Während des
Etwa zwei Drittel der damals durch Abrüstungsverträge bereits reduzierten Zahl von 30.000 Atomsprengköpfen befanden sich US-amerikanischen Schätzungen zufolge auf russischem Territorium, einschließlich des Oberkommandos und der notwendigen Codes zur Aktivierung des Arsenals. Tausende von taktischen und strategischen Atomwaffen
Die USA sahen diese Situation mit Sorge. Einerseits war völlig unklar, ob sich die neu entstandenen Atommächte an die
Ukraine erklärt sich 1991 für unabhängig
Als am 21. Dezember 1991 das
Die
Kasachstan und Belarus geben ihre Atomwaffen ab
Kasachstan hatte sich frühzeitig entschieden, keine Atommacht mehr sein zu wollen. Auch Belarus verzichtete schon bald nach seiner Unabhängigkeit auf den Status als Nuklearmacht. Beide Länder wurden in der Folge enge Bündnispartner Russlands und aktive Mitglieder in der von Russland dominierten
Beim Weg in die Unabhängigkeit der Ukraine kam es hingegen schon in der Frühphase des neuen ukrainischen Staates zu Konflikten mit Russland, insbesondere über den Status der Halbinsel Krim. In dieser Gemengelage knüpfte die damalige ukrainische Regierung die Abgabe der strategischen Nuklearsprengköpfe aus sowjetischen Beständen an Sicherheitsgarantien.
Am 13. Januar 1994 vermittelte US-Präsident Bill Clinton bei einem Besuch in Kyjiw eine trilaterale Vereinbarung, in der sich die Ukraine erstmals zum Verzicht auf ihre strategischen Atomwaffen verpflichtete. Zu einer endgültigen Einigung über die Bedingungen kam es jedoch erst elf Monate später – mit der Unterzeichnung des Budapester Memorandums am 5. Dezember 1994 auf dem Treffen der damaligen KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, heute:
Die Vereinbarungen des Budapester Memorandums
Mit dem Externer Link: Budapester Memorandum verpflichteten sich Russland, die USA und Großbritannien in drei getrennten Erklärungen, die staatliche Unabhängigkeit der Ukraine, Belarus und Kasachstans zu respektieren und auf jeglichen militärischen Zwang gegen die nun unabhängigen Staaten zu verzichten. Das gelte insbesondere für den Einsatz von Nuklearwaffen. Ferner bekräftigten Russland, die USA und Großbritannien den bereits in der Schlussakte von Helsinki beschlossenen Verzicht, wirtschaftlichen Druck auf die Ukraine auszuüben, um eigene Interessen durchzusetzen.
Boris Jelzin, Bill Clinton, Leonid Kutschma und John Major bei der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags im Budapester Kongresszentrum, Ungarn, am 5. Dezember 1994. (© picture-alliance/AP, David Brauchli)
Boris Jelzin, Bill Clinton, Leonid Kutschma und John Major bei der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags im Budapester Kongresszentrum, Ungarn, am 5. Dezember 1994. (© picture-alliance/AP, David Brauchli)
Falls die Ukraine als künftig nicht-atomar gerüsteter Staat mit Nuklearwaffen bedroht werde, verpflichteten sich Russland, die USA und Großbritannien dazu, den UN-Sicherheitsrat einzuschalten. Außerdem wollten sich die Unterzeichnerparteien im Konfliktfall beraten. Eine explizite militärische Beistandsgarantie im Falle eines Angriffs gegen die Ukraine enthält das Budapester Memorandum jedoch nicht.
Die Ukraine gab im Gegenzug ihre strategischen Atomwaffen aus Sowjetbeständen an Russland ab und trat noch am gleichen Tag dem Atomwaffensperrvertrag bei. Mit diesem Schritt trat auch der Abrüstungsvertrag START I in Kraft, der noch zu Sowjetzeiten unterzeichnet wurde, aber erst mit dem Beitritt der Ukraine, Belarus und Kasachstans Gültigkeit bekam.
Der juristische Charakter des Budapester Memorandums ist bis heute umstritten. Nach Auffassung der US-Regierung handelt es sich nach dem juristischen Wortlaut des Dokuments nicht um einen völkerrechtlich bindenden Vertrag, sondern um eine zwischenstaatliche Willenserklärung. Andere Stimmen gehen davon aus, dass sich aus den Vereinbarungen sehr wohl eine rechtliche Bindungswirkung ergibt, es aber keine Mittel gebe, diese durchzusetzen.
Erster Bruch des Memorandums im Jahr 2006
In der Ukraine bekamen Forderungen nach Bekämpfung der Korruption und dem Aufbau eines liberalen Rechtsstaates nach westlichem Vorbild ab den frühen 2000er-Jahren immer größeres Gewicht. In der „
Anfang 2006 stellte Russland – mitten im Winter – die Gaslieferungen an die Ukraine ein, um aus politischen Gründen eine Erhöhung des Gaspreises um das Viereinhalbfache durchzusetzen. Damit verstieß Russland erstmals gegen das Budapester Memorandum. Der Vorfall blieb für Wladimir Putin, der am 26. März 2000 zum Präsidenten Russlands gewählt worden war, folgenlos.
Annexion der Krim 2014 und russische Vollinvasion 2022
Ab Ende Februar 2014, kurz nach dem Ende der „Revolution der Würde“ (
Eine weitere Folge des russischen Angriffskrieges betraf das letzte verbliebene Rüstungskontrollabkommen „New START“, ein Nachfolgeabkommen des mit dem Budapester Memorandum in Kraft getretenen START-I-Vertrags: Wladimir Putin gab Anfang 2023 bekannt, dass Russland seine Teilnahme an dem Atomwaffenkontrollvertrag aussetzt.