Jeder Mensch hat das Recht auf Nahrung. Dieses Recht ist seit 1948 im Artikel 25 der
16. Oktober: Welternährungstag
Am 16. Oktober 1945 wurde die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der
Das Motto des Welternährungstags 2024 ist das „Recht auf Lebensmittel für ein besseres Leben und eine bessere Zukunft“. Die FAO feiert dieses Jahr zudem den 20. Jahrestag ihrer „Freiwilligen Leitlinien zur Unterstützung der schrittweisen Verwirklichung des Rechts auf Nahrung im Kontext nationaler Ernährungssicherung“. Diese sind nicht rechtsverbindlich und beinhalten politische Empfehlungen zu relevanten Themen der Nahrungssicherheit, wie dem Zugang zu natürlichen Ressourcen, Bildung, Gesetzgebung und Märkten für Staaten und andere Interessensgruppen.
FAO-Bericht: Die aktuellen Zahlen
Aus dem im Juli 2024 veröffentlichten Externer Link: Bericht „The State of Food Security and Nutrition in the World 2024“ der
2023 waren durchschnittlich weltweit 733 Millionen Menschen von Hunger betroffen – das ist umgerechnet rund jeder elfte Mensch auf der Welt. Von 2005 bis 2014 war die Zahl der Hungernden den Angaben zufolge noch kontinuierlich gesunken, stieg in den Folgejahren aber wieder an. Vor allem mit der
Interner Link: Corona-Pandemie war die Zahl der Hungernden stark gestiegen.2023 waren knapp 29 Prozent der Weltbevölkerung von moderater oder schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen. Das bedeutet, diese Menschen hatten keinen regelmäßigen Zugang zu ausreichend Nahrung. 864 Millionen dieser Menschen litten unter schwerer Ernährungsunsicherheit. Das heißt, ihnen gingen zeitweise die Nahrungsmittel aus und sie mussten teilweise einen ganzen Tag oder länger ohne Nahrung auskommen.
Die regionalen Trends unterscheiden sich dem FAO-Bericht zufolge: Fortschritte wurden in Lateinamerika und der Karibik erzielt. Hier liegt der Anteil der von Hunger Betroffenen an der Gesamtbevölkerung bei 6,2 Prozent, dies sind über vier Millionen weniger Menschen als noch zwei Jahre zuvor. Die Situation auf dem afrikanischen Kontinent hat sich hingegen weiter verschlechtert – mit einer Quote von 20,4 Prozent bleibt Afrika die Weltregion mit dem größten Anteil von Hungernden an der Gesamtbevölkerung. In Asien, wo wegen der hohen Bevölkerungszahl knapp über die Hälfte aller weltweit Hungernden lebt, lag dieser Wert bei 8,1 Prozent.
Dem Bericht zufolge konnten sich im Jahr 2022 mehr als 2,8 Milliarden Menschen keine gesunde Ernährung leisten. In einkommensschwachen Staaten verfügten 71,5 Prozent der Bevölkerung nicht über die notwendigen finanziellen Ressourcen für eine gesunde Ernährung. In Ländern mit höherem Einkommen waren 6,3 Prozent betroffen.
In den vergangen Jahren gab es einen stetigen Anstieg von adipösen (d. h. stark übergewichtigen) Erwachsenen von 12,1 Prozent im Jahr 2012 auf 15,8 Prozent im Jahr 2022. Das sind weltweit rund 881 Millionen Menschen. Die Anzahl an übergewichtigen Kindern unter fünf Jahren ist im gleichen Zeitraum stagniert. Kontinuierlicher Kalorienüberschuss und Nährstoffmangel, also die „doppelte Last der Fehlernährung“, treten in Gesellschaften oft gleichzeitig auf.
Bleibt der derzeitige Trend ungebrochen, werden laut FAO im Jahr 2030 etwa 582 Millionen Menschen chronisch unterernährt sein. Damit würden die Vereinten Nationen ihr 2015 festgelegtes Ziel „Kein Hunger“ (SDG2) weit verfehlen.
Lebensmittelverschwendung
2022 wurden laut dem UN-Umweltprogramm (UNEP) und seinem Externer Link: Bericht „Food Waste Index Report 2024“ 1,05 Milliarden Tonnen Lebensmittel verschwendet. Umgerechnet werden ein Fünftel aller Lebensmittel weggeworfen. 13 Prozent der Lebensmittel gehen von der Ernte bis zum Verkauf, also in der Lieferkette, verloren. Hinzu kommen noch 19 Prozent Lebensmittelabfälle im Einzelhandel, der Gastronomie und den Haushalten.
Ursachen und Folgen von Hunger
Der Anstieg von Mangelernährung und Ernährungsunsicherheit hat verschiedene Ursachen. Dazu gehören laut dem FAO-Bericht und
Hunger hat nicht nur Auswirkungen auf den einzelnen Menschen und seine Gesundheit, sondern auch auf die gesamte Gesellschaft. So kann Mangelernährung negative politische, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen haben. So erschwert Hunger es, sich potenziell aus
Definition von Hunger und Fehlernährung
Hunger ist ein komplexes Problem und hat unterschiedliche Ausprägungen: Unterernährung beschreibt die Aufnahme von zu wenig Kalorien, um das Minimum an Nahrungsenergie zu liefern, die jede Person abhängig von Alter, Geschlecht, Größe oder körperlicher Aktivität für ein gesundes und wertschöpfendes Leben braucht. Es wird zwischen akuter, also zeitlich begrenzter, und chronischer, also dauerhafter, Unterernährung unterschieden. Mangelernährung umfasst neben der geringen Kalorienaufnahme auch einen Mangel an wichtigen Nährstoffen wie Vitamine und Mineralstoffe.
Abzugrenzen ist der Begriff der Fehlernährung. Dieser ist weiter gefasst und bezeichnet entweder eine im Vergleich zum Bedarf zu hohe oder zu niedrige Aufnahme von Kilokalorien. Diese kann entweder Übergewicht oder im Fall von zu wenig Nahrungsaufnahme Unterernährung zur Folge haben. Inzwischen sind mehr erwachsene Menschen auf der Welt über- als untergewichtig – mit Ausnahme von Teilen Afrikas südlich der Sahara und Asien. Der kontinuierliche Kalorienüberschuss bei gleichzeitigem Nährstoffmangel wird als „doppelte Last der Fehlernährung“ bezeichnet. Das Risiko für Adipositas steigt mit erhöhter Aufnahme energiereicher Lebensmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt, bei einer zunehmenden körperlichen Inaktivität. Letzteres steht in Verbindung mit einem Wandel hin zu sitzenden Arbeitsformen, veränderten Transportmitteln und zunehmender Urbanisierung.
Der Welthunger-Index (WHI)
Die globale Hungersituation wird auch im Externer Link: Welthunger-Index (WHI) erfasst. Ein
Der Welthunger-Index setzt sich aus vier unterschiedlich gewichteten Indikatoren zusammen, die den Herausgebern zufolge sowohl Kalorienmangel als auch unzureichende Nährstoffversorgung erfassen. Expertinnen und Experten ermitteln für jeden Staat auf der Grundlage der neuesten veröffentlichten Daten aus Quellen der Vereinten Nationen oder Nichtregierungsorganisationen – wie dem oben genannten FAO-Bericht, oder auch dem Global Nutrition Report – die Werte der vier Indikatoren.
Die Indikatoren Unterernährung und Kindersterblichkeit sind stärker gewichtet und machen jeweils ein Drittel des gesamten WHI-Wertes aus. Wachstumsverzögerung und Auszehrung bei Kindern werden jeweils mit einem Sechstel gewichtet. Unterernährung umfasst den Anteil der Menschen an der Gesamtbevölkerung, deren Kalorienbedarf nicht gedeckt ist und beschreibt damit den Zugang der Bevölkerung zu Nahrungsmitteln. Kindersterblichkeit erfasst den Anteil der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben. Die Kategorie Wachstumsverzögerung richtet sich ausschließlich nach der Größe von Kindern unter fünf Jahren. Unter Auszehrung bei Kindern wird der Anteil von Mädchen und Jungen unter fünf Jahren mit einem zu niedrigen Gewicht in Bezug auf ihre jeweilige Größe registriert. Die Indikatoren für Kinder nutzt der Index, um „den Ernährungszustand einer besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe wider[zu]spiegeln, für die ein Mangel an Nahrungsenergie, Proteinen und/ oder Mikronährstoffen […] das Risiko einer Erkrankung, einer unzureichenden physischen und kognitiven Entwicklung oder eines frühen Todes enorm erhöht.“
Die Werte im Welthunger-Index fallen teils unterschiedlich zur FAO-Analyse aus. Doch lassen sich hier ähnliche Trends feststellen: Über 730 Millionen Menschen sind demnach von Hunger betroffen und die südlich der Sahara gelegenen afrikanischen Staaten verzeichnen weltweit die höchsten Hungerraten. Den WHI-Daten zufolge sank der Anteil der Hungernden seit dem Jahr 2000; einen Anstieg, wie die FAO-Daten beschreiben, wird hier nicht erfasst. Die Fortschritte bei der Verminderung seien aber in den vergangenen Jahren fast vollständig stagniert. Der globale WHI-Wert lag 2023 bei 18,3, was als „mäßig“ gilt. Bei WHI-Werten über 20 gilt die Situation als „ernst“. 43 Staaten verzeichneten 2023 laut WHI ein „sehr ernstes“ oder „ernstes" Hungerniveau. Der Welthunger-Index begründet die Stagnation mit Auswirkungen mehrerer, teils sich gegenseitig verstärkenden Krisen, etwa der Corona-Pandemie, der
Gerhard Bäcker und Ernst Kistler: Der Welthunger-Index