab 2017 zwei Jahre lang als Leiterin der Small Business Administration gedient.
Der geplante künftige Außenminister Marco Rubio sitzt seit 2011 für den US-Bundesstaat Florida im Senat und hatte sich 2016 erfolglos um die Präsidentschaftskandidatur für die Republikaner beworben. Einst trat er moderat auf, mittlerweile gilt er jedoch speziell in seinen Positionen gegenüber China als Hardliner im Sinne Trumps.
Als neuen Gesundheitsminister hat Trump Robert F. Kennedy Jr. nominiert. Der Neffe des 35. US-Präsidenten John F. Kennedy trat während der Covid-19-Pandemie auch als Gastredner auf einer deutschen Querdenken-Demonstration auf. Kritiker werfen ihm vor, dass er in vielen medizinischen Fragen konsequent den wissenschaftlichen Konsens ignoriert.
Eigentlich wollte Trump den ultrakonservativen Kongressabgeordneten Matt Gaetz zum Justizminister machen. Doch aufgrund eines Drogen- und Prostitutionsskandals verzichtete dieser auf einen Posten im Kabinett. Neue Justizministerin soll nun Pam Bondi werden. Die frühere Generalstaatsanwältin von Florida hatte Trump in seinem ersten Amtsenthebungsverfahren verteidigt.
Hinzukommen zahlreiche Externer Link: weitere Personen, die für Ministerien und einflussreiche Ämter vorgesehen sind. Geheimdienstchefin soll beispielweise Tulsi Gabbard werden, die jahrelang Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus war und unter anderem wegen Meinungsäußerungen, in denen sie von „legitimen Sicherheitsbedenken“ Russlands mit Blick auf die Invasion der Ukraine spricht, kritisiert wird.
Für internationales Aufsehen sorgte die Nominierung des Tech-Unternehmers Elon Musk für ein Department of Government Efficiency (DOGE). Gemeinsam mit dem einstigen republikanischen Präsidentschaftskandidaten und Trump-Unterstützer Vivek Ramaswamy soll die Kommission Regulierungen, Ausgaben und Personalbestand innerhalb der Bundesregierung reduzieren. Musk ist unter anderem Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla sowie des Raumfahrt- und Telekommunikationsunternehmens SpaceX und verfügt als Eigentümer des Kurznachrichtendienstes „X“ über enormen Einfluss auf die Meinungsbildung in den USA. Er hat sich mehrfach dafür ausgesprochen, dass die Wahlberechtigten in Deutschland die AfD wählen sollten. Musks Posten in der neuen Kommission muss nicht vom Senat bestätigt werden.
Die Trump Verwaltung muss über 4.000 politische Positionen für die neue Amtszeit besetzen. Mehr als 1.000 davon benötigen eine Bestätigung durch den Senat. Da die Republikaner eine Mehrheit im US-Senat haben, gilt die Bestätigung von Trumps Kabinettskandidaten als wahrscheinlich.
Einhergehend mit Trumps Personalentscheidungen erwarten viele einen Politikwandel. Trump hatte schon im Vorfeld des 20. Januar angekündigt, diverse Maßnahmen zeitnah nach seinem Amtsantritt umzusetzen – über 20 Dekrete möchte er noch am ersten Tag erlassen. Mit diesen „executive orders“ kann er direkt als Präsident ohne die Zustimmung des Kongresses Gesetze erlassen. Allerdings können diese angefochten werden, und die Vorhaben dürfen ohne die Zustimmung des Kongresses beispielsweise keine neuen Mittel aus dem Finanzministerium beanspruchen.
Eine Auswahl dieser Ankündigungen und der daraus resultierenden Debatten:
Angekündigte Maßnahmen: Außenpolitik
Russland und Nato
Ein Beispiel aus dem Bereich Außenpolitik ist der Umgang mit Russlands Angriffskrieg in der Ukraine. Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, „binnen 24 Stunden“ für einen „Frieden“ zu sorgen. Das wurde als Indiz dafür gewertet, dass Trump einen Diktatfrieden im Sinne Russlands unterstützen würde. Russland zeigte sich jedoch zuletzt reserviert gegenüber eventuellen Plänen der neuen US-Regierung. Trump will den ehemaligen Generalleutnant Keith Kellogg zum Sondergesandten für die Ukraine und Russland machen. Dieser habe Trump bereits einen Plan für die Beendigung des Krieges vorgelegt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält es mittlerweile für möglich, dass Trump eine Verhandlungslösung herbeiführen könne, indem er Russland zu Friedensgesprächen zwinge.
In Bezug auf die künftige Nato-Politik der Trump-Regierung kursieren unterschiedliche Informationen. Laut Aussagen aus Trumps Umfeld werde er die finanzielle Unterstützung der Ukraine aufrechterhalten, wenn die anderen Nato-Mitglieder sich dazu verpflichten, fünf Prozent ihres Haushaltes in die Verteidigung zu investieren. Bisher liegt dieses Ziel bei zwei Prozent – und es wird nicht von allen Staaten eingehalten. In der Vergangenheit hatte Trump immer wieder die Verteidigungspolitik unter Aspekten der Kosten und des Nutzens betrachtet. Es steht die Befürchtung im Raum, dass die USA unter Donald Trump nicht mehr für die Sicherheit der europäischen Partnerstaaten einstehen möchten, wenn diese nicht deutlich mehr in ihre Verteidigung investieren.
Mexiko
Für den Umgang mit dem benachbarten Mexiko zieht Trump offenbar in Erwägung, verdeckte Spezialeinheiten in das Land zu entsenden, um die Chefs von Drogenkartellen töten zu lassen. Außerdem möchte er Einwanderungsbeamten an der Grenze zu Mexiko mehr Spielraum bei Festnahmen zugestehen und Kontrollen an der Grenze verstärken. Der Bau einer solideren Grenzmauer zu Mexiko, ein zentrales Thema auch in Trumps erstem Wahlkampf, soll wieder aufgenommen und beendet werden.
Kanada
In einer seiner Weihnachtsbotschaften auf seinem sozialen Netzwerk „Truth Social“ nannte Trump Kanadas Premierminister Justin Trudeau einen „Gouverneur“ – was man auch als Anspielung darauf verstehen könnte, dass Trump die staatliche Souveränität Kanadas in Zweifel zieht. Kurz zuvor hatte er bereits angekündigt, die Kontrolle über Grönland erlangen zu wollen. Ende Dezember 2024 kündigte Dänemark an, mehr als eine Milliarde Euro für die Verteidigung der arktischen Insel zu investieren.
Nahostkonflikt
In der Nahostpolitik wird erwartet, dass Trump seine bisherige Politik fortsetzt. Israels rechtskonservativer Premierminister Benjamin Netanjahu gilt seit Jahren als Verbündeter des künftigen US-Präsidenten. Zwei Drittel der Bürger Israels zeigten sich einer Umfrage zufolge zufrieden mit der Wahl von Trump. Vor allem aber steht Trump für eine harte militärische Linie gegen das Regime in Iran. Bereits während des Wahlkampfes hatte Trump einen israelischen Angriff auf iranische Atomanlangen befürwortet.
Handelspolitik
Gegenüber China wird allgemein mit einer härteren Gangart in der Wirtschaftspolitik und einer Verschärfung des gesamten Konflikts in den kommenden Jahren gerechnet. Das dürfte vor allem die Einführung und Erhöhung von Zöllen für chinesische Waren bedeuten. Wegen zu hoher Gebühren droht der künftige Präsident damit, die Kontrolle über den Panama-Kanal wieder zu übernehmen.
Auch gegenüber der EU hatte Trump angedeutet, dass er nach seinem Amtsantritt am 20. Januar hohe Zölle auf Importprodukte aus der EU verhängen könnte – was er auch schon während seiner ersten Amtszeit getan hat und von europäischen Staaten mit Sorge betrachtet wird.
Internationale Klimapolitik
Auf internationaler Ebene bereitet Trumps Übergangsteam offenbar erneut einen Ausstieg aus dem
Angekündigte Maßnahmen: Innenpolitik
Migrationspolitik und Abschiebungen
Donald Trump möchte am ersten Tag seiner Amtszeit per Dekret das Recht abschaffen, durch Geburt in den USA – unabhängig von den Eltern – automatisch US-Staatsbürger zu werden. Seit 1868 ist dieses im 14. Zusatzartikel in der Verfassung festgeschrieben. Juristinnen und Juristen bezweifeln jedoch, dass die Abschaffung dieses Rechts per Dekret rechtmäßig wäre oder Bestand hätte.
In der Migrationspolitik kündigte Trump nach der Wahl die „größte Abschiebungsaktion“ der US-Geschichte an. Er wolle mit den „Kriminellen“ anfangen und danach „mit den anderen“ weitermachen. Während des Wahlkampfes sprach Trump auch von „schlechten Genen“ bei Migranten. Die „Parole“-Programme, die unter der Biden Regierung eingeführt wurden und zahlreichen Geflüchteten aus humanitären Gründen die Einwanderung erlaubten, möchte Trump sofort beenden.
Es ist jedoch noch nicht klar, ob die US-Regierung die nötigen Kapazitäten oder rechtlichen Befugnisse hat, um solche Abschiebungspläne umzusetzen. Gleichzeitig will Trump vereinfachte Visa für Fachkräfte ausstellen lassen.
Begnadigungen
Trump hat des Weiteren angekündigt, als Präsident „viele“ der Personen, die wegen ihrer Rolle bei dem Sturm des Kapitols am 6. Januar 2021 verhaftet wurden, begnadigen zu wollen.
Trump Donald selbst ist der erste US-Präsident, der jemals wegen eines Verbrechens verurteilt wurde. Aus rechtlicher Sicht könnte sich Trump selbst für etwaige bundesstaatliche Verurteilungen begnadigen, nicht jedoch für Verurteilungen auf Landesebene, wie der in New York, wo er im Mai 2024 wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen zur illegalen Beeinflussung der Wahl 2016 schuldig gesprochen wurde.
„Project 2025“: Umbau des Staatswesens?
Für Aufsehen sorgte im Vorfeld der Wahl auch die von dem rechtskonservativen Think Tank „Heritage Foundation“ erstellte Agenda „Project 2025“. Sie sieht unter anderem einen radikalen Personalumbau in den Bundesbehörden und eine Zentralisierung der Macht im Weißen Haus vor. Ziel ist es, die von ultrarechten Kräften ausgemachte Schwächung republikanischer Politik durch eine vermeintliche Geheimregierung („deep state“) zu verhindern, indem der neue Präsident so viel Kontrolle wie möglich über Personal und Strukturen bekommt. Von "Project 2025" hatte sich Trump zwar vor der Wahl öffentlich distanziert. Während des Wahlkampfs kündigte Trump jedoch mehrfach an, politische Gegner verfolgen zu lassen. Inwieweit er diese Ankündigung umsetzen will, ist weiterhin unklar. In Interviews verwies er zuletzt darauf, dass dies Sache des Justizministeriums und des FBI wäre. Allerdings wird die Führung dieser Behörden künftig aller Voraussicht nach mit Personen besetzt sein, die Trump gegenüber als absolut loyal gelten.
Reaktionen
In Europa überwiegt die Sorge vor der zweiten Amtszeit von Donald Trump. Am Rande des EU-Gipfels im Dezember 2024 wurde die Befürchtung vor einem neuen Handelskrieg mit den USA geäußert. Sicherheitspolitisch wird vermutet, dass Europa künftig zu einem eigenständigeren Handeln befähigt werden muss. Möglich ist auch, dass einzelne Staaten künftig eine bilaterale Bindung zu den USA suchen könnten – mit Folgen für die Handlungsfähigkeit der gemeinsamen europäischen Institutionen.
Interner Link: US-Präsidentschaftswahl 2024 (Hintergrund aktuell, Oktober/November 2024) - Externer Link: US-Wahl 2024 (eurotopics)
Interner Link: Stephan Bierling: Die Trump-Präsidentschaft: Eine Bilanz (APuZ 17-18/2021) Interner Link: 6. Januar 2021: Sturm auf das Kapitol (Hintergrund aktuell, Januar 2025)